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Nach langer Debatte, viel Kritik und einigen Änderungen führt Österreich eine allgemeine Corona-Impfpflicht ein und damit die bisher weitreichendste Regelung in der EU. Neben den Strafen für Impfverweigerer, wird es auch finanzielle Anreize für Geimpfte geben.
Österreich hat als erstes Land in der Europäischen Union die Einführung einer allgemeinen Corona-Impfpflicht beschlossen. Der Gesetzesentwurf wurde am Donnerstagabend nach einer mehrstündigen Debatte von den Abgeordneten im Wiener Parlament mit breiter Mehrheit angenommen.
Der Schritt ist die bisher weitreichendste Regelung in der EU. Italien und Griechenland haben lediglich eine für ältere Menschen geltende Impfpflicht. Zusätzlich soll in Österreich eine mit bis zu 1,4 Milliarden Euro dotierte Impf-Lotterie die Bereitschaft zur Immunisierung steigern.
Die Impfpflicht soll für alle Bürger gelten, die mindestens 18 Jahre alt sind. Ausnahmen sind vorgesehen für Schwangere sowie alle, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können. Auch Genesene sind bis 180 Tage nach der Covid-19-Erkrankung von der Impfpflicht befreit.
Bei Verstößen gegen die Verpflichtung drohen einkommensabhängige Strafen von bis zu 3.600 Euro. Der Bundesrat, also die Länderkammer, muss dem Gesetz voraussichtlich am 3. Februar ebenfalls noch zustimmen – das gilt aber als Formsache.
Kritik und Verteidigung
Österreichs Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) verteidigte die Corona-Impfpflicht in der Parlamentsdebatte als Akt der Solidarität und des Zusammenhalts. „Je mehr Menschen eine Corona-Schutzimpfung haben, desto weniger sterben an den Folgen einer Corona-Pandemie“, sagte der Minister am Donnerstag.
Die FPÖ ist als einzige Parlamentspartei gegen die Impfpflicht. „Die Einführung dieses Zwangs ist ein gigantischer Anschlag auf die Freiheit der Menschen in Österreich, ein Attentat auf die Menschenwürde der Bevölkerung“, sagte FPÖ-Chef Herbert Kickl.
In der Öffentlichkeit löst das neue Gesetz massive Kritik aus. In der Begutachtungsphase erreichten mehr als 100.000 meist kritische Stellungnahmen das Parlament. Zehntausende demonstrieren in Österreich regelmäßig gegen die Corona-Maßnahmen.
Umsetzung stufenweise
Das Gesetz soll in mehreren Stufen umgesetzt werden. Erst ab Mitte März sind stichprobenartige Kontrollen durch die Behörden vorgesehen. So soll zum Beispiel die Polizei bei ihren Einsätzen auch den Impfstatus überprüfen. Vonseiten der Polizeigewerkschaft gab es wegen dieser zusätzlichen Aufgabe auch Kritik.
Die ursprünglich geplante lückenlose Kontrolle durch einen Abgleich des Melderegisters mit dem Impfregister ist nur noch als Möglichkeit vorgesehen. Diese Maßnahme soll davon abhängig gemacht werden, ob die Impfquote deutlich steigt.
Bei der Impf-Lotterie sind nach Angaben der Regierung pro Teilimpfung 500 Euro zu gewinnen, die als Gutscheine in der Gastronomie oder im Handel eingelöst werden können. Teilnehmen können nicht nur jene, die sich schon haben impfen lassen, sondern auch jene, die sich erst noch impfen lassen. Rund jeder zehnte Geimpfte soll eine Gewinnchance haben.
Für Gemeinden mit einer Impfquote von 80 Prozent werden insgesamt 75 Millionen Euro ausgeschüttet, bei 85 Prozent 150 Millionen, und bei 90 Prozent 300 Millionen Euro.
Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) bezeichnete eine Quote von 85 bis 90 Prozent unter der „impfbaren Bevölkerung“ ab fünf Jahren als Ziel. Aktuell liegt sie bei rund 75 Prozent. Die Impfquote der Gesamtbevölkerung liegt bei 72 Prozent. (dpa/afp/red)