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Taten statt Worte: Fairness in der globalen Wertschöpfung

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Corporate Social Responsibility gehört bei Unternehmen schon seit Jahren zum guten Ton. Unsere Studie mit Firmendaten aus 19 afrikanischen Ländern zeigt: Die Diskrepanz zwischen Worten und Taten bei CSR Aktivitäten von multinationalen Unternehmen ist groß. Das Missverhältnis zwischen den hohen Ansprüchen von Corporate Social Responsibility (CSR) und ihren Mängeln in der Praxis hat einige Beobachter veranlasst, ihren Nutzen generell in Frage zu stellen. Kritiker behaupten, dass weltweite Lieferketten, insbesondere wenn sie einkommensschwache Länder betreffen, nicht im sozial verantwortlichen Rahmen funktionieren können. Die damalige britische Premierministerin Theresa May hatte auf dem Davos Gipfel 2017 die Notwendigkeit betont, dass sich internationale Unternehmen gegenüber den

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Holger Görg, Aoife Hanley considers the following as important:

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Corporate Social Responsibility gehört bei Unternehmen schon seit Jahren zum guten Ton. Unsere Studie mit Firmendaten aus 19 afrikanischen Ländern zeigt: Die Diskrepanz zwischen Worten und Taten bei CSR Aktivitäten von multinationalen Unternehmen ist groß.

Das Missverhältnis zwischen den hohen Ansprüchen von Corporate Social Responsibility (CSR) und ihren Mängeln in der Praxis hat einige Beobachter veranlasst, ihren Nutzen generell in Frage zu stellen. Kritiker behaupten, dass weltweite Lieferketten, insbesondere wenn sie einkommensschwache Länder betreffen, nicht im sozial verantwortlichen Rahmen funktionieren können. Die damalige britische Premierministerin Theresa May hatte auf dem Davos Gipfel 2017 die Notwendigkeit betont, dass sich internationale Unternehmen gegenüber den Gemeinschaften und Nationen, in denen sie tätig sind, verantwortungsvoller verhalten müssen. Ähnlich hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel im Frühjahr 2019 in einer Rede bei der ILO in Genf geäußert.

Corporate Social Responsibility – nur eine Worthülse?

Unternehmen signalisieren oft ihre Verantwortung gegenüber der Umwelt, indem sie sich mit dem Label Corporate Social Responsibility (CSR) schmücken. Aber ist dieses Label vielleicht nur eine Worthülse ohne echte Inhalte? Sorgen multinationale Unternehmen wirklich dafür, dass ihre Zulieferfirmen sich an Arbeits- und Umweltauflagen halten und bestrafen sie entsprechende Verstöße?

Die Antwort auf diese Fragen scheint nein zu lauten. In einer Studie (Lund-Thomsen und Lindgreen,2014) dazu heißt es: “(...) we find limited evidence that international buyers systematically cut ties with factories in response to their low social or environmental compliance levels.”[ 1 ] Es ist jedoch schwierig, eine definitive Antwort auf die Frage zu finden, ob CSR in der globalen Wertschöpfung eine Rolle spielen würde. Das liegt unter anderem auch daran, dass dieses Phänomen bisher deutlich zu wenig erforscht ist.

CSR kann den lokalen Lieferanten in extremen Fällen sogar Schaden zufügen, wenn multinationale Konzerne ihren Zulieferern einfach ihre Bedingungen von sozialer Verantwortung aufzwingen, ohne diese Bedingungen mit ihren Partnerunternehmen abzustimmen. Ein Beispiel, um dies zu verdeutlichen: Multinationale Unternehmen, die darauf bestehen, dass ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf unbefristete Arbeitsverträge eingestellt werden, sorgen damit möglicherweise für weniger Arbeitsplätze in Entwicklungsländern. Lieferanten, die mit Nachfragespitzen und -einbrüchen konfrontiert sind (z.B. Spielwarenfirmen, die zu Weihnachten deutlich mehr produzieren als im Rest des Jahres), sind nicht mehr in der Lage, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für einen saisonalen Arbeitsablauf einzusetzen und gleichzeitig profitabel zu bleiben. Politikerinnen und Ökonomen fordern deshalb, dass multinationale Unternehmen die Last der CSR tatsächlich gleichberechtigt mit ihren Zulieferfirmen teilen sollen.

Wissenstransfer als glaubwürdige Corporate Responsibility

Um das Problem der CSR in Verbindung mit der globalen Wertschöpfung näher zu betrachten, verwenden wir in einer aktuellen Studie (Görg, Hanley, Seric, 2018) Daten, die in Unternehmen erhoben und im Rahmen des UNIDO Africa Investor Survey 2010 in 19 afrikanischen Ländern südlich der Sahara gesammelt wurden. Die Befragung von ausländischen Investoren beinhaltet umfassende Informationen aus einer großen Stichprobe von Unternehmen im ausländischen Besitz. Managerinnen und Manager aus dem Top-Management von ausländischen und afrikanischen Unternehmen wurden hierfür persönlich befragt. Insgesamt nahmen 2.113 ausländische Unternehmen an der Umfrage teil.

Basierend auf unseren Daten, definieren wir zwei Variablen: Die erste Variable, CSR-Word, ist eine Dummy-Variable, die mit 1 gleichgesetzt wird, wenn das multinationale Unternehmen seine primären Kriterien für die Auswahl seiner Lieferanten wie folgt festlegt: (1) „unternehmerisches Engagement für die Entwicklung von lokalen Lieferantenbeziehungen in der Region” oder (2) „Umweltbewusstsein”. Die Variable CSR-Wordist dabei eine rein verbale Verpflichtung der Unternehmen.

Die zweite Variable, CSR-Deed, wird auf 1 gesetzt, wenn der multinationale Konzern eine eigene Abteilung für die Entwicklung lokaler Lieferantenbeziehungen eingerichtet hat. Die Variable CSR-Deed ist mehr als ein rein verbales Bekenntnis sich auch um den afrikanischen Lieferanten zu kümmern. Es ist quasi ein physischer Beweis dafür, dass multinationale Unternehmen aktiv in die Unternehmenspolitik ihrer lokalen Lieferanten involviert sind.

Ein Teilziel unserer Analyse besteht darin, festzustellen, ob die Anwendung von CSR eine Rolle spielt, wenn wir den Wissenstransfer von den multinationalen Unternehmen zu afrikanischen Zuliefererunternehmen betrachten. Wenn CSR-orientierte, multinationale Unternehmen sich tatsächlich um ihre lokalen Lieferanten kümmern, versuchen sie voraussichtlich auch die dortigen Arbeitsbedingungen und die Produktionsauslastung zu verbessern. Um dieses Ziel zu erreichen, wird wahrscheinlich Wissenstransfers stattfinden. Dies schätzen wir mithilfe einer Gleichung.

Höhere Transparenz notwendig

Unsere Ergebnisse zeigen, dass CSR-Deed positiv mit dem Wissenstransfer verbunden ist. Ein solcher Effekt lässt sich für CSR-Word hingegen nicht finden. Die statistische Bedeutung von CSR-Deed (und nicht von CSR-Word) hebt hervor, wie wichtig ein aktives Engagement von multinationalen Firmen tatsächlich ist. Damit die Bedingungen für Zulieferer durch CSR wirklich verbessert werden können, müssen multinationale Unternehmen bereit sein, vor Ort ehrliches Engagement zu zeigen und CSR nicht nur auf die Pflege der Beziehungen gegenüber den Lieferanten zu beschränken. Auf Worte müssen echte Taten folgen.

Die Ergebnisse haben auch Auswirkungen auf Verbraucherinnen und Verbraucher sowie die Politik: Ein reines CSR-Label reicht möglicherweise nicht aus, um festzustellen, wie sehr sich ein Unternehmen wirklich um lokale Lieferanten bemüht. Weitere Informationen und eine höhere Transparenz sind gefordert.

Görg, H., A. Hanley, A. Seric, 2018, Corporate Social Responsibility in Global Supply Chains: Deeds Not Words, Sustainability, 10(10), 3675.

Lund-Thomsen, P., A. Lindgreen, 2014, Corporate social responsibility in global value chains: Where are we now, and where are we going? Journal of Business Ethics, 123, 11-22.


©KOF ETH Zürich, 11. Okt. 2019

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