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Wie Deutschland wieder zum Gründerparadies wird

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Photo: Florian A. Hartjen Die deutsche Arbeitnehmergesellschaft könnte für Außenstehende paradiesisch wirken. Dabei geht sie in gewisser Hinsicht der menschlichen Disposition zuwider, wie eine Reise in ein echtes Paradies zeigt. Arbeitnehmer in Deutschland haben eine Sonderstellung. Das wird jedem überdeutlich, der dieser Tage versucht, von A nach B zu kommen. Schließlich streiken nach Lokführern nun auch Flughafen-Sicherheitspersonal und Mitarbeiter im Personennahverkehr. Und so schreibe ich diese Kolumne im frühmorgendlichen Sprinter von Berlin nach München, auf dem Weg zum einzigen großen deutschen Flughafen, der heute Abflüge mit Passagieren ermöglicht. Das grundgesetzlich geschützte Streikreicht ist bei weitem nicht das einzige Sonderrecht für Arbeitnehmer. Der

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Photo: Florian A. Hartjen

Die deutsche Arbeitnehmergesellschaft könnte für Außenstehende paradiesisch wirken. Dabei geht sie in gewisser Hinsicht der menschlichen Disposition zuwider, wie eine Reise in ein echtes Paradies zeigt.

Arbeitnehmer in Deutschland haben eine Sonderstellung. Das wird jedem überdeutlich, der dieser Tage versucht, von A nach B zu kommen. Schließlich streiken nach Lokführern nun auch Flughafen-Sicherheitspersonal und Mitarbeiter im Personennahverkehr. Und so schreibe ich diese Kolumne im frühmorgendlichen Sprinter von Berlin nach München, auf dem Weg zum einzigen großen deutschen Flughafen, der heute Abflüge mit Passagieren ermöglicht. Das grundgesetzlich geschützte Streikreicht ist bei weitem nicht das einzige Sonderrecht für Arbeitnehmer. Der sozialversicherungspflichtige Arbeitsplatz ist den Deutschen der Heilige Gral – das wird jedem von Klein auf gepredigt. Deutsche Arbeitnehmer genießen erheblichen Kündigungsschutz, das Recht auf bezahlten Urlaub und Lohnfortzahlung bei Krankheit oder Schwangerschaft. Es gibt einen umfassenden Schutz vor Diskriminierung, das Recht auf betriebliche Mitbestimmung, einen gesetzlich geregelten Arbeitsschutz, Elterngeld und sogar einen Mindestverdienst.

So viel Bequemlichkeit, Unbekümmertheit und Rundumversorgung erscheint geradezu paradiesisch.

Ein Paradies mit beispiellosem Unternehmergeist

Paradiesisch könnte es zum Beispiel für jemanden aus Guatemala erscheinen, dem größten Land Zentralamerikas; einem Ort, der landschaftlich und klimatisch der gängigen Vorstellung des Paradieses sehr nahekommt. Vor kurzem war ich dort zu Besuch und nicht nur von der Schönheit des Landes und der Freundlichkeit der Menschen in den Bann gezogen, sondern insbesondere von deren unbändigem Unternehmergeist. Ich verbrachte einige Tage in einer Kleinstadt etwa vier Autostunden außerhalb der Hauptstadt. Von den 17.000 Einwohnern sind knapp 95 Prozent Teil der indigenen Maya-Bevölkerung. Deren traditionelle Kleidung strahlt prächtig in allen Farben, genau wie das Obst und Gemüse, das für wenige Cent auf den Straßenmärkten feilgeboten wird.

An Markttagen verwandelt sich die gesamte Stadt in einen einzigen großen Handelsplatz. Und auch sonst ist der Ort geprägt von Unternehmergeist. Auf der Hauptstraße reihen sich unzählige kleine „Tiendas“ aneinander, die alle hauptsächlich Softdrinks und Snacks verkaufen, aber stets den Namen des Eigentümers tragen, der stolz auf Kunden wartend auf der Türschwelle steht. Hinzu kommen mobile Essenstände, Garagen, aus denen vor Ort gebackenes Brot verkauft wird, und unzählige rote Tuk Tuks, die ihre Fahrgäste durch die engen Gassen manövrieren. Letztere natürlich stets mit einem Aufkleber auf der Windschutzscheibe, der den Namen des Fahrers verrät.

Adam Smith hatte wohl tatsächlich Recht

Eines der bekanntesten Zitate des schottischen Moralphilosophen Adam Smith lautet, dass Menschen eine angeborene und sie von anderen Lebewesen abgrenzende Neigung zum Handeln haben: „The propensity to truck, barter and exchange one thing for another … is common to all men, and to be found in no other race of animals“. Die Straßen dieser kleinen guatemaltekischen Stadt sind ein besonders beeindruckendes Indiz für Smiths Beobachtung.

Man muss sich natürlich vor Romantisierung hüten: Guatemala ist ein armes Land. Deutsche pro-Kopf-Einkommen sind kaufkraftbereinigt mehr als fünfmal so hoch, und es fehlt vielen Guatemalteken am Zugang zu essenziellen öffentlichen Gütern. Hierzulande hingegen haben Arbeitsteilung und Spezialisierung in den letzten knapp 200 Jahren einen beispiellosen Wohlstand geschaffen. Doch der Unternehmergeist, der dazu führte, ist einer Arbeitnehmerkultur gewichen, die gekennzeichnet ist durch Risikoaversion, Verantwortungsdiffusion und Verlustängste.

Muss das vielleicht so sein? Ist die deutsche Arbeitnehmergesellschaft eine unausweichliche Evolutionsstufe auf der Wohlstandstreppe, die auf Spezialisierung und Arbeitsteilung folgt? Ich glaube nicht. Stattdessen ist die Arbeitnehmergesellschaft Ergebnis politischer Entscheidungen, das unserer Disposition als Menschen eigentlich zuwider geht.

Dass Eigenständigkeit und der unbedingte Drang zum Selbermachen in unserer Natur liegen, können besonders Eltern kleiner Kinder gut nachvollziehen. Als Kinder träumen wir davon, der Welt unseren Stempel aufzudrücken. Wir sind kreativ, suchen das Risiko und experimentieren. Das erzeugt viel Frustration aber auch viel Glück und Stolz. In der Arbeitnehmergesellschaft tauschen wir diesen tief verwurzelten Drang gegen die Sicherheit, die uns der Sozialstaat bietet. Wir arbeiten zum Erwerb – nicht zum Erschaffen. Und von Generation zu Generation wollen wir mehr Sicherheit und weniger Risiko. Getrieben von der Angst, etwas von dem, was wir haben, zu verlieren. Wie der Schweizer Musiker „Faber“ es provokant in einem seiner Songs ausdrückt: „Sicherheit: Schießt dir in den Kopf mit deiner Kleinlichkeit“.

Wieder Stolz aufs Selbermachen

Dabei bräuchte Deutschland genau das, was die Straßenhändler und Ladenbesitzer von Guatemala im Überfluss haben: den Drang sich etwas aufzubauen und den Stolz auf das Selbstgeschaffene. Denn was Reallohn und BIP-Entwicklung angeht, haben uns mittlerweile nicht nur Kanada und die USA, sondern auch Japan und sogar Frankreich abgehängt. Soll sich das ändern, brauchen wir einen neuen Gründergeist anstelle der scheinbaren Sicherheit des unkündbaren und bequemen Arbeitsverhältnisses.

Deshalb sollten wir uns ein kleines bisschen Guatemala auch in Deutschland wünschen. Menschen, die stolz vor ihrer Arbeit stehen und auf Kunden warten. Und Aufkleber an jeder Ecke, die auf diejenigen hinweisen, die sich etwas aufbauen.

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