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Niedrigzinsen, Wohneigentum und Sozialpolitik

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In der Diskussion um bezahlbares Wohnen in Deutschland fokussiert sich die Politik fast ausschließlich auf den Mietwohnungsneubau. Angesichts der anhaltenden Niedrigzinsphase sollte jedoch auch die Wohneigentumsbildung mit berücksichtigt werden, wie dieser Beitrag zeigt. Über den Erwerb von Wohneigentum könnten nicht nur Wohnkosten gesenkt, sondern auch die Altersvorsorge verbessert und der Gentrifizierung entgegengewirkt werden. In der deutschen Politik und auch in der Öffentlichkeit wird vermehrt über bezahlbaren Wohnraum debattiert. Der Fokus liegt dabei vor allem auf der Ausweitung des Mietwohnungsbaus. So plant die Bundesregierung aktuell, die Förderung des sozialen Wohnungsbaus erneut auf nun 2 Milliarden Euro zu verdoppeln. In der Diskussion werden jedoch zwei Aspekte gerne übersehen. Erstens ist Neubau besonders teuer und damit für die preisgünstige Wohnraumversorgung der Haushalte eine besonders ungeeignete Variante und zweitens – und dies steht im Mittelpunkt dieses Beitrags – ist im derzeitigen Umfeld die Wohneigentumsbildung deutlich günstiger als das Wohnen zur Miete. Kaufen günstiger als Mieten Die Preise für Wohneigentum steigen zwar seit 2010 kräftig an, aber letztlich überkompensiert die Zinsentwicklung diesen Preisanstieg.

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In der Diskussion um bezahlbares Wohnen in Deutschland fokussiert sich die Politik fast ausschließlich auf den Mietwohnungsneubau. Angesichts der anhaltenden Niedrigzinsphase sollte jedoch auch die Wohneigentumsbildung mit berücksichtigt werden, wie dieser Beitrag zeigt. Über den Erwerb von Wohneigentum könnten nicht nur Wohnkosten gesenkt, sondern auch die Altersvorsorge verbessert und der Gentrifizierung entgegengewirkt werden.

In der deutschen Politik und auch in der Öffentlichkeit wird vermehrt über bezahlbaren Wohnraum debattiert. Der Fokus liegt dabei vor allem auf der Ausweitung des Mietwohnungsbaus. So plant die Bundesregierung aktuell, die Förderung des sozialen Wohnungsbaus erneut auf nun 2 Milliarden Euro zu verdoppeln. In der Diskussion werden jedoch zwei Aspekte gerne übersehen. Erstens ist Neubau besonders teuer und damit für die preisgünstige Wohnraumversorgung der Haushalte eine besonders ungeeignete Variante und zweitens – und dies steht im Mittelpunkt dieses Beitrags – ist im derzeitigen Umfeld die Wohneigentumsbildung deutlich günstiger als das Wohnen zur Miete.

Kaufen günstiger als Mieten

Die Preise für Wohneigentum steigen zwar seit 2010 kräftig an, aber letztlich überkompensiert die Zinsentwicklung diesen Preisanstieg. Auf Basis des Wohnnutzerkostenkonzepts lässt sich zeigen, dass die laufenden Kosten von Wohneigentümern – unter Berücksichtigung der Zinskosten, der Opportunitätskosten, der laufenden Instandsetzungs- und Abnutzungskosten sowie der Grundstückspreisentwicklung – im Bundesdurchschnitt etwa 30 Prozent unter den Kosten der Mieter liegen. Dies gilt auch für Städte wie Berlin, Hamburg, Köln oder Frankfurt am Main, wie eine aktuelle Studie des IW Köln zeigt. Selbst in Stuttgart und in München liegt der Vorteil noch bei über 20 Prozent. Es ist daher naheliegend, diese Entwicklung auch sozialpolitisch zu nutzen. Schließlich können auch Geringverdiener von diesem Kostenvorteil profitieren, wenn sie eine entsprechende Unterstützung bekämen. In anderen Ländern sind solche Modelle schon häufiger erprobt worden.

Neben dem reinen Kostenvorteil wäre die verstärkte Wohneigentumsbildung auch mit zwei weiteren Vorteilen verbunden. Erstens könnte damit die Vermögensbildung angeregt und folglich auch die Altersvorsorge gestärkt werden. Deutsche Haushalte verfügen im internationalen Vergleich über relativ geringe Vermögen, insbesondere auch aufgrund der geringen Wohneigentumsquote. Da außerdem das Rentenniveau abgesenkt wurde, die Verzinsung bei kapitalgedeckten Systemen wie Lebensversicherungen eher gering ist und die Erwerbsverläufe unstetiger geworden sind, werden viele Haushalte in der Zukunft nur geringe Renten erhalten. Ein bis zum Rentenalter abbezahltes Eigenheim kann dann eine essentielle Ergänzung darstellen. Ein zweites Argument trifft insbesondere für Großstädte zu. Dort sind die Sorgen über Gentrifizierungen, also die Verdrängung schwacher sozialer Schichten aus attraktiven Stadtvierteln, besonders groß. In vielerlei Hinsicht sind die Sorgen über die Gentrifizierung übertrieben, da zunächst eine gewollte Mischung der Einkommensschichten stattfindet, von der gerade auch sozial schwächere Schichten profitieren. Dies zeigen u. a. Studien für die USA. Trotz alledem wird es aber schwieriger, Mieten in begehrten Lagen zu bezahlen, insbesondere für Haushalte, die weniger dynamische Einkommenszuwächse haben. Selbstnutzer entkoppeln sich jedoch von der allgemeinen Marktentwicklung und können de facto nicht mehr verdrängt werden. Die Wohneigentumsbildung ist daher deutlich effizienter und wirksamer als etwa Milieuschutzsatzungen, die aufgrund ihrer restriktiven Ausgestaltung die Gefahr beinhalten, dass nicht mehr ausreichend in die Bestände investiert wird.

Da Wohneigentum aktuell günstiger ist als das Wohnen zur Miete, stellt sich die Frage, warum Haushalte mit geringen Einkommen bislang wenig Wohneigentum erwerben. Die Antwort ist dabei einfach: Es fehlt an dem notwendigen Eigenkapital. Wer eine Immobilie erwirbt, muss rund 20 Prozent Eigenkapital in die Finanzierung mit einbringen. Darüber hinaus fallen in erheblicher Weise Nebenkosten durch die Grunderwerbsteuer, Grundbucheintragung, Notarkosten und ggf. Maklerkosten an, die sich auf über 10 Prozent des Kaufpreises addieren können. Alles in allem braucht ein Haushalt also rund 30 Prozent des Kaufpreises in liquiden Vermögenswerten, um eine Wohnung kaufen zu können. Bei einem Kaufpreis von 150.000 Euro sind dies bereits 45.000 Euro – zu viel für die genannte Zielgruppe.

Staatliche Unterstützung als Option

Es ist daher zu überlegen, ob der Staat Geringverdienern bei der Eigentumsbildung unterstützen kann. In der Vergangenheit wurden die Haushalte vor allem über Zulagen unterstützt, wie etwa die Eigenheimzulage. Die Zahlung einer Zulage ist hilfreich und senkt den Eigenkapitalbedarf der Haushalte. Allerdings ist eine Zulage in nennenswerter Höhe auch mit erheblichen Kosten verbunden und die soziale Treffsicherheit ist nicht unbedingt gegeben. Einen alternativen Weg haben die USA und andere angelsächsischen Staaten gewählt, indem die Kreditstandards gesenkt wurden. Gerade in den USA konnten Haushalte mit geringem Einkommen auch Darlehen mit Beleihungsausläufen von 100 Prozent erhalten, so dass auch ohne angespartes Kapital Eigentum erworben werden konnte. Außerdem wurde die anfängliche Zinsbelastung durch die Wahl variabler Darlehen reduziert. Dies war unter anderem über die Refinanzierung der lokalen Banken durch die halbstaatlichen Banken Fannie Mae und Freddie Mac möglich. Diese Strategie endete jedoch letztlich in der Überschuldung zahlreicher Haushalte, da die Zinserhöhungen Mitte der 2000er Jahre zu einer Überforderung zahlreicher Haushalte führte, was bekannterweise der Ausgangspunkt für die globale Finanzkrise ab 2007 war.

Gefragt ist damit eine Förderungspolitik, die sowohl eine finanzielle Belastung für den Steuerzahler als auch den Kreditnehmer begrenzt. Ein solches Modell könnte über staatlich garantierte Nachrangdarlehen ermöglicht werden. Gewährt der Staat in einem definierten Einkommensbereich garantierte Darlehen, könnten die Haushalte die Darlehen als Eigenkapitalersatz in die Finanzierung einbringen. Aufgrund der derzeit niedrigen Zinsen könnten die Haushalte trotz einer insgesamt hohen Fremdkapitalquote damit ihre Wohnkosten im Vergleich zur Miete reduzieren. Damit nun das Risiko des Zahlungsausfalls bzw. der Überschuldung reduziert wird, müsste auf hohe Tilgungssätze und lange Zinsbindungen gedrängt werden. Lange Zinsbindungen von 10 Jahren und mehr sind ohnehin in Deutschland üblich und anfängliche Tilgungssätze von 3 Prozent sind aktuell ebenfalls weit verbreitet. Der Staat könnte zur Unterstützung der Tilgung auch das sozialpolitische Instrumentarium verwenden. So könnten einerseits Mittel aus der sozialen Wohnraumförderung für die Tilgung der Kredite eingesetzt werden und andererseits könnte das Wohngeld in die Finanzierung eingebracht werden. Wird das Einkommen wie beim Wohngeld regelmäßig geprüft, könnte auch sichergestellt werden, dass tatsächlich nur Haushalte, die bedürftig sind, von der Förderung profitieren. Sinnvoll wäre es aber in jedem Fall, Anreize für eine schnelle Rückführung der Kredite zu setzen. Ähnlich wie beim BAföG könnten etwa schnelle Tilgungen mit Nachlässen bei der Gesamtschuld honoriert werden. Auf diese Weise hätten die Haushalte einen besonderen Anreiz, viel zu sparen.

Dieses Programm ist aufgrund der staatlichen Bonität nur mit sehr geringen Zinskosten verbunden und auch die Tilgungsnachlässe sind steuerbar. Natürlich werden die Gesamtkosten auch von der Zahl der Haushalte abhängen, die von den Nachrangdarlehen profitieren sollen. Zumindest sollte das Programm alle Haushalte umfassen, die einen Wohnberechtigungsschein erwerben können. Dies sind in vielen Städten rund 20 bis 25 Prozent der Mieter. Denkbar ist aber auch eine Ausweitung der Unterstützung auf weitere Einkommensklassen, wobei über die Höhe des Nachrangdarlehens und die Tilgungsnachlässe auch Skalierungen möglich sind.

Die anhaltende Niedrigzinspolitik stellt eine große Chance dar, die Vermögensbildung von Geringverdienern zu stärken. Werden die Anreize richtig gesetzt, sind die Risiken sowohl für die Haushalte als auch für den Steuerzahler begrenzt.

©KOF ETH Zürich, 26. Jan. 2016

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