Die Inflation in Deutschland liegt weiter deutlich über der Sieben-Prozent-Marke. Der Preisauftrieb verliert im Juni aber etwas an Tempo. Für Volkswirte ist das kein Grund zur Entwarnung. In Spanien hingegen scheinen die Maßnahmen gegen die Inflation nicht zu wirken. Tankrabatt und 9-Euro-Ticket haben die Inflation in Deutschland im Juni etwas gedämpft. Volkswirte sehen darin allerdings keinen Grund zur Entwarnung. Nach einer ersten Schätzung des Statistischen Bundesamtes erhöhten sich die Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahresmonat um 7,6 Prozent. Im Mai war die Teuerungsrate – getrieben vor allem von Energie und Lebensmitteln – auf 7,9 Prozent und damit auf den höchsten Stand seit fast 50 Jahren geklettert. Ökonomen sehen keine Trendwende Verbraucher, die auf einen anhaltenden
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Tankrabatt und 9-Euro-Ticket haben die Inflation in Deutschland im Juni etwas gedämpft. Volkswirte sehen darin allerdings keinen Grund zur Entwarnung.
Nach einer ersten Schätzung des Statistischen Bundesamtes erhöhten sich die Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahresmonat um 7,6 Prozent. Im Mai war die Teuerungsrate – getrieben vor allem von Energie und Lebensmitteln – auf 7,9 Prozent und damit auf den höchsten Stand seit fast 50 Jahren geklettert.
Ökonomen sehen keine Trendwende
Verbraucher, die auf einen anhaltenden Rückgang der Teuerung in den kommenden Monaten hoffen, dürften Ökonomen zufolge enttäuscht werden. Spätestens mit dem Ende von Tankrabatt und 9-Euro-Ticket im September sollte die Inflation wieder nach oben springen, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. „Das gilt umso mehr, als die deutschen Unternehmen die massiv gestiegenen Materialkosten noch lange nicht vollständig an die Verbraucher weitergegeben haben.“
Nach Einschätzung von Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank lindert das Entlastungspaket der Bundesregierung den „Inflationsschmerz“ etwas. „Allerdings kann auch die Regierung nicht verhindern, dass der Teuerungsdruck anhält. Die Inflationsrate von 7,6 Prozent ist immer noch erschreckend hoch.“
Besonders deutlich verteuerten sich auch im Juni im Vergleich zum Vorjahresmonat Energie (38 Prozent) und Nahrungsmittel (12,7 Prozent). Im Vergleich zum Vormonat Mai waren Fahrkarten für den Nahverkehr sowie teilweise auch Kraftstoffe nach Angaben der Statistikämter einzelner Bundesländer aber günstiger.
Wie sich das zum 1. Juni eingeführte 9-Euro-Ticket und der Tankrabatt genau ausgewirkt haben, lässt sich nach Angaben des Bundesamtes mit den vorläufigen Ergebnissen noch nicht darstellen. Von Mai auf Juni stiegen die Verbraucherpreise um 0,1 Prozent.
„Dieser Inflation entkommt niemand mehr“
Nach Einschätzung von Ökonom Friedrich Heinemann vom Wirtschaftsforschungsinstitut ZEW hat die Inflation inzwischen die volle Breite des Warenkorbs erfasst. „Dieser Inflation entkommt niemand mehr.“ Höhere Teuerungsraten schmälern die Kaufkraft von Verbrauchern, weil sich diese für einen Euro weniger leisten können.
Aus Sicht des Paritätischen Wohlfahrtsverbands hat sich die soziale Ungleichheit in Deutschland bereits durch die Pandemie verschärft. Die Armutsgefährdungsquote erreichte mit 16,6 Prozent im vergangenen Jahr einen Höchststand, wie der Verband mitteilte. Demnach leben 13,8 Millionen Menschen in Deutschland unterhalb der entsprechenden Grenze – 600.000 mehr als vor der Pandemie. Angesichts der Inflation rechnet der Verband mit einer weiteren Verschärfung der Lage und fordert von der Bundesregierung ein Entlastungspaket für einkommensarme Haushalte.
Familien mit niedrigen Einkommen leiden nach einer Analyse des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung am meisten unter der Teuerung. „Der Preisanstieg bei Wohnenergie belastet Haushalte mit geringeren Einkommen überproportional, und auch die Verteuerung der Nahrungsmittel schlägt sich stärker nieder.“
Die Bundesregierung versucht, die Menschen unter anderem durch niedrigere Spritsteuern und dem 9-Euro-Ticket für den Nahverkehr zu entlasten. Am Montag will Bundeskanzler Olaf Scholz in einer sogenannten konzertierten Aktion zusammen mit Spitzenvertretern der Arbeitnehmer und Arbeitgeber darüber beraten, wie die Preisentwicklung in den Griff zu bekommen ist.
Inflationsraten auf dem derzeitigen Niveau gab es im wiedervereinigten Deutschland noch nie. In den alten Bundesländern gab es ähnlich hohe Werte im Winter 1973/1974. Damals stiegen die Ölpreise infolge der ersten Ölkrise stark.
Viele wollen Konsum einschränken
Viele Menschen – ob berufstätig oder arbeitslos – wollen angesichts der Inflation ihre Lebensmitteleinkäufe und die Ausgaben für Bekleidung und Schuhe einschränken. Das geht aus einer Umfrage der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hervor.
Über alle Einkommensgruppen hinweg wollen demnach 39 Prozent der Befragten künftig weniger Nahrungs- und Genussmittel kaufen. Bei Bekleidung und Schuhen wollen sich 53 Prozent einschränken.
Spanien: Inflationsrate steigt auf 10,2 Prozent
In Spanien hingegen ist die Inflationsrate im Juni auf 10,2 Prozent im Vorjahresvergleich gestiegen und damit auf den höchsten Stand seit April 1985. Das teilte am Mittwoch das nationale Statistikamt mit. Im Mai lag die Preissteigerung noch bei 8,7 Prozent.
Regierungschef Pedro Sanchez sagte dem Sender Cadena SER, die Regierung habe damit gerechnet. Grund seien die Gaskürzungen Russlands; sie sorgen für hohe Preissteigerungen bei Gas. Die Kerninflation ohne Energiekostensteigerungen lag bei 5,5 Prozent im Juni.
Die Maßnahmen der Regierung wirkten offenbar noch nicht. Vergangene Woche senkte sie die Mehrwertsteuer auf Strom weiter ab – von zehn auf fünf Prozent. Erst 2021 war die Mehrwertsteuer von 21 auf zehn Prozent abgesenkt worden.
Madrid hatte zudem bereits im März ein Entlastungspaket in Höhe von sechs Milliarden Euro für Unternehmen und Haushalte beschlossen, darunter einen Tankrabatt von 20 Cent. Am Wochenende kündigte die Regierung an, die bis Ende Juni befristeten Maßnahmen um sechs Monate zu verlängern. Zudem sollen Selbstständige und Arbeitslose einen Zuschuss von je 200 Euro bekommen. (dpa/afp/mf)