Statt falsche Hoffnungen in die globale Koordination zum Klimaschutz zu setzen sollten Klimaprobleme auf regionaler und nationaler Ebene angegangen werden. Der Klimawandel verursacht riesige Kosten. Alleine für die USA um 2100 schätzte sie kürzlich ein offizieller Bericht auf mehrere 100 Milliarden Dollar jährlich. Solche Zahlen prägen die Politik und machen Angst. Die Emissionen steigen aber trotzdem weiter. Was also tun? Viele hoffen, die zunehmende Fühlbarkeit und das wachsende Wissen über den Klimawandel machten wirksame globale Massnahmen möglich. Doch aus ökonomischer Sicht gilt eher das Gegenteil. Internationalistischer Irrlauf Klimafühlbarkeit und -wissen lösen die Grundprobleme der Klimapolitik nicht. Weiterhin sind Emissionsreduktionen für die Emittenten teuer, ihre
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Statt falsche Hoffnungen in die globale Koordination zum Klimaschutz zu setzen sollten Klimaprobleme auf regionaler und nationaler Ebene angegangen werden.
Der Klimawandel verursacht riesige Kosten. Alleine für die USA um 2100 schätzte sie kürzlich ein offizieller Bericht auf mehrere 100 Milliarden Dollar jährlich. Solche Zahlen prägen die Politik und machen Angst. Die Emissionen steigen aber trotzdem weiter. Was also tun?
Viele hoffen, die zunehmende Fühlbarkeit und das wachsende Wissen über den Klimawandel machten wirksame globale Massnahmen möglich. Doch aus ökonomischer Sicht gilt eher das Gegenteil.
Internationalistischer Irrlauf
Klimafühlbarkeit und -wissen lösen die Grundprobleme der Klimapolitik nicht. Weiterhin sind Emissionsreduktionen für die Emittenten teuer, ihre Nutzen hingegen verteilen sich auf die ganze Welt. Weiterhin fallen die Kosten von Klimaschutz in der Gegenwart, sein Nutzen aber wegen der Trägheit des Klimas erst in Jahrzehnten an. Und weiterhin herrschen vielerorts Regierungen, die sich kaum um das Wohl ihrer Bürgerinnen und Bürger kümmern. Zu erwarten, diese wollten das globale Klimaproblem lösen, ist naiv. Folglich werden auch in Zukunft viele Länder zum Trittbrettfahren tendieren.
Zugleich schwächen zunehmende Klimafühlbarkeit und -wissen den Klimaschutz durch mehrere Mechanismen:
Es wird immer klarer, wie ungleich Länder und Regionen unter dem Klimawandel leiden und manche davon sogar profitieren. Dadurch sinkt die Bereitschaft für internationale Kooperation.
Je konkreter Politikerinnen und Bürger über Klimaschutz nachdenken, desto eher vergleichen sie dessen Nutzen und Kosten mit anderen gesellschaftlichen Problemen. Dann wirken selbst Schäden von hunderten Milliarden Dollar klein. Das Bruttoinlandprodukt der USA beträgt heute rund 19‘000 Milliarden Dollar und wird sich bei normalem Wachstum bis 2100 weit mehr als verdoppeln. Damit wären selbst Klimaschäden von ein oder gar zwei Billionen Dollar noch im unteren einstelligen Prozentbereich. Ähnliches gilt für die Schweiz. Die bisher umfassendste Studie stammt von einer Forschergruppe der ETH Lausanne im Auftrag des Bundes. Aufgrund dieser 2017 publizierten Arbeit schätzt der Studienleiter Professor Philippe Thalmann die Gesamtkosten eines ungebremsten Klimawandels im Jahr 2060 in verschiedenen öffentlichen Stellungnahmen auf bis zu 10 Milliarden Franken (zu heutigen Werten). Damit entsprechen sie aber „nur“ bis zu 1,5 Prozent des heutigen Bruttoinlandprodukts. Da das Schweizer Prokopfeinkommen bis 2060 um über 40 Prozent wachsen dürfte, kostet der ungebremste Treibhauseffekt einen Fünfundzwanzigstel des normalen Wohlstandszuwachses.
Selbst starker Klimawandel bringt nicht automatisch Klimaschutz. Die internationale Politik will den Anstieg der Temperatur verglichen zur vorindustriellen Zeit um 1850 auf deutlich unter 2 Grad begrenzen. Doch seit 1850 wurde es in der Schweiz schon jetzt um rund 1,8 Grad wärmer. Trotzdem halten nur wenige den Klimawandel im Vergleich mit den anderen Entwicklungen seit 1850 für sehr wichtig und wünschen sich tiefere Temperaturen zurück.
Während Klimaschutz globale Koordination bedingt, ist die Anpassung an den Klimawandel national, lokal und individuell möglich, was in den erwähnten Schadenschätzungen nicht angemessen berücksichtigt wird. Lokale Baumaßnahmen schützen weitgehend vor Sturmschäden, private Klimaanlagen vor Hitze. Da die Bürger direkt von der Anpassung profitieren, finanzieren sie sie selbst. Das gibt den Firmen Anreize, günstigere Anpassungstechnologien zu entwickeln. Diese wiederum senken die Bereitschaft der Bürger, die Kosten des globalen Klimaschutzes zu tragen.
Gleichwohl versuchen manche Länder, durch teure Subventionen alternativer Energien ihre Nachfrage nach fossilen Energieträgern zu reduzieren. Solange jedoch das globale Angebot an fossilen Energieträgern nicht gleich stark sinkt, fallen deren Preise. Das aber erlaubt anderen Ländern mehr zu konsumieren, was die Einspareffekte weitgehend zunichtemacht.
Klima als Schutzschild und Schwert
Die globale Klimapolitik wird folglich den Klimawandel kaum stark eingrenzen. Trotzdem wird weiterhin gegen den Klimawandel angeredet werden. Denn er eignet sich nur zu gut als Sündenbock. Viele Politiker machen lieber ihn als verfehlte Bauvorschriften für Schäden verantwortlich und sehen im Klimaschutz eine willkommene Begründung für Steuererhöhungen.
Nun mag eingewendet werden, die internationale Klimapolitik sei nicht erfolglos; immerhin gäbe es Verträge wie Kyoto oder Paris und selbst China beteilige sich nun. Doch Länder wie China machen nicht wegen dem Weltklima mit, sondern weil die Auflagen kompatibel mit ihrer nationalen Politik sind. China will den teuren Import von Öl senken und muss auf Elektroautos, etc. übergehen, wenn seine Städte nicht völlig im Abgas versinken sollen. China vermarktet seine nationale Politik einfach gut. Ähnlich vermarktete Deutschland seine Emissionsrückgänge in den 90er Jahren, die stark auf die Abschaltung maroder Anlagen aus Ostblockzeiten zurückgehen.
Weg zum Erfolg
Der Klimaschutz verdient Besseres als ein globales Politikversagen. Eine Alternative beruht auf dem Argument, es zählten nicht die Klimaschäden und deren Reduktion, sondern dass das Klima möglichst konstant bliebe. Für diesen Weg müssten die Präfenzen bzw. die Zahlungsbereitschaft der Bürgerinnen für die Bewahrung des heutigen Klimas systematisch erfasst werden, so wie es schon in anderen Bereichen üblich ist, etwa bei der Bewertung des Schutzes von Naturschönheiten oder Kulturgütern. Das Ergebnis ist jedoch ungewiss. Vielleicht übersteigt die Zahlungsbereitschaft der Bürger für die Bewahrung des heutigen Klimas die drohenden Schäden. Vielleicht ist sie aber auch klein, oder es gibt in kälteren Weltgegenden sogar eine Zahlungsbereitschaft für höhere Temperaturen.
Der Königsweg ist deshalb folgender: Der grosse Teil der Umweltprobleme sind nicht globaler, sondern regionaler und lokaler Natur. Besonders wichtig sind Schadstoffbelastung, Lärm und Unfälle durch den Verkehr. Die Schätzungen für die externen Kosten des Privatverkehrs belaufen sich für die USA genauso wie die EU jeweils auf mehrere hundert Milliarden Dollar und Euro jährlich, und für die Schweiz gemäss umfassender Studien im Auftrag des Bundes – ohne Klimaschäden – je nach Schätzansatz auf 6 bis 9 Milliarden Franken, wobei der öffentliche Verkehr weitere Schäden verursacht. Die lokalen externen Kosten alleine des Verkehrs sind damit den gesamten in der Schweiz verursachten Klimaschäden erstaunlich ähnlich. Im Unterschied dazu bestehen sie aber bereits heute und nicht erst um 2060 oder 2100 und sind nicht leicht durch Anpassungsmassnahmen reduzierbar. Wir sollten deshalb nicht Scheingefechte gegen globale Klimaprobleme führen, sondern uns auf nationale und lokale Umweltprobleme konzentrieren. Dabei sollten wir nicht wie bisher auf Regulierungen und Subventionen setzen, sondern auf Kostenwahrheit: Die wahren Verursacher von Schäden sollten mit Hilfe von Lenkungsabgaben voll für die von ihnen verursachten Kosten bezahlen, was einen schnellen und starken Rückgang der anvisierten Schäden brächte. Bei voller Kostenwahrheit erübrigen sich dann auch die Subventionen für „sauberere“ Alternativen wie etwa die massiven Zahlungen für den öffentlichen Verkehr.
Die Konzentration auf lokale Probleme hat weitreichende Vorteile. Erstens fallen im Unterschied zur Klimapolitik nicht nur die Kosten, sondern auch die Nutzen im Inland an, und die Politik kann von jedem Land alleine eingeführt werden.
Zweitens bringt eine nationale Umweltpolitik mit voller Kostenwahrheit und Verursacherprinzip dem Staat grosse Einnahmen. Diese gehören den Bürgern und müssen für Steuersenkungen sowie für den sozialen Ausgleich eingesetzt werden, wodurch eine derartige Politik mehrheitsfähig wird.
Drittens stärkt eine auf Kostenwahrheit basierende Umwelt- und Verkehrspolitik die lokale und nationale Wettbewerbsfähigkeit, was Druck auf andere Staaten und Regionen bringt, ebenfalls eine klügere Umweltpolitik zu betreiben. Lösen viele Länder ihre nationalen Probleme, wird ihr Beitrag zum weltweiten Klimaschutz gewichtig. Der beste Klimaschutz ist deshalb gute lokale Umweltpolitik.
Dieser Beitrag ist ebenfalls in der NZZ[ a ] erschienen.
©KOF ETH Zürich, 27. Sep. 2019