In
Deutschland erhielt die jedem und jeder BankerIn bekannte Saldenmechanik durch
die Arbeiten von Wolfgang Stützel den legendären Ruf einer „Logik“ der
Volkswirtschaftslehre. Im Beitrag wird gezeigt, dass sie durch die moderne
Makroökonomik ersetzt worden ist.
Es gibt Stimmen innerhalb und außerhalb der
fachwissenschaftlichen Zunft, die der Volkswirtschaftslehre (VWL) vorwerfen,
als Wissenschaft versagt zu haben, weil sie die Lehren von Wolfgang Stützel und
Wilhelm Lautenbach ignoriert habe (z.B. Flassbeck 2000, S.8). Ob diese Kritik
zutrifft, hängt davon ab, ob die methodischen Prinzipien der Saldenmechanik
(SM) in die moderne VWL aufgenommen und vielleicht sogar auf eine höhere Stufe
gehoben worden sind. Dieser Frage wird hier in Form eines Vergleichs der
konzeptionellen und
Articles by Georg Quaas
Warum Diskussionen oft chaotisch sind – Zum 117-ten Geburtstag von Karl Raimund Popper
August 9, 2019Die zentrale These dieses Beitrages lautet: Wissenschaftliche Theorien sind sinnvolle Symbolkomplexe. Auf dieser sehr allgemeinen Basis versucht der Autor, Erfahrungen zu reflektieren, die er in zahlreichen Diskussionen mit Kollegen, Studierenden und Amateurökonomen gesammelt hat. Um nicht erneut in einzelne Themen einsteigen zu müssen, werden Namen nicht genannt.
Durch die Charakteristik von wissenschaftlichen Theorien (und nur von solchen ist hier die Rede) als Symbolkomplexe wird ausgeschlossen, dass jede vage Idee im Kopf eines mehr oder weniger mit Titeln versehenen Menschen als Theorie ernst genommen und diskutiert werden muss. Daneben gibt es andere Arten von Symbolkomplexen, die keine Theorien darstellen, zum Beispiel Wegweiser, Backrezepte, das Wort zum Sonntag oder die
Replik: Der traurige Rest vom Target2-Problem
February 20, 2019Hochkarätige Ökonomen kommen zum Schluss, dass die Asymmetrien im Überweisungssystem des Europäischen Zentralbanksystems normalerweise keine Schwierigkeiten bereiten – ausser, es tritt ein Staat wie Italien aus der Union aus. Doch wie können blosse Buchungen zu einem riesigen Problem werden? Eine Replik.
Zwar ist es um das sogenannte Target2-Problem ruhiger geworden, aber die Standpunkte haben sich verfestigt. Jede Seite behauptet, dass sich ihre Auffassung durchgesetzt habe. Nun ist auch der Volkswirt Ulrich van Suntum in einem kürzlich auf Ökonomenstimme veröffentlichten Beitrag zu dem Schluss gekommen, dass die Asymmetrien im Überweisungssystem des Europäischen Zentralbanksystems normalerweise kein Problem darstellen (van Suntum 2019). Nur für den Fall, dass ein Staat wie
Aspekte des TARGET2-Problems
August 30, 2018Hans-Werner Sinn hat vor Kurzem im ifo Schnelldienst[ a ] auf die Risiken der von ca. € 70 Mrd. Ende 2007 auf den Wert von € 976 Mrd. Ende Juni 2018 gestiegenen Target-Forderungen der Deutschen Bundesbank hingewiesen. Hier folgt ein Kommentar zu den von Sinn dargestellten Forschungsergebnissen.
Im
Folgenden werden hervorstechende Eckpunkte der neusten Forschungsergebnisse
Hans-Werner Sinns (2018) zitiert (Seitenzahlen in Klammern) und in den jeweiligen
Kontext gestellt. Sachverhalte werden nur aus Gründen der Anschaulichkeit am
Beispiel Griechenlands und Italiens erläutert.
Problem
#1: Griechische Unternehmen nehmen in der Regel bei griechischen
Geschäftsbanken Kredite auf, die sich ihrerseits bei der nationalen Filiale der
EZB, der Bank of Greece (BoG), mit Geld versorgen. Dieses
Faktor Arbeit im Sinkflug
May 28, 2018Geht uns die Arbeit aus? Wahrscheinlich schon, aber womöglich langsamer als befürchtet, wie dieser Beitrag zeigt.
Die Frage, ob den modernen Volkswirtschaften die
Arbeit ausgeht, kann nicht beantwortet werden, indem man das Augenmerk nur auf
die Zahl der Erwerbstätigen oder auf die von ihnen geleisteten Arbeitsstunden
richtet. Im Fall einer exportorientierten Wirtschaft wie der Deutschlands zieht
eine steigende internationale Nachfrage eine intensivere und extensivere
Produktion nach sich, die zu einer höheren Beschäftigung führt (Daten von 1950
– 2016 siehe Abbildung 1).
Abbildung 1: Reales BIP und Erwerbstätige
Solange die Bevölkerung wächst oder zumindest
aufgrund des Zuzuges weniger stark schrumpft, solange das Arbeitspotenzial groß
genug ist, um die Zahl der Erwerbspersonen
“Sparen” in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen und in den Finanzwirtschaftlichen Rechnungen
April 10, 2018Die Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) sind fast nur noch den Statistikämtern ein Begriff, zu Unrecht, wie dieser Beitrag argumentiert.
Die Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen
(VGR) sind weitgehend aus den Curricula der Volkswirtschaftslehre verschwunden.
Bedenkt man, dass die VGR nicht nur den begrifflichen Rahmen, sondern auch die
auf dieser Grundlage von den statistischen Ämtern beobachteten Daten umfassen,
so bringt das zwangsläufig eine Entfremdung der heranwachsenden
Volkswirte-Generation von ihrer empirischen Basis mit sich. Eine solche Tendenz
würde in der Physik bedeuten, dass künftige Physiker nicht mehr wüssten, wie
man Entfernungen, Geschwindigkeiten, Kräfte, Wellenlängen und Temperaturen
misst und was entsprechende Angaben bedeuten. Theorien wie die
Deutsche Wirtschaft im Abschwung?
March 6, 2018Wie geht es der deutschen Wirtschaft? Während im November 2017 für das Jahr 2018 noch ein starkes Wachstum von 2,2% vorhergesagt wurde, sind es neuerdings nur noch magere 1,2%. Was ist passiert? Sind das reine Modelleffekte oder hat sich fundamental etwas geändert?
Read More »Zu einer populären Kritik der Geldmultiplikator-Theorie
January 31, 2018Die wechselseitigen Beziehungen
zwischen Geschäftsbanken und der verantwortlichen Zentralbank werden in sehr
abstrakter Form durch die makroökonomische Geldtheorie erfasst. Die populäre
Kritik der Deutschen Bundesbank an dieser Theorie rennt teils offene Türen ein,
teils beruht sie auf einem deterministischen Missverständnis, wie dieser
Beitrag zeigt.
Auf die angeblich häufig gestellte Frage: "Benötigt die Geschäftsbank zuerst
Zentralbankgeld, bevor sie Kredite vergeben kann, aus denen ihr
Zahlungsverpflichtungen entstehen können?" geben die Autoren der Deutschen
Bundesbank (DBB) nach einer kurzen Polemik gegen die Geldmultiplikator-Theorie
(ohne Literaturverweis) die Antwort, dass "einzelne Geschäftsbanken
normalerweise stets in der Lage" sind, "sich bei Bedarf Zentralbankgeld
Was macht eine Bank mit dem Geld ihrer Kunden? Anmerkungen zum Buch von Dirk Ehnts
November 27, 2017Geldschöpfung aus dem Nichts oder doch nur unter der Voraussetzung einer Verfügung von Zentralbankgeld? Dieser Beitrag schließt an diese Diskussion mit einer Rezension des Buches "Geld und Kredit: eine €-päische Perspektive" von Dirk Ehnts an und schlussfolgert: Das Nichts, aus dem Giralgeld geschöpft wird, ist und bleibt Zentralbankgeld.
Zur Einordnung
Dirk Ehnts’ zentrale geldtheoretische
These lautet, dass Geschäftsbanken an ihre Kunden Kredite vergeben und auf
diese Weise Giralgeld aus dem Nichts schöpfen. Die u.a. auf Ökonomenstimme
diskutierte Gegenthese besagt, dass die Geldschöpfung der Geschäftsbanken keineswegs
aus dem Nichts heraus erfolgt, sondern eine Verfügung über Zentralbankgeld
voraussetzt (Müller 2017, Quaas 2017a). Der Hinweis von Dirk Niepelt (2017),
dass jeder
Was machen die Ökonomen eigentlich so den lieben langen Tag?
August 16, 2017Wollten Sie schon immer einmal erfahren, was Ökonomen den lieben langen Tag so machen, dann lesen Sie diesen Beitrag.
Dieser Frage begegnet man in den Kommentaren auf
Ökonomenstimme des Öfteren. Sie wird meistens von Amateurökonomen gestellt, die
auf ihren je speziellen Klassiker (Schumpeter, Keynes, Marx, Hayek etc.)
schwören und aufgrund der Genialität ihres Gewährsmannes die Ursachen der
krisenhaften Entwicklung der kapitalistischen Gesellschaft auf jeden Fall
besser zu kennen glauben als die gesamte ökonomische Zunft. Sensiblere Leser
meinen, dahinter Hass und Neid zu spüren, nach dem Motto: Warum bekommen diese
Scharlatane, die nicht einmal untereinander einig sind, auch noch einen Haufen
Kies hinterher geworfen? Leider
reagieren sie auch selten, die professionellen Ökonomen,
Was an der Kritik der Geldtheorie berechtigt ist und was nicht
June 15, 2017Die rein funktionale Interpretation der Geld-Multiplikator-Theorie (GMT) und damit der Geldschöpfung ist in die Kritik geraten. Diese berechtigte Kritik an der kausalen Interpretation der GMT hat dazu geführt, elementare, unverzichtbare Bestandteile der makroökonomischen Theorie der Geld- und Finanzmärkte ebenfalls in Frage zu stellen, wie dieser Beitrag zeigt.
Seit der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise
flutet die EZB den Geldmarkt. Sie tut dies u.a. in der Erwartung, über
verbilligte Kredite Investitionen anzuregen und auf diese Weise die Konjunktur
im europäischen Wirtschaftsraum in Schwung zu bringen. Zu den theoretischen
Grundlagen dieser Geldpolitik gehört die Geld-Multiplikator-Theorie (GMT), nach
der ein funktionaler Zusammenhang zwischen "base money" (M0) und "broad
Die Finanzierung des bedingungslosen Grundeinkommens durch eine Flat Tax
April 18, 2017Ein bedingungsloses Grundeinkommen ließe sich über Steuern finanzieren, wie dieser Beitrag zeigt. Dadurch ließe sich die Armut in Deutschland drastisch reduzieren. Allerdings müsste die Einkommenssteuer völlig neu gestaltet und sonstige Steuern sowie die Beiträge zur Sozialversicherung und die auf dieser Grundlage gewährten Leistungen weiterhin gezahlt werden.
Der
Armutsbericht der Bundesregierung löst in Deutschland in schöner Regelmäßigkeit
eine heiße Debatte darüber aus, wie man dieses soziale Problem lösen könnte.
Die Debatte hat den unleugbaren Vorteil, die soziale Fantasie der tonangebenden
Vertreter der Elite zu beflügeln. Ein Nachteil besteht darin, dass die Vielfalt
der Konzeptionen eine Einigung verhindert und die Diskussionen darum meistens
folgenlos bleiben. Eine
Von der Verantwortung des Ökonomen für die eigene Disziplin
December 23, 2016Die Ökonomik hat ein Image-Problem. Das liegt auch am Umgang der Ökonomen mit der eigenen Wissenschaft, wie dieser Beitrag zeigt.
Im fünften Kapitel seines Buches "Der Mythos
vom globalen Wirtschaftskrieg" rechnet Paul Krugman mit den auflagenstärksten
Autoren seines Landes ab, die sich mit dem Thema Welthandel befassen. Er wirft
ihnen vor, dass sie beim Leser (oder Fernsehzuschauer)[ 1 ]
ein völlig falsches Bild von der Weltwirtschaft (und von der Position der USA
darin) erzeugen. Der internationale
Handel werde nicht als eine allseits vorteilhafte, friedliche Tätigkeit,
sondern als ein Ort des Kampfes dargestellt. Diese Einschätzung könne zu
gefährlichen Konsequenzen führen, indem protektionistische Haltungen und
Tendenzen gefördert werden.
Krugman’s publizistische Auseinandersetzung
mit einem Teil seiner Kollegen und mit einem maßgebenden Politiker (Bill
Clinton) ist nicht unser Kampf. Die Volkswirtschaften der Schweiz, Österreichs
und Deutschlands haben einen hohen Offenheitsgrad. Weit und breit ist kaum ein
volkswirtschaftlicher Experte zu sehen, der protektionistischen Argumenten das
Wort redet.[ 2 ]
Von der holländischen Krankheit sind die schwächeren Südländer betroffen, denen
mit sehr langfristigen Krediten unter die Arme gegriffen wird. Die Nordländer
profitieren von einer – unter ihren volkswirtschaftlichen Bedingungen gesehen –
unterbewerteten Währung.
Marx, Mathematik und der Mainstream
October 26, 2016Lassen sich Karl Marx’ meist qualitative Thesen aus dem "Kapital" sauber mathematisch-quantitativ modellieren und, falls ja, können wir daraus etwas lernen? Zweimal ja, meint dieser Beitrag.
Die Gegenstände ökonomischer Theorien sind in
den meisten Fällen von quantitativen Verhältnissen durchdrungen. Maß und Zahl stellen
im Handel, in der Produktion, bei der Verteilung, aber auch im Konsum wichtige
Aspekte dar, um die sich nicht nur die Praktiker, sondern auch die Ökonomen
bemühen müssen, um rationale Entscheidungen treffen zu können und um zu
verstehen, was in der ökonomischen Realität vor sich geht. Nur sehr reiche
Akteure, wie zum Beispiel die Könige in Homers Ilias, können es sich leisten,
den Preis eines begehrten Gutes zu ihren Ungunsten zu ignorieren und dabei das Hundertfache
draufzulegen. In diesem Extremfall hat es selbst der Dichter, für den es sicher
interessantere und schönere Dinge gab, für wichtig befunden, der Nachwelt davon
zu berichten (der Tausch der Rüstungen zwischen Diomedes und Glaukos).
Vor der Notwendigkeit, quantitative
Verhältnisse exakt darzustellen, stand auch der Ökonom Karl Marx als er sein
Hauptwerk "Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie" verfasste.
Heterodoxe erforschen Heterodoxe – Anmerkungen zu einer empirischen Studie
September 28, 2016Sterben heterodoxe Ökonomen aus? Diesen Schluss ließe sich aus einer Studie zur Bestandsaufnahme von heterodoxen Ökonomen an deutschen Universitäten ziehen. Dieser Beitrag kritisiert das Studiendesign, das u.a. auf einer elitären Definition von "akademischer Reproduktion" beruhe.
Sebastian Thieme und
Arne Heise haben Ergebnisse eines Projektes vorgelegt, das die Bewegung heterodoxer Ökonomen an
deutschen Universitäten seit den 70er Jahren aus soziologischer Perspektive erforscht. Das Projekt wurde von der Hans-Böckler-Stiftung gefördert. Weitere Berichte
sind für die nächsten fünf bis zehn Jahre angekündigt. (14)
Fokus oder Bias?
Die Studie
konzentriert sich auf den sozialen Aspekt der Disziplin Ökonomik, genauer
gesagt auf Personen und deren Arbeitsbedingungen. In die Studie einbezogen
werden Menschen mit oder ohne Lehrstuhl, Hauptsache, sie dürfen sich Professor
nennen, sind noch im Amt, und zwar an einer ökonomischen Einrichtung. Des Weiteren
beschränkt sie sich auf deutsche öffentliche Universitäten. Fachschulen und
Berufsakademien werden ausgeschlossen, und zwar aus dem Grund, dass sie keine
Habilitationen durchführen dürfen (1). In diesem Fall steckt die Karriere eines
Professors quasi in einer Sackgasse. Ich schließe daraus, dass die Autoren die
akademische Reproduktion als den wichtigsten Kanal der Verbreitung heterodoxen
Denkens ansehen.
Wie gehen Volkswirte mit der Makroökonomik um? Ein Kommentar zur Jubiläumsausgabe des Wirtschaftsdienst
August 24, 2016Der Wirtschaftsdienst
feiert sein 100-jähriges Bestehen[ a ] mit einer Jubiläumsausgabe.
Dieser Beitrag setzt sich mit den
enthaltenen Artikeln zur ökonomischen Politikberatung auseinander und
kritisiert, dass darin die ökonomische Theorie vergessen geht.
Die zentrale Frage
der modernen Makroökonomik ist die nach dem Einfluss des Staates auf eine
marktwirtschaftlich koordinierte Volkswirtschaft. Noch mehr zugespitzt: Wie
können (a) langfristig gesehen eine stabile ökonomische Entwicklung gefördert
und (b) kurzfristig konjunkturelle Schwankungen ausgeglichen werden? Um diese
und andere Fragen zu beantworten, stellt die Makroökonomik eine Reihe von
theoretischen Ansätzen zur Verfügung, die sie zu empirisch überprüfbaren
Modellen ausformuliert
und – so
hofft man – nur dann dem ökonomischen Laien, insbesondere dem Politiker,
anempfiehlt, wenn empirische Tests bestanden worden sind. Einen Gegensatz von
modell- und evidenzbasierter Politikberatung, wie sie Weimann (620) der
Politikberatung unterstellt, sollte es nach diesem Verständnis der Ökonomik und
ihrer praktischen Anwendung nicht geben. Ob das zutrifft, zeigt sich darin, in
welchem Maße sich Volkswirte bei ihren Empfehlungen auf die Makroökonomik
beziehen.
Mit der Diskussion
wirtschaftspolitischer Instrumente ist das Spielfeld umrissen, auf dem der "Wirtschaftsdienst" seit 100 Jahren agiert.
Die paradigmatische Struktur der Makroökonomik
June 20, 2016Warum führen empirische Tests und praktische
Erfahrungen, die wesentlichen Teilen der makroökonomischen Theorie
widersprechen, selten zu deren Widerlegung? Ist es Laxheit oder ideologische
Verblendung, die Ökonomen veranlasst, ihre Theorien vor Falsifikationen zu
schützen?
In diesem Aufsatz wird die von Wolfgang Stegmüller vorgenommene Rekonstruktion
der Paradigmen-Konzeption Thomas S. Kuhns mit Hilfe der begrifflichen
Differenzierungen von Joseph D. Sneed auf die Makroökonomik angewandt, um jene
Fragen sachgerecht zu beantworten. Der
Autor untermauert damit seine Kritik an der These der "axiomatischen Variation"
(Dobusch, Kapeller 2009), die der Neoklassik eine generelle Immunisierungsstrategie unterstellt.
Nach Sneed besteht eine Theorie aus einem Strukturkern und dessen empirischen Anwendungen. Im Strukturkern
kann ein logisches, und darum auch nicht widerlegbares, mathematisch
formulierbares Fundamentalgesetz von
den Nebenbedingungen unterschieden
werden, die Querverbindungen zu den Anwendungen
herstellen, in die auch Spezialgesetze
eingehen können. Eine Antwort auf die Frage, worin das makroökonomische Fundamentalgesetz der neoklassischen
Synthese besteht, hängt davon ab, was man zum Theorienkomplex, der die
Makroökonomik ausmacht, zählt.
Axiome in der Ökonomik?
April 20, 2016Schreitet die Neoklassik, die weiterhin vorherrschende Denkrichtung in der Ökonomik, durch Variation ihrer Axiome voran, wie es Leonhard Dobusch und Jakob Kapeller formuliert haben? Dieser Beitrag zweifelt an der Existenz von Axiomen in der Ökonomik und argumentiert, dass man letztere als Komplex aus paradigmatisch wirkenden Einzeltheorien bezeichnen kann.
Dobusch und Kapeller (2009: 2[ a ]) haben über die vorherrschenden Denkgewohnheiten der modernen ökonomischen Theorie nachgedacht. Sie fragen, ob sich die Ökonomik als eine wissenschaftliche Disziplin überhaupt entwickelt. Und wenn ja, wie? Sie betrachten die Ökonomik unter einem paradigmatischen Aspekt, um die Pfadabhängigkeit und eventuelle Alternativen zur sogenannten Neoklassik herauszufinden. Als Beispiel für grundlegende Begriffe und Positionen des neoklassisch geprägten Mainstreams figurieren die Maximierung des Nutzens und die perfekte Konkurrenz (Dobusch und Kapeller 2009:3; im Folgenden wird bei einem Bezug auf diesen Artikel nur die Seitenzahl angegeben).
Das Paradigmenkonzept
An dieser Stelle würde es naheliegen, Ross und Reiter zu nennen, das heißt diejenigen Werke zu zitieren, die vermutlich zuerst und für die ökonomische Zunft beispielhaft jene Prinzipien in der ökonomischen Analyse angewandt haben. Das entspräche jedenfalls der ursprünglichen Intention des Erfinders des Paradigmenkonzepts.