Christophe Bernard, Chefstratege von Vontobel. "Brücken errichten" einerseits, "Mauern bauen" andererseits. Mit diesen Bildern liessen sich die Präsidentschaftskampagnen in den USA zusammenfassen und einander gegenüberstellen. Für ersteres steht die demokratische Kandidatin Hillary Clinton, für letzteres ihr republikanischer Widersacher Donald Trump. Welcher der beiden Kandidaten am 8. November mehr Unterstützung von der amerikanischen Bevölkerung erhält, ist derzeit unklar. Gemäss Chefstratege Christophe Bernard hat Vontobel daher ihr Aktienengagement auf neutral reduziert, weil Marktturbulenzen nach den Präsidentschaftswahlen nicht auszuschliessen sind. Sechs Wochen vor den US-Präsidentschaftswahlen am 8. November liefern sich die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton und ihr republikanischer Gegenspieler Donald Trump ein überraschend knappes Rennen (siehe Grafik 1). Clinton scheint ihre leichte Führung nach der ersten TV-Debatte zwar geringfügig ausgebaut zu haben. Trotzdem lässt sich aus ihrem Vorsprung nicht auf den Ausgang des Rennens schliessen.
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"Brücken errichten" einerseits, "Mauern bauen" andererseits. Mit diesen Bildern liessen sich die Präsidentschaftskampagnen in den USA zusammenfassen und einander gegenüberstellen. Für ersteres steht die demokratische Kandidatin Hillary Clinton, für letzteres ihr republikanischer Widersacher Donald Trump. Welcher der beiden Kandidaten am 8. November mehr Unterstützung von der amerikanischen Bevölkerung erhält, ist derzeit unklar. Gemäss Chefstratege Christophe Bernard hat Vontobel daher ihr Aktienengagement auf neutral reduziert, weil Marktturbulenzen nach den Präsidentschaftswahlen nicht auszuschliessen sind.
Sechs Wochen vor den US-Präsidentschaftswahlen am 8. November liefern sich die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton und ihr republikanischer Gegenspieler Donald Trump ein überraschend knappes Rennen (siehe Grafik 1). Clinton scheint ihre leichte Führung nach der ersten TV-Debatte zwar geringfügig ausgebaut zu haben. Trotzdem lässt sich aus ihrem Vorsprung nicht auf den Ausgang des Rennens schliessen.
Grafik 1: Hillary Clinton und Donald Trump liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen
Durchschnitt verschiedener Wählerumfragen, Resultate in Prozent
Quelle: Real Clear Politics, Vontobel Asset Management
In den Bereichen Aussenhandel, Zuwanderung und Aussenbeziehungen steht Hillary Clinton im Grossen und Ganzen für eine Fortsetzung der aktuellen US-Politik. Donald Trump – ehemals ein Baulöwe, heute Politiker – verkörpert den radikalen Umbruch. Er möchte wichtige Handelsverträge wie das Nordamerikanische Freihandelsabkommen und die Transatlantische Partnerschaft aufkündigen und aus China und Mexiko eingeführte Güter mit substanziellen Zöllen belegen. Er befürwortet eine restriktive Immigrationspolitik, einschliesslich der Ausschaffung von illegalen Zuwanderern und des Baus einer (weiteren) Mauer entlang der mexikanischen Grenze. Getreu dem Motto "Amerika erhält zu wenig für sein Geld" setzt er in den Aussenbeziehungen auf Abschottung: Trump stellt grundsätzlich alle Allianzen infrage, die seit dem Ende des 2. Weltkriegs das Fundament der US-Politik bilden, darunter die Verteidigungsabkommen mit Japan und Südkorea sowie die Nordatlantikpakt-Organisation (Nato). Zudem deutet seine Unterstützung für den Brexit auf einen Mangel an Wertschätzung der europäischen Institutionen hin.
Bei der Fiskalpolitik sprechen sich beide Kandidaten für höhere Infrastrukturausgaben aus. Trump will jedoch sowohl die Unternehmens- als auch die persönlichen Einkommenssteuern senken, was einen grundlegenden Unterschied zu den Steuerplänen Clintons darstellt. Die Absichten von Trump stehen zudem im Widerspruch zu republikanischen Grundsätzen: Sein Versprechen, an den Sozialausgaben für die Krankenversicherungs- und Fürsorgeprogramme Medicare und Medicaid festzuhalten, würde das Budgetdefizit und die Staatsverschuldung in die Höhe treiben. Clinton ist viel stärker auf der demokratischen Parteilinie. Mit ihrem Vorschlag, Grossverdiener stärker zu besteuern, liesse sich ein Infrastrukturprogramm in Höhe von 275 Milliarden US-Dollar während fünf Jahren finanzieren.
Präsidenten werden vom Kongress regelmässig ausgebremst
Viele Aussagen von Trump sind provokativ und wohl mehr als Startpunkt für Handlungen denn als ausgereifte Politik zu verstehen. Insofern darf man seine Worte nicht für bare Münze nehmen, was allerdings auch für viele Wahlversprechen Hillary Clintons zutrifft. Zudem wurden und werden die Ambitionen der meisten US-Präsidenten, einschliesslich derjenigen von Barack Obama, von einem mehr oder minder obstruktiven US-Kongress immer wieder zurückgestutzt. Die US-Kongresswahlen am 8. November sind daher fast genauso wichtig wie das Rennen um die Präsidentschaft. Ein Drittel der Sitze im Senat und sämtliche Sitze im Repräsentantenhaus werden neu besetzt. Die Demokraten könnten im Senat durchaus die Mehrheit erringen, doch die grosse Kammer dürfte in der Hand der Republikaner bleiben (siehe Grafik 2). In jedem Fall ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine Präsidentin Hillary Clinton dereinst einem zerstrittenen US-Kongress gegenüber sieht, grösser, als dies bei einem Triumph Donald Trumps der Fall wäre.
Grafik 2: Anzahl der Parteimitglieder im US-Kongress vor dem Wahlgang im November
Anzahl Sitze
Quelle: US Senate, US House of Representatives, Vontobel Asset Management
Berg-und-Tal-Fahrt für Wirtschaft und Finanzmärkte?
Ein Sieg der demokratischen Kandidatin würde für die Finanzmärkte "mehr vom Gleichen" bedeuten – kein Nervenkitzel, dafür ein hohes Mass an Voraussehbarkeit. Clinton dürfte die Politik der Obama-Administration nahtlos fortsetzen, wobei sie in der Frage des pazifischen Freihandelsabkommens eine abweichende Haltung vertritt. Die Auswirkungen einer Präsidentschaft Donald Trumps auf die Wirtschaft und die Finanzmärkte lassen sich hingegen kaum abschätzen – zu gross ist die Spanne der möglichen Regierungsmassnahmen, die direkte und indirekte Auswirkungen auf die Aktienkurse, US-Staatsanleihen oder den US-Dollar haben könnten. Es ist jedoch absehbar, dass sich die Vereinigten Staaten unter Trump in Richtung "Entglobalisierung" bewegen würden, sehr zum Leidwesen von Exportnationen im Allgemeinen und Schwellenländern im Besonderen. Abzuwarten wäre, ob die Spannungen zwischen den Handelspartnern zu einer Rezession in- und ausserhalb der grössten Volkswirtschaft der Welt führen, was die Investitionspläne der Unternehmen dämpfen würde. Der US-Dollar könnte, wenn alle anderen Faktoren gleich bleiben, von einem niedrigeren Leistungsbilanzdefizit profitieren. Gestiegene Preise für Importgüter und Zuwanderungsbeschränkungen könnten die Inflation (über höhere Arbeitskosten) anheizen.
Kurzum, bei einem Sieg von Donald Trump würde die Unsicherheit steigen – und die Märkte verabscheuen nichts stärker als Unsicherheit. Folglich hat Vontobel ihr Engagement in riskanten Vermögenswerten weiter verringert und sind jetzt neutral positioniert. Die Geldpolitik wird die Aktien- und Anleihenmärkte weiterhin kräftig stützen. Dennoch mahnt die Unsicherheit in Bezug auf den Ausgang der US-Wahlen zu einem gewissen Mass an Vorsicht.