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Von der Irrlehre des Sozialchristentums

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Vor rund einem Monat liess Franziska Driessen, die neue Präsidentin des Synodalrats der römisch-katholischen Kirche des Kantons Zürich verlauten, ein guter Christ könne nicht SVP wählen. So würde er nämlich den wichtigsten christlichen Wert, die Nächstenliebe, nicht beachten. Geht man der Frage nach der Nächstenliebe im politischen Kontext vertiefter nach, fällt der Vorwurf allerdings auf den Absender zurück. Ein Kommentar. Geschichtlich betrachtet ist die weltliche Rechtswissenschaft unbestrittenermassen aus der Theologie entstanden. Beschäftigen Theologen sich über weite Strecken mit der Auslegung von göttlichem Recht (Bibel), tun Juristen dies mit weltlichen Gesetzestexten (ZGB/OR etc). Die Herangehensweise an einen Normtext ist bei beiden recht ähnlich. Dabei kennen wir Juristen den

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Vor rund einem Monat liess Franziska Driessen, die neue Präsidentin des Synodalrats der römisch-katholischen Kirche des Kantons Zürich verlauten, ein guter Christ könne nicht SVP wählen. So würde er nämlich den wichtigsten christlichen Wert, die Nächstenliebe, nicht beachten. Geht man der Frage nach der Nächstenliebe im politischen Kontext vertiefter nach, fällt der Vorwurf allerdings auf den Absender zurück. Ein Kommentar.

Geschichtlich betrachtet ist die weltliche Rechtswissenschaft unbestrittenermassen aus der Theologie entstanden. Beschäftigen Theologen sich über weite Strecken mit der Auslegung von göttlichem Recht (Bibel), tun Juristen dies mit weltlichen Gesetzestexten (ZGB/OR etc). Die Herangehensweise an einen Normtext ist bei beiden recht ähnlich. Dabei kennen wir Juristen den zentralen Grundsatz „lex specialis derogat legi generali“. Zu Deutsch heisst dies, dass die spezielle/konkrete Norm der allgemeinen/unbestimmten vorgeht. Auf allgemein formulierte Klauseln ist erst zurückzugreifen, wenn man merkt, dass für einen bestimmten Fall eine konkrete Regelung fehlt. Dies fördert letztlich die Genauigkeit der Juristerei und die Rechtssicherheit. Dies zu merken hätte Driessen nicht geschadet.

Das Gebot der Nächstenliebe („liebe deinen Nächsten wie dich selbst“) ist nämlich sehr allgemein gehalten. Damit muss es spezielleren „Regelungen“ weichen, denn erst diese definieren, was die Bibel unter „Liebe“ versteht. Heisst es zugleich, dass jemand, der nicht arbeiten wolle, auch nicht essen solle (2. Thess. 3,10), ist damit klar, dass es nicht Aufgabe christlicher Nächstenliebe sein kann, jedermann vor dem Verhungern zu retten. Im Gegenteil: Es ist Auftrag der Liebe, der Wahrheit und Gerechtigkeit zuliebe einem Selbstverschulden Rechnung zu tragen. Damit ergibt sich bereits, dass es schlicht pervers ist, unter dem Deckmantel der christlichen Nächstenliebe ein staatlich garantiertes Existenzminimum nach Giesskannenprinzip zu propagieren. Daraus folgt, dass soziale Wohlfahrt in der heutigen Form, wonach auch bei Selbstverschulden staatliche Nothilfe faktisch zum Menschenrecht erklärt wird, grundsätzlich nicht Staatsaufgabe sein kann. Das Mitfinanzieren bewusst unverantwortlich handelnder Menschen dürfte denn auch regelmässig gegen die eigene Gewissensfreiheit verstossen. Es mag sein, dass diese Ansicht für manche Leute in der heutigen Zeit schief klingen mag. Dem ist aber zu entgegnen, dass der moderne Sozialstaat erst seit ca. 1870 existiert. Unselige Dinge wie AHV und Krankenkassenobligatorium kamen erst später hinzu. Es lässt sich aber kaum behaupten, dass die Erde bis dahin ein absolut trostloser Platz gewesen wäre. Dies ist auch logisch: Ohne staatliches Auffangnetz sprangen Private im direkten Umfeld bei unverschuldeter Not ein. Bei Weitem nicht nur christlich motivierte Einzelfiguren à la Mutter Teresa, sondern der Einzelne allgemein. Dies mitunter im Wissen darum, dass auch er selbst dereinst bedürftig sein und eigener Egoismus damit später einmal zum Bumerang werden könnte. Ohne staatliches Sozialnetz genoss auch die Tugend des Sparens höhere Priorität.

Ist es vor diesem Hintergrund wirklich unchristlich und wider jede Nächstenliebe, politisch für „weniger Staat“ zu kämpfen, wie die SVP dies tut? Das Gegenteil dürfte der Fall sein. Das wichtigste Geschenk Gottes (neben dem täglichen Leben) an uns alle ist der freie Wille. Mit diesem können wir erkennen, dass kein Mensch perfekt ist und ohne Vergebung (wirksam durch die Kreuzigung und Auferstehung Jesu) vor Gott bestehen kann (Röm. 3,23). Und damit die frohe Botschaft nicht mehr als blosses Märchen sehen und zu glauben beginnen. Ebenso können wir erkennen, dass wir diese Vergebung nicht einfach konstant und pharisäerhaft missbrauchen dürfen, sondern sich unser Glaube auch (zumindest mehrheitlich) in unseren Handlungen widerspiegeln soll, ansonsten dies in Ewigkeit gefährlich enden könnte (Matth. 7, 21 ff.). Wir können diese Ideen aber auch verwerfen. In beiden Fällen müssen wir die Folgen unseres Entscheids eigenverantwortlich tragen. Wieso dies in den ewigkeitsbezogenen Kernfragen des christlichen Glaubens für viele Kirchenvertreter zwar gelten soll, man den freien Bürger auf weltlicher Ebene im Namen der Nächstenliebe aber zunehmend staatlich bevormunden möchte, bleibt deren Geheimnis. Womöglich liegt es auch an der fehlenden Ernsthaftigkeit deren eigenen Überzeugungen. Denn wenn man (wie z.B. die EVP) ganz im weltlichen Gesundheitstrend für höhere Alkohol- und Tabaksteuern einsteht, bei weniger populären Fragen wie Abtreibung sich jedoch in Zurückhaltung übt, wirft dies einige Fragezeichen auf. Dies erst recht, da Jesu erstes Wunder die Verwandlung von Wasser in Wein war (Joh. 2, 9-12) und sich eine pauschale Genussfeindlichkeit ohnehin kaum christlich begründen liesse – im Gegenteil will Gott Lebensfreude.

Abschliessend eine persönliche Bemerkung: Der Schreibende ist dezidiert der Meinung, dass Glaube und Wissenschaft sich keineswegs ausschliessen. Ein Grossteil biblischer „Grundwahrheiten“ lässt sich durch blosse Beobachtung des Tagesgeschehens und einen aufgeweckt-kritischen Geist erkennen. Dies dürfte auch ein Grund dafür sein, warum der katholische Spiegel- und Weltwoche-Journalist Matthias Matussek in seinem provokativen Buch „Das katholische Abenteuer“ mit Nachdruck dafür plädiert, dass „seine“ Kirche ihre Sperrigkeit behalten und sich nicht unnötig dem Zeitgeist anpassen solle. Billige Angebote, welche uns das Denken abnehmen wollen, gibt es in der säkularen Welt de facto genug. Christlichen Kirchen täte es ergo gut, weder theologische noch politische Bevormundung zu üben. Dass nach bestem Wissen und Gewissen gläubige Christen (bei Weitem nicht nur der Schreibende) oft keine regelmässigen Kirchgänger (mehr?) sind, dürfte nämlich mehr am Bodenpersonal liegen als an Gott.

Autorangaben

Artur Terekhov ist Student der Rechtswissenschaften, selbstständiger Rechts- und Steuerdienstleister ausserhalb des anwaltlichen Monopolbereichs sowie parteiloses Mitglied des NoBillag-Initiativkomitees. Er wohnt in Oberengstringen.

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