Die EU verhandelt seit zwei Jahren mit China über ein umfassendes bilaterales Investitionsabkommen. Dieses soll die derzeit existierenden 26 Investitionsabkommen ersetzen, die einzelne Mitgliedstaaten der EU in den letzten Jahrzehnten mit China geschlossen haben. Allerdings besteht insbesondere bei der Inländergleichbehandlung noch Konfliktpotenzial, wie dieser Beitrag zeigt. Seit Januar 2014 führen China und die Europäische Union (EU) Verhandlungen über ein umfassendes bilaterales Investitionsabkommen. Im Gegensatz zu den europäisch-amerikanischen Verhandlungen über die transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) haben die Verhandlungen zwischen China und der EU bisher wenig öffentliche Aufmerksamkeit erhalten. Ein erfolgreicher Abschluss dieser Verhandlungen könnte jedoch von großer Bedeutung sein und dies weit über die europäisch-chinesischen Investitionsbeziehungen hinaus. Der erfolgreiche Abschluss eines bilateralen Investitionsabkommens zwischen China und der EU könnte den Weg für ein künftiges chinesisch-europäisches Freihandelsabkommen ebnen und zusätzlich einen wichtigen Beitrag zur Liberalisierung der globalen Rahmenbedingungen für Auslandsinvestitionen leisten (Berger 2014). Sowohl China als auch die EU haben gute Gründe, ein umfassendes bilaterales Investitionsabkommen anzustreben und die Verhandlungen hierüber zügig abzuschließen.
Topics:
Frank Bickenbach, Wan-Hsin Liu considers the following as important:
This could be interesting, too:
Cash - "Aktuell" | News writes Länder einigen sich bei Weltklima-Konferenz auf globalen Emissionshandel
Cash - "Aktuell" | News writes Selenskyj glaubt an mögliches Kriegsende 2025
Cash - "Aktuell" | News writes Was Schweizer Bäuerinnen und Bauern verdienen
Cash - "Aktuell" | News writes Schweizer Efta/EU-Delegation will Abkommen mit China optimieren
Die EU verhandelt seit zwei Jahren mit China über ein umfassendes bilaterales Investitionsabkommen. Dieses soll die derzeit existierenden 26 Investitionsabkommen ersetzen, die einzelne Mitgliedstaaten der EU in den letzten Jahrzehnten mit China geschlossen haben. Allerdings besteht insbesondere bei der Inländergleichbehandlung noch Konfliktpotenzial, wie dieser Beitrag zeigt.
Seit Januar 2014 führen China und die Europäische Union (EU) Verhandlungen über ein umfassendes bilaterales Investitionsabkommen. Im Gegensatz zu den europäisch-amerikanischen Verhandlungen über die transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) haben die Verhandlungen zwischen China und der EU bisher wenig öffentliche Aufmerksamkeit erhalten. Ein erfolgreicher Abschluss dieser Verhandlungen könnte jedoch von großer Bedeutung sein und dies weit über die europäisch-chinesischen Investitionsbeziehungen hinaus. Der erfolgreiche Abschluss eines bilateralen Investitionsabkommens zwischen China und der EU könnte den Weg für ein künftiges chinesisch-europäisches Freihandelsabkommen ebnen und zusätzlich einen wichtigen Beitrag zur Liberalisierung der globalen Rahmenbedingungen für Auslandsinvestitionen leisten (Berger 2014).
Sowohl China als auch die EU haben gute Gründe, ein umfassendes bilaterales Investitionsabkommen anzustreben und die Verhandlungen hierüber zügig abzuschließen. Das Abkommen soll die derzeit existierenden 26 Investitionsabkommen ersetzen, die einzelne Mitgliedstaaten der EU in den letzten Jahrzehnten mit China geschlossen haben. Es soll die teilweise recht unterschiedlichen Regelungen der bestehenden Abkommen vereinheitlichen und erweitern und einen kohärenten Rechtsrahmen zur Förderung gegenseitiger Investitionen schaffen. Vor allem aus Sicht der EU sollte das neue Abkommen dabei deutlich über die bestehenden Abkommen zwischen den EU-Mitgliedstaaten und China hinausgehen. Es soll die Rechtssicherheit für europäische Investoren und den Schutz europäischer Investitionen in China verbessern und Markzutrittsbarrieren für europäische Investoren in China abbauen (Europäische Kommission 2013). Aus chinesischer Sicht soll das Abkommen die weitgehende Offenheit der europäischen Märkte für chinesische Investitionen sichern und einem möglichen Anstieg protektionistischer Stimmungen gegenüber chinesischen Investitionen in Europa vorbeugen. Zudem dient es der reformorientierten chinesischen Führung wohl auch dazu, interne Reformen voranzutreiben und ein liberaleres Regulierungsregime für ausländische Investitionen in China durchzusetzen (Zhang 2015; Król 2013).
Auch wenn die allgemeinen Ziele, die die beiden Parteien mit dem Abkommen verfolgen, weitgehend miteinander kompatibel zu sein scheinen, gibt es doch auch eine Reihe potenzieller Konfliktthemen. Diese betreffen insbesondere die weniger restriktive und stärker symmetrische Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung inländischer und ausländischer Investoren (national treatment), den Umfang der angestrebten Marktöffnung für ausländische Investitionen und die Regeln zu deren Durchsetzung, sowie den Anwendungsbereich und die Ausgestaltung eines Streitbeilegungsverfahrens zwischen Investoren und Staaten (investor-state dispute settlement). Weitere potenzielle Konfliktthemen, auf die im Folgenden jedoch nicht näher eingegangen werden soll, betreffen u.a. einen besseren Zugang ausländischer Investoren zu öffentlichen Aufträgen, die wirksame Durchsetzung der Gesetze zum Schutz geistigen Eigentums und die Behandlung von Staatsunternehmen.
Inländergleichbehandlung in der Nachinvestitionsphase
Kerninhalt traditioneller Investitionsabkommen ist der Schutz ausländischer Investitionen vor diskriminierender und unfairer Behandlung in der Nachinvestitionsphase. Bestehende Abkommen Chinas mit den EU-Mitgliedstaten und anderen Industrieländern weisen dabei i.d.R. eine fundamentale Asymmetrie hinsichtlich der gewährten Schutzniveaus auf. Während die EU-Mitgliedstaaten i.d.R. eine Gleichbehandlung inländischer und chinesischer Investitionen in der Nachinvestitionsphase (post-entry national treatment) zusagen, gilt dies umgekehrt allenfalls eingeschränkt. Die betreffenden Investitionsabkommen beinhalten Regelungen, die es China erlauben, bereits bestehende Gesetze und Regelungen, die gegen den Grundsatz der Inländergleichbehandlung ausländischer Investitionen verstoßen, beizubehalten. China verpflichtet sich lediglich dazu entsprechende Diskriminierungen nicht zu verschärfen und sie schrittweise abzubauen. Eine zentrale Forderung der EU in den laufenden Verhandlungen mit China ist deshalb eine weniger restriktive und symmetrischere Anwendung des Prinzips der Inländergleichbehandlung (Berger 2013). Es ist davon auszugehen, dass die EU zumindest in einigen Bereichen konkrete Verpflichtungen Chinas zur Einführung der Inländergleichbehandlung in der Nachinvestitionsphase fordern wird, die deutlich über das hinausgehen, was China bisher zuzusagen bereit war.
Marktöffnung für ausländische Investoren
Traditionell enthalten Investitionsabkommen keine Regelungen zur Liberalisierung des Marktzugangs. Dies gilt auch für die bestehenden Abkommen zwischen China und einzelnen EU-Mitgliedstaaten. China hat somit die Möglichkeit, den Marktzugang für europäische Investoren durch diskriminierende Regelungen zu beschränken und macht davon auch in erheblichem Umfang Gebrauch. Aus Sicht der EU soll das neue Investitionsabkommen diese Regelungslücke schließen. Die EU hat die Liberalisierung des Markzugangs deshalb zu einem Kernthema der laufenden Verhandlungen mit China erklärt (Europäische Kommission 2013). Konkret drängt die EU auf die Einführung einer sogenannten "Negativliste", auf der alle Industrien stehen sollen, in denen der Marktzugang für ausländische Investoren auch weiterhin beschränkt werden kann, während für alle andern Industrien, die nicht auf der Liste stehen, die Gleichbehandlung inländischer und ausländischer Investoren beim Marktzugang garantiert werden soll (pre-entry national treatment).
Ein entsprechender Ansatz wird von China derzeit bereits in mehreren Freihandelszonen erprobt und es ist zu erwarten, dass China grundsätzlich bereit ist, der Vereinbarung eines entsprechenden Ansatzes im Investitionsabkommen mit der EU zuzustimmen. Erhebliche Interessenkonflikte zwischen den beiden Seiten scheinen jedoch sowohl hinsichtlich des Umfangs der Negativliste als auch hinsichtlich der Absicherung der Verpflichtungen für nicht auf der Liste stehende Industrien zu bestehen. So strebt China derzeit eine eher vorsichtige Marktöffnung an und plädiert deshalb für eine eher lange Negativliste sowie dafür, Markzugangsregeln von der Möglichkeit internationaler Streitbeilegungsverfahren auszunehmen. Im Gegensatz dazu fordert die EU eine möglichst "symmetrische" Marktöffnung, was angesichts der Tatsache, dass die europäischen Märkte bereits heute für chinesische, Investitionen weitgehend offen sind, für eine kurze Negativliste spricht. Zudem möchte die EU für alle substantiellen Regelungen des Abkommens inklusive der Regelungen zur Marktöffnung ein internationales Streitbeilegungsverfahren ermöglichen.
Ausgestaltung eines Streitbeilegungsverfahrens zwischen Investoren und Staaten
Neben unterschiedlichen Vorstellungen über den Anwendungsbereich des Streitbeilegungsversfahrens zwischen Investoren und Staaten könnte auch dessen Ausgestaltung zu einem Hindernis bei den Verhandlungen werden. Als Reaktion auf die heftige öffentliche Kritik, die insbesondere im Zusammenhang mit den TTIP-Verhandlungen an der bisherigen Form internationaler Streitbeilegungsverfahren für Investitionen geübt wurde, hat die Europäische Kommission kürzlich einen Vorschlag für eine umfassende Reform des Streitbeilegungsverfahrens vorgelegt, der aus ihrer Sicht für alle laufenden und zukünftigen Verhandlungen der EU über internationale Investitionsabkommen maßgeblich sein soll. Die vorgeschlagene Reform umfasst zwei Kernpunkte.
Erstens soll sichergestellt werden, dass der Schutz ausländischer Investitionen nicht das Recht der Staaten beschränkt, dem Gemeinwohl dienende Vorschriften zu erlassen, selbst wenn diese die Gewinnerwartungen der Investoren beeinträchtigt. Zweitens soll eine neue Investitionsgerichtsbarkeit geschaffen werden, die aus einem Gericht ersten Instanz und einem Berufungsgericht bestehen soll und sich sowohl im Hinblick auf die Qualifikation und die Auswahl der Richter als auch im Hinblick auf die Transparenz von Verhandlungen und Entscheidungen an den höchsten Standards nationaler und internationaler Gerichte orientiert (Europäische Kommission 2015).
Zumindest im Hinblick auf die Umsetzung des zweiten Reformelements ist von schwierigen Verhandlungen zwischen der EU und China auszugehen. Die Kompromisssuche wird dabei zusätzlich noch dadurch erschwert, dass die Reformvorschläge der EU-Kommission primär auf eine Erhöhung der Akzeptanz für das TTIP Abkommen mit den Vereinigten Staaten zielen und die weitere Entwicklung der Vorschläge und deren Umsetzung daher eher von den Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten als von denen mit China bestimmt werden.
Insgesamt ist die Ausgangsposition für die bilateralen Verhandlungen zwischen der EU und China von starken Asymmetrien geprägt. Anders als in China sind die Märkte in Europa bereits heute weitgehend offen für ausländische Investitionen und eine diskriminierende Behandlung ausländischer Investitionen ist hier weit weniger verbreitet als in China. Ein umfassendes Investitionsabkommen verlangt daher von China deutlich weitreichendere Zugeständnisse und Reformen als von der EU und ihren Mitgliedstaaten. Die Europäer werden jedoch akzeptieren müssen, dass nicht alle ökonomisch sinnvollen und gerechtfertigten Reformforderungen gleichzeitig und durch ein einziges Abkommen erfüllt werden können. Einige Probleme und Konflikte werden nur durch die Vereinbarung spezifischer Übergangsregelungen gelöst werden können (Li 2014) oder werden Gegenstand anderer bilateraler oder multilateraler Abkommen – wie etwa eines möglichen künftigen europäisch-chinesischen Freihandelsabkommens – sein müssen.
In Bezug auf mehrere Schlüsselthemen, insbesondere die Liberalisierung des Marktzugangs und der weniger restriktiven und stärker symmetrischen Anwendung der Inländergleichbehandlung wird das europäisch-chinesische Investitionsabkommen jedoch wesentlich über die Regelungen hinausgehen müssen, die Chinas in bestehenden Investitionsabkommen mit anderen entwickelten Ländern vereinbart hat. Um die Akzeptanz des Abkommens in der EU und ihren Mitgliedstaaten zu sichern, gilt dies wohl auch für das Verfahren zur Streitbeilegung zwischen Investoren und Staaten. Angesichts der genannten Konfliktfelder wird die Aushandlung eines solchen Abkommens keine leichte oder schnell zu lösende Aufgabe sein. Ein gutes Abkommen wird die notwendigen Anstrengungen jedoch wert sein.
Berger, A. (2013). Investment Rules in Chinese Preferential Trade and Investment Agreements. Discussion Paper 7/2013. Deutsches Institut für Entwicklungspolitik, Bonn.
Berger, A. (2014). EU-China Investment Negotiations. EURObiz Journal of the European Union Chamber of Commerce in China, May/June 2014, 11-13
Europäische Kommission (2013). Impact Assessment Report on the EU-China Investment Relations. Commission Staff Working Document. SWD (2013) 185 final.
Europäische Kommission (2015). Commission proposes new Investment Court System for TTIP and other EU trade and investment negotiations[ a ]. European Commission – Press release, September 16, 2015. Download 10/07/2015.
Król, M. (2013). The Case for an EU-China Investment Agreement. ECIPE Bulletin No. 6/2013. European Centre for International Political Economy. Download 07/30/2015.
Li, G. (2014). From Trading Domestic Market for Technology to Improving Domestic Institutions to Promote Innovation: A New Choice for Chinese Firms to Advance Technology under Sino-US BITs. Journal of International Economic Cooperation 10: 30–37.
Zhang, X. (2015). Treading Carefully in the minefield of the EU-China investment treaty.[ b ] Europe’s World Spring 2015. Download 09/01/2015.
©KOF ETH Zürich, 25. Jan. 2016