Summary:
Die Sehnsucht nach „Normalisierung“ der Geldpolitik ist tief. Das ist der Eindruck, den man gewinnt, wenn man die Wirtschaftsnachrichten konsultiert. Alle beklagen irgendwie niedrige Zinsen. Die finanzielle Situation von Millionen von Menschen sei davon betroffen. Sparer werden enteignet. Und so weiter. Das ist ja alles gut und schön, aber was auffällt ist, dass Ursachen und Auswirkungen ...
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Die Sehnsucht nach „Normalisierung“ der Geldpolitik ist tief. Das ist der Eindruck, den man gewinnt, wenn man die Wirtschaftsnachrichten konsultiert. Alle beklagen irgendwie niedrige Zinsen. Die finanzielle Situation von Millionen von Menschen sei davon betroffen. Sparer werden enteignet. Und so weiter. Das ist ja alles gut und schön, aber was auffällt ist, dass Ursachen und Auswirkungen ...
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Die Sehnsucht nach „Normalisierung“ der Geldpolitik ist tief. Das ist der Eindruck, den man gewinnt, wenn man die Wirtschaftsnachrichten konsultiert.
Alle beklagen irgendwie niedrige Zinsen. Die finanzielle Situation von Millionen von Menschen sei davon betroffen. Sparer werden enteignet. Und so weiter. Das ist ja alles gut und schön, aber was auffällt ist, dass Ursachen und Auswirkungen dabei oft verwechselt werden.
Die Orthodoxie, d.h. die klassische und neo-klassische Schule, die eine krude „Nachfrage und Angebot“ Sicht vertritt, deutet darauf hin, dass der Zinssatz durch die Nachfrage nach und das Angebot an Ersparnissen (savings) bestimmt wird.
Keynes hingegen sagt, dass der Zinssatz die Ursache, nicht die passive Konsequenz der Wirtschaftsaktivität ist. Das heisst, dass das Niveau von Investitionen, Beschäftigung und Handel durch den Zinssatz ermittelt wird.
Demnach setzt die Nachfrage nach Vermögenswerten (assets), nicht die Ersparnisse, den Zinssatz fest.
Der Zinssatz wird durch die Nachfrage nach und Angebot an Vermögenswerten, insbesondere sicheren Staatsanleihen (z.B. UST, German Bunds, Gilts usw.) bestimmt.
M.a.W. bestimmt die Liquiditätspräferenz den Zinssatz. Und es stecken drei Motive dahinter. (*)
Der Wert der Staatsanleihen, die mit einer Negativ-Rendite gehandelt werden: 12.8 Billionen USD, Graph: BloombergTV, July 18, 2019
Daraus folgt, dass die Zentralbank die nachgefragten Vermögenswerte (assets) bereitstellen soll, um die drei genannten Liquiditätspräferenzen zu erfüllen. Die Investoren können damit ihr Geld so disponieren, dass der Zinssatz sich dementsprechend bildet.
Die Anhänger der neo-klassischen Schule vertreten aber die Ansicht, dass die Zentralbank in Sachen Zinsen für die Realwirtschaft nicht viel unternehmen soll. Warum? Weil sie einzig und allein dem Markt das Vertrauen schenken, das Beste daraus zu machen. Nach dem Motto: Der Markt wird es richten. Die Zentralbank braucht nicht zu intervenieren.
Merke: Wenn wir über den Zinssatz reden, ist es der Satz, der in erster Linie für die Banken und Finanzinstitute gilt, nicht für die Bürger bzw. Sparer. Der gegenwärtige Satz der Hauptrefinanzierungsgeschäfte der EZB von 0% betrifft nur die Banken. Zu dem Satz können Kontoinhaber keine Geschäfte abschliessen.
Es lässt sich schlussfolgern, dass die Gesellschaft in einer „bank-money-economy“ nicht auf diejenigen Entitäten mit Ersparnissen/Überschüssen angewiesen ist, um eine Finanzierung zu bewerkstelligen und/oder Kredit aufzunehmen.
„Niedrig-Rendite-Verein“: Die Renditen der Staatsanleihen in Deutschland, Japan und der Schweiz sind unter null Prozent, Graph: Bloomberg, July 18, 2019
Diejenigen, die viel gespart bzw. Kapital angehäuft haben, sind nicht die einzigen Anbieter von Finanzierungen. Nochmals; Ersparnisse sind nicht notwendig für Investitionen; sie sind die Folge, nicht der Auslöser einer Kreditvergabe. Nicht vergessen: nicht Ersparnisse, sondern Kredite finanzieren Investitionen.
Jetzt muss man sich vorstellen, was heute passiert, wenn die Bundesrepublik Deutschland an Austerität irgendwie weiter festhält, z.B. in Form von „Schuldenbremse“ und/oder „Schwarze Null“-Politik.
Das heisst, dass die deutsche Finanzagentur die Ausgabe von Bundeswertpapieren zurückfährt. Es werden immer weniger Obligationen emittiert. Und das alles geschieht bei einer zunehmenden Nachfrage nach Bundeswertpapieren.
Während die Markt-Teilnehmer dem deutschen Staat Geld nachwerfen, um deutsche Staatsanleihen zu kaufen und zugleich die Bereitschaft unterstreichen, auch negative Renditen zu akzeptieren, kürzt Berlin das Angebot an Bundeswertpapieren.
Was dann passiert ist, klar: Das Rendite-Niveau sinkt (weiter). Während also die Preise der Anleihen aufgrund der starken Nachfrage steigen, fallen die Renditen.
Negative-Leitzinsen bei Riksbank (Schweden), der EZB und der SNB, Graph: Bloomberg, July 17, 2019
Es ist vor diesem Hintergrund abwegig, die „Schuld an Niedrigzinsen“ der Zentralbank, nämlich der EZB in die Schuhe zu schieben. Es ist die Politik, bzw. die Wirtschaftspolitik, die die Verantwortung trägt, weil sie in einem schwer angeschlagenen Umfeld der Wirtschaft am Sparkurs festhält und das Angebot an sicheren, liquiden und erstklassigen Obligationen reduziert.
Fazit: Der Zinssatz ist das wichtigste geldpolitische Instrument für die Wirtschaft. Alle Wirtschaftsaktivitäten hängen von dem Zinssatz ab.
Geld stellt immer und überall einen sozialen und finanziellen Zusammenhang dar. Es ist ein Versprechen zu zahlen; ein Sozialkontrakt, und es sollte daher verwaltet werden. Es geht um Forderungen & Verpflichtungen, Soll und Haben. Bankeinlagen beispielsweise sind die Verbindlichkeit der Bank, aber die Vermögenswerte der Kunden. In der realen Welt ist alles Geld, das du hast, ist die Verbindlichkeit von jemandem anderen.
(*)
Liquiditätspräferenz (die Neigung zur Liquiditätshaltung):
(1) Transaction Motive (Transaktionsmotiv): Menschen bereiten sich darauf vor, schnell ins Bargeld wechseln zu können.
(2) Precautionary Motive (Vorsichtsmotiv): Als sicherer Hafen für Wohlstand (z.B. für die Zeit nach der Pension)-
(3) Der dritte Beweggrund ist Spekulationsmotiv: Geldhaltung als Alternative zur Anlage in Wertpapieren.
PS: Jeder eingesparte Cent ist die Verbindlichkeit eines anderen. In einer monetären Wirtschaft bedarf es keiner Ersparnisse, um etwas zu finanzieren.