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Der deutsche Planungsdschungel: Einmal entrümpeln, bitte

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Photo: Aylin Cobanoglu from Unsplash (CC 0) Das Genehmigungsverfahren der Gigafactory von Tesla im brandenburgischen Grünheide wird gerne als Vorbild für die zügige Arbeit der deutschen Behörden genannt: Nur zwei Jahre nach Baubeginn rollen dort schon die Fließbänder. Im Angesicht der vierzehn Jahren Bauzeit des Flughafens Berlin Brandenburg mutet dieser Prozess an wie Lichtgeschwindigkeit. Doch der Schein trügt, denn ganz so einfach war das alles nicht: Allein der Genehmigungsbescheid des Landes Brandenburgs für die Gigafactory füllt sage und schreibe 66 Aktenordner oder – um bei Kraftfahrtzeugen zu bleiben – einen Kleinlastwagen. Braucht es also zwangsläufig die Durchschlagskraft eines US-amerikanischer Großkonzerns und den öffentlichen Druck von Elon Musk, um sich mit

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Photo: Aylin Cobanoglu from Unsplash (CC 0)

Das Genehmigungsverfahren der Gigafactory von Tesla im brandenburgischen Grünheide wird gerne als Vorbild für die zügige Arbeit der deutschen Behörden genannt: Nur zwei Jahre nach Baubeginn rollen dort schon die Fließbänder. Im Angesicht der vierzehn Jahren Bauzeit des Flughafens Berlin Brandenburg mutet dieser Prozess an wie Lichtgeschwindigkeit. Doch der Schein trügt, denn ganz so einfach war das alles nicht: Allein der Genehmigungsbescheid des Landes Brandenburgs für die Gigafactory füllt sage und schreibe 66 Aktenordner oder – um bei Kraftfahrtzeugen zu bleiben – einen Kleinlastwagen.

Braucht es also zwangsläufig die Durchschlagskraft eines US-amerikanischer Großkonzerns und den öffentlichen Druck von Elon Musk, um sich mit Lichtgeschwindigkeit durch den deutschen Behördendschungel zu arbeiten?

Ein genauerer Blick offenbart die Weite des bürokratischen Elends. Im Zuge des Genehmigungsverfahren mussten Einwände von mehr als 800 Personen und Organisationen geprüft werden. Der Genehmigungsbescheid umfasste schlussendlich 536 Seiten, die mit mehr als 23 700 Seiten Anlagen garniert wurden. Außerdem musste Tesla noch mehr als 400 Auflagen der Landesbehörden vor Betriebsbeginn erfüllen.

Tesla hat es erfolgreich durch die dahinterstehenden Prozesse geschafft. Gleichzeitig kann es jedoch nur bedingt als Vorbild gelten. Ein Grund für das Rekordtempo ist nämlich, dass der US-Autobauer die finanziellen und humanen Ressourcen hat, um derartige Verfahren zu bearbeiten. Eine Armada von Volljuristen und Beratern musste Elon Musk engagieren, um der Flut von Anträgen Herr zu werden.

Wenn man allerdings heute als Unternehmer schon eine juristische Abteilung in Größe einer ganzen Wirtschaftskanzlei braucht, die sich nur mit der Bewältigung der deutschen Bürokratie befasst, muss man sich fragen, inwieweit Investitionen für nicht weniger visionäre aber noch junge Unternehmen am Standort Deutschland überhaupt attraktiv sind: Ein großer Konzern kann Skalenerträge realisieren, wenn er seine ohnehin bestehende Rechtsabteilungen einsetzt oder sie ergänzt. Im Gegensatz dazu verursachen die bürokratischen Hürden für kleinere und mittelständischen Unternehmen massive und in vielen Fällen nicht wirtschaftliche Kosten. Ob sich der Bau einer Produktionsanlage in Deutschland unter diesen Umständen lohnt, ist viel zu oft fragwürdig.

Ein weiterer Grund für die kurze Bauzeit der Gigafactory war eine Mischung aus Chuzpe und Glück: Denn Elon Musk hat bereits vor Erteilung der Genehmigungen den ersten Spatenstich gesetzt und das Projekt vorangetrieben. Im Falle einer Ablehnung hätte der Bauherr die gesamte Fabrik wieder zurück bauen müssen. Ein Elon Musk mag ein solches Risiko in Kauf nehmen – er wird auch aus einer Laune heraus größter Anteilseigner bei Twitter. Es erscheint schwer vorstellbar, dass sich ein deutsches Familienunternehmen auf derartige Abenteuer einlässt und ohne Genehmigungen vorzeitig mit dem Bau beginnt.

Doch warum dauern Genehmigungsverfahren in Deutschland so lange? Zu großen Teilen verantwortlich dafür sind die Planfeststellungsverfahren. Sie umfassen beinahe alle nennenswerten Infrastrukturmaßnahmen von Straßen- und Bahnnetzen bis zu Energieversorgungsleitungen. Sobald ein Projekt Relevanz für die Öffentlichkeit hat, beginnt deren Einbindung: Konkret steht Bürgern genauso wie Verbänden eine mindestens einmonatige Einspruchsfrist zu. Innerhalb dieser Frist können beliebig viele Einwendungen eingereicht werden, die natürlich die ohnehin große Komplexität der Verfahren und die damit verbundene finanzielle Bealstung verstärken. Nachdem die Planungsunterlagen öffentlich ausgelegt wurden, muss jede einzelne Einwendung gegen das Vorhaben bei einem Erörterungstermin angehört werden.

Professionell organisierte Verbände zählen zu den Haupteinwendern. Dabei überrascht es kaum, dass zum Beispiel in Berlin Naturschutzvereinigungen gesondert über bevorstehende Verfahren benachrichtigt werden – obwohl bei jedem Verfahren sowieso eine Umweltverträglichkeitsprüfung gesetzlich verpflichtend ist.

Hinzu kommt, dass selbst eine Erteilung der offiziellen Genehmigungen durch die Landesbehörde keine Garantie für den Beginn des Projekts darstellt. Denn Umwelt- und Naturschutzverbände genießen ein „selbstloses“ Klagerecht. Das heißt, sie dürfen klagen, selbst wenn ihre Belange nicht direkt vom Planfeststellungsbeschloss betroffen sind. Die daraus resultierenden Rechtsstreite durchlaufen häufig über mehrere Jahre alle Instanzen – vom lokalen Verwaltungsgericht bis hin zum Bundesverwaltungsgericht.

Auch Tesla muss dies gerade erfahren: Vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt/Oder wird derzeit noch eine Klage der Grüne Liga und des NABU gegen eine wasserrechtliche Genehmigung verhandelt. Wenn die Kläger Erfolg haben sollten, würde der Versorgungsvertrag der Wasserwerke mit Tesla gekündigt werden müssen. Ein Milliardenprojekt stünde vor dem Aus. Ein Vorgang, der durch den weltweiten Bekanntheitsgrad des Projekts dem Wirtschaftsstandort Deutschland massiven und langfristigen Schaden zufügen würde.

Eine Lösung wäre wie so oft ein umfassender Bürokratieabbau. Die bisherigen politischen Bemühungen greifen zu kurz. Die Ampelkoalition – angetreten mit großen Ambitionen in diesem Bereich – ist derzeit aus guten Gründen mit Themen geopolitische Tragweite beschäftigt. Doch auch die Länder können etwas tun: Statt die Ämter zu zwingen, vornehmlich Personal in den Ämtern aufzustocken, sollten auch sie Planungsverfahren umfassend verschlanken. Denn auch wenn die Ansiedlung Teslas in Brandenburg ein Erfolg ist, muss sie nicht nur für Elon Musk darstellbar sein. Es braucht Planungsverfahren, mit denen auch kleine und mittelständische Unternehmen umgehen können. Andernfalls droht uns ein Szenario, in dem der Standort Deutschland für seinen eigenen Mittelstand, das Rückgrat unseres Wohlstandes, nicht mehr attraktiv ist.

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