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Zinsen, Inflation, Ukraine-Krise: Gefahr für Finanzmarkt?

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Kursschwankungen verunsichern Anleger auf der ganzen Welt. Gleich mehrere Faktoren sorgen für einen angespannten Finanzmarkt. Welche Branchen sind betroffen und sind die Aussichten wirklich so düster?

Inflation, steigende Zinsen, Ukraine-Krise: Auf den Finanzmärkten hat sich einiges zusammengebraut. Aktienkurse stehen unter Druck, ebenso Kryptowährungen, während die Renditen von Anleihen anziehen.

Taten Notenbanken wie die amerikanische Fed und die Europäische Zentralbank den rasanten Anstieg der Inflation im vergangenen Jahr noch als vorübergehendes Phänomen ab, laufen sie nun der Entwicklung hinterher. Investoren und Anleger fürchten daher eine Hektik der Zentralbanken. Aber auch die – abseits möglicher Überreaktionen – notwendige Straffung der Geldpolitik müssen sie erst noch verdauen.

Was lastet auf den Aktienbörsen?

Vor allem Unsicherheit. Investoren mögen Klarheit und Planbarkeit. Die Zuspitzung des Konflikts zwischen der Nato und Russland ist da wenig hilfreich. Er treibt die Energiepreise zusätzlich nach oben, was Verbraucher wie Unternehmen belastet.

Rohstoffexperte Carsten Fritsch von der Commerzbank hält zumindest kurzfristig Ölpreise deutlich über 100 Dollar je Barrel für möglich, sollte die Krise zu einer Unterbrechung von Öllieferungen aus Russland führen.

Sein Kollege Daniel Briesemann verweist zudem auf die Bedeutung Russlands als Palladiumproduzent, ein Rohstoff für Autokatalysatoren. Falls die russische Regierung als Vergeltung den Palladiumexport einschränken würde, hätte die Autoindustrie dann nicht nur mit der Chipknappheit, sondern auch mit einem Palladiumengpass zu kämpfen.

Abgesehen von solchen geopolitischen Unwägbarkeiten dominiert die Geldpolitik der US-Notenbank Fed das Geschehen. Sie muss angesichts der Inflation gegensteuern. Experten sprechen nach der jahrelangen Billiggeldpolitik von einer „Normalisierung“.

Fed-Chef Jerome Powell bestätigte zur Wochenmitte, dass der Leitzins bereits im März angehoben werden könnte. Mit welchem Tempo es danach weitergeht und wie groß die einzelnen Schritte ausfallen, bleibt ungewiss.

Powell schloss jedenfalls nicht aus, sogar auf jeder der kommenden Sitzungen an der Zinsschraube zu drehen, theoretisch also bis zu siebenmal. Auf den Finanzmärkten wird mittlerweile mit fünf Zinsschritten in diesem Jahr gerechnet, vor wenigen Wochen waren es noch drei. Der Eurokurs sackte denn auch am Donnerstag unter die Marke von 1,12 Dollar ab.

Warum können Inflationen die Aktienbörsen belasten?

Unternehmen können stark steigende Preise für Rohstoffe und Vorprodukte sowie höhere Lohnkosten in der Regel nur nach und nach über die Verkaufspreise auf die Kunden umlegen. Das kann vorübergehend auf den Gewinnen lasten; Aktien der Unternehmen können dann kurzfristig unattraktiver werden.

Hinzukommen die sogenannten Opportunitätskosten. In den vergangenen Jahren war wegen der Niedrigzinsen oft von der Alternativlosigkeit zur Aktienanlage die Rede. Steigen nun aber die Zinsen – auch wenn das in der Eurozone noch länger dauern wird als in den USA – werden andere, eher klassische Anlagen wie Anleihen interessanter. Andersherum gesprochen: Die Opportunitätskosten für ein Aktieninvestment steigen.

Betrifft das alle Branchen gleichermaßen?

Nein. Die Zinswende in den USA lastete zuletzt vor allem auf Technologiewerten. Viele junge Tech-Unternehmen sind im Vergleich zu den Gewinnen, die sie – falls überhaupt – erzielen, sehr hoch bewertet – viel höher als traditionelle Konzerne.

Solch hohe Bewertungen reflektieren die Hoffnung auf sprudelnde Unternehmensgewinne – allerdings oft in ferner Zukunft. Steigen die Zinsen, sind künftige Gewinne aus heutiger Sicht weniger wert. Schließlich könnten Sparer ihr Geld auch auf dem Konto liegenlassen und vom Zinseszinseffekt profitieren. Zu den Gewinnern der Entwicklung zählen die Banken. Deren klassisches Einlagen- und Kreditgeschäft profitiert von steigenden Zinsen.

Welche Branchen stehen noch im Fokus?

Zuletzt verkauften Investoren auch Aktien von Profiteuren der Pandemie. Das betrifft etwa Lieferdienste, Onlinehändler sowie Unternehmen aus der Biotech- und Pharmabranche, die im Zuge der Impfstoffproduktion und der Milliarden Corona-Tests stark wuchsen.

Gefragt sind mittlerweile wieder Reise- und Freizeitwerte. Mit dem sich laut Experten mittelfristig wohl abzeichnenden Pandemieende werden die Menschen wieder mehr verreisen, Konzerte und Theater besuchen. Auch dürften sie weniger Essen bestellen, sondern wieder mehr Restaurants besuchen.

Wie viel Ungemach droht noch?

Der deutsche Leitindex Dax, der zum Jahresstart noch am Rekordhoch von 16.290 Punkten geknabbert hatte, rutschte in dieser Woche kurz unter die Marke von 15.000 Punkten. Das ist ein Minus von gut acht Prozent binnen drei Wochen.

Zuletzt fing sich das Börsenbarometer. Am Tag nach den geldpolitischen Signalen der US-Notenbank notierte der Dax um die 15.400 Punkte. Auch auf dem US-Aktienmarkt standen die Zeichen auf Erholung.

Was bedeutet all das für (Privat-)Anleger?

Analyst Sven Streibel von der DZ Bank hält kurzfristig größere Kursschwankungen für plausibel. Längerfristig blieben die Perspektiven aber gut. „Aktienbewertungen werden sich (…) an das neue Zinsregime anpassen, jedoch nicht einbrechen.“ So sei die Quartalsberichtssaison in den USA bislang recht erfreulich verlaufen, erklärt der Experte mit Blick auf die jüngste Geschäftsentwicklung.

Mittelfristig spreche zudem ein Blick in die Vergangenheit für Aktien. So hätten der Dax und der breit gefasste US-Index S&P 500 „über die meist mehrjährige Dauer der vergangenen vier US-Zinsanhebungszyklen hinweg stattliche Kurssteigerungen verbuchen“ können.

Hinzu kämen gute Perspektiven für die Wirtschaft, denn insbesondere in Europa seien in der zweiten Jahreshälfte Nachholeffekte zu erwarten: Die Auftragsbücher der Autobauer und Investitionsgüterhersteller seien prall gefüllt. Diese könnten dann mit einer Entspannung der Materialengpässe abgearbeitet werden.

Was ist mit Kryptowährungen?

Die gewachsene Risikoscheu hat vor Kryptowährungen wie dem Bitcoin nicht haltgemacht. Steigende Zinsen sind gerade für besonders riskante Anlagen wie Digitalwährungen Gift, weil sie die Attraktivität von als sicher empfundenen und zinstragenden Anlagen wie Staatsanleihen tendenziell steigern.

Belastet wurden Kryptoanlagen zuletzt auch durch die kritische Haltung der russischen Notenbank, die ein weitreichendes Verbot vorgeschlagen hatte. Im Moment stabilisierte sich der Bitcoin zwischen rund 35.000 und 37.000 Dollar. Nachdem er im November noch rund 69.000 Dollar kostete, notiert er damit derzeit auf dem Niveau von Mitte 2021. (dpa/red)



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