Summary:
Ein Leser fragt, warum ich „den naiven Glauben“ pflege, dass die Wirtschaft im Euro-Raum wachsen muss. Brauchen wir wirklich Wirtschaftswachstum, um Wohlstand zu ermöglichen? Die Antwort ist ganz klar: Ja.Denn Wirtschaftswachstum bedeutet in erster Linie mehr Beschäftigung. Und es kommt heute im schwer angeschlagenen Umfeld der europäischen Wirtschaft besonders auf den Zusammenhang zwischen Wachstum und Beschäftigung an.Interessant ist, dass die Washington Post gerade am Sonntag einen lesenswerten Artikel von Larry Summers veröffentlicht hat. Der ehemalige US-Finanzminister schreibt dort, dass es kaum ein Zufall sein kann, dass die Jahrzehnte des maximalen Wachstums (1960er und 1990er Jahren) auch das schnellste Beschäftigungswachstum und den schnellsten Anstieg des Lebensstandards der Mittelschicht markieren.Das Wachstum stellt die nötigen Mittel für erhöhte Einnahmen des Bundes bereit und fördert damit den Schutz der lebenswichtigen Sozialprogramme (wie z.B.Social Security und Medicare in den USA), hebt der an der Harvard University lehrende Wirtschaftsprofessor hervor.Und Wachstum schafft v.a. Spielraum für Initiativen wie z.B. Lohnsubventionen (in den USA: EITC, Erweiterung von Steuergutschriften).Wachstum erleichtert zudem die Gestaltung der Geldpolitik.
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Ein Leser fragt, warum ich „den naiven Glauben“ pflege, dass die Wirtschaft im Euro-Raum wachsen muss. Brauchen wir wirklich Wirtschaftswachstum, um Wohlstand zu ermöglichen? Die Antwort ist ganz klar: Ja.Denn Wirtschaftswachstum bedeutet in erster Linie mehr Beschäftigung. Und es kommt heute im schwer angeschlagenen Umfeld der europäischen Wirtschaft besonders auf den Zusammenhang zwischen Wachstum und Beschäftigung an.Interessant ist, dass die Washington Post gerade am Sonntag einen lesenswerten Artikel von Larry Summers veröffentlicht hat. Der ehemalige US-Finanzminister schreibt dort, dass es kaum ein Zufall sein kann, dass die Jahrzehnte des maximalen Wachstums (1960er und 1990er Jahren) auch das schnellste Beschäftigungswachstum und den schnellsten Anstieg des Lebensstandards der Mittelschicht markieren.Das Wachstum stellt die nötigen Mittel für erhöhte Einnahmen des Bundes bereit und fördert damit den Schutz der lebenswichtigen Sozialprogramme (wie z.B.Social Security und Medicare in den USA), hebt der an der Harvard University lehrende Wirtschaftsprofessor hervor.Und Wachstum schafft v.a. Spielraum für Initiativen wie z.B. Lohnsubventionen (in den USA: EITC, Erweiterung von Steuergutschriften).Wachstum erleichtert zudem die Gestaltung der Geldpolitik.
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Ein Leser fragt, warum ich „den naiven Glauben“ pflege, dass die Wirtschaft im Euro-Raum wachsen muss. Brauchen wir wirklich Wirtschaftswachstum, um Wohlstand zu ermöglichen? Die Antwort ist ganz klar: Ja.
Denn Wirtschaftswachstum bedeutet in erster Linie mehr Beschäftigung. Und es kommt heute im schwer angeschlagenen Umfeld der europäischen Wirtschaft besonders auf den Zusammenhang zwischen Wachstum und Beschäftigung an.
Interessant ist, dass die Washington Post gerade am Sonntag einen lesenswerten Artikel von Larry Summers veröffentlicht hat. Der ehemalige US-Finanzminister schreibt dort, dass es kaum ein Zufall sein kann, dass die Jahrzehnte des maximalen Wachstums (1960er und 1990er Jahren) auch das schnellste Beschäftigungswachstum und den schnellsten Anstieg des Lebensstandards der Mittelschicht markieren.
Das Wachstum stellt die nötigen Mittel für erhöhte Einnahmen des Bundes bereit und fördert damit den Schutz der lebenswichtigen Sozialprogramme (wie z.B.Social Security und Medicare in den USA), hebt der an der Harvard University lehrende Wirtschaftsprofessor hervor.
Und Wachstum schafft v.a. Spielraum für Initiativen wie z.B. Lohnsubventionen (in den USA: EITC, Erweiterung von Steuergutschriften).
Wachstum erleichtert zudem die Gestaltung der Geldpolitik. Auf diese Weise werden verzweifelte Aktionen, die die Finanzstabilität in Zukunft gefährden könnten, vermieden. Mehr Wachstum reduziert auch die Kriminalität und fördert Projekte für den Umweltschutz und nährt den öffentlichen Optimismus, was der nächsten Generation zugute kommt.
Verlangsamung des realen Pro-Kopf-BIP-Wachstums in den hoch entwickelten Volkswirtschaften, USA, Euro-Raum und Japan im Vergleich, Graph: NYTimes
(annualisierte 10-Jahres-Durchschnitt-Wachstumsraten)
Wenn das Wachstum steigt und die Zinsen sich normalisieren und die Löhne der Mittelschicht schneller als die Inflation steigen, dann fällt die Schuldenlast. Und die Kaufkraft der Verbraucher verbessert sich.
Wichtig ist vor diesem Hintergrund, in Erinnerung zu rufen, dass die Mehrzahl der Arbeitsplätze in industrialisierten Volkswirtschaften vom Privatsektor geschaffen wird.
Während die Kapitalkosten heute nahe Null liegen, der Aktienmarkt sich auf Rekordjagd befindet, und Unternehmen Rekord-Gewinnmargen verbuchen, brauchen wir Unternehmen mit noch niedrigeren Unternehmenssteuersätzen und/oder Abbau der Regulierung nicht zu schmieren, argumentiert Summers weiter.
Die Wirtschaftspolitik muss sich seiner Ansicht nach daran orientieren, dass es auf beiden Seiten des Atlantiks seit Jahren an Nachfrage mangelt und es daher entscheidend ist, mit Erhöhung der öffentlichen Investitionen die Nachfrage anzukurbeln, die Kaufkraft der Verbraucher zu verbessern und die Wettbewerbsfähigkeit zu fördern.
Heiner Flassbeck: „Das Ende der Massenarbeitslosigkeit“, Graph: Westend Verlag
Wichtig ist zudem, zu bekräftigen, dass es keinen Zielkonflikt zwischen dem Wachstum und dem Umweltschutz gibt. Man muss mehr Wachstum und Beschäftigung haben, um noch mehr Umweltschutz durchsetzen zu können, wie Heiner Flassbeck in seinem lesenswerten Buch („Das Ende der Massenarbeitslosigkeit“) darlegt.
Das Wirtschaftswachstum ist ausserdem die einzige Möglichkeit, die Laster der Alterung in engen Grenzen zu halten.
„Wenn die Produktivität und die Realeinkommen in den nächsten 20 Jahren weiter steigen, kann man die Lastern der Alterung gut schultern, weil sie sozusagen aus einem grösseren Kuchen bedient werden können. Einen grösseren Kuchen wird es aber nur geben, wenn alle verfügbaren Bäcker (um im Bild zu bleiben) tatsächlich mitbacken können und nicht arbeitslos aussen vor bleiben, was wiederum Wachstum schon heute voraussetzt“, so Flassbeck.
Da die öffentliche Hand in Schweden nach dem Ausbruch der Finanzkrise von 2008 interveniert hat, um möglichst viele Arbeitsplätze vor dem Abbau zu schützen, ist das Einkommen um „nur“ 20% gefallen, wie eine neulich vorgelegte Forschungsarbeitvon McKinsey Global Institute nachdrücklich bemerkt.
Einkommen in fortentwickelten Volkswirtschaften (fallend und/oder stagnierend), Graph: McKinsey Global Institute
Während das Wirtschaftswachstum sich in den USA in den letzten Jahrzehnten verlangsamt hat, neigt das Wachstum auch in den meisten anderen entwickelten Volkswirtschaften zur Schwäche.
Die Regierungen treffen unterschiedliche wirtschaftspolitische Massnahmen einschliesslich Steuer- und Sozialpolitik, wobei eine Linie zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor gezogen wird. Das legt nahe, dass es nur ein wenig Wechselbeziehung zwischen der Grösse des Staates und dem Wachstum gibt, argumentiert Jared Bernstein am Montag in einem Kommentar bei Washington Post.
Wenn Sie also den konservativen Standardspruch hören, dass die Steuern und Staatsausgaben Arbeitsplätze vernichten, dann seien Sie gewarnt: Es handelt sich nicht um eine empirische Evidenz, sondern um eine ideologische Behauptung, betont Bernstein.
Das reale Pro-Kopf BIP versus Steuereinnahmen des Staates als Anteil am BIP, Graph: Jared Bernstein
Die Behauptung, dass die steigende Steuerlast das Wirtschaftswachstum abwürge, würde, wenn sie zuträfe, eine negative Neigung in der oben abgebildeten Kurve beinhalten. Doch die Neigung der Kurve ist eindeutig positiv.
Es gibt heute offensichtlich einen dringenden Bedarf für öffentliche Investitionen in vielen Bereichen. Die Rendite der inflationsgeschützten US-Treasury Bonds beträgt nur noch 0,13%. Im Euro-Raum beläuft sich die Rendite der deutschen inflationsindexierten Bundesanleihen -0,99%.
Mehr Staatsausgaben würden die Wirtschaft in Fahrt bringen, und das Wachstum würde mehr Steuereinnahmen in die Kasse der öffentlichen Hand spülen, wie Paul Krugman in seiner Kolumne am Montag in NYTimes beschreibt. In dieser Analyse sei die mögliche Rolle der öffentlichen Investitionen für die Schaffung von Arbeitsplätzen nicht einmal berücksichtigt, so der am Graduierten Zentrum der City University New York (CUNY) forschende Wirtschaftsprofessor als Fazit.
Wenn die Wirtschaftspolitik für eine gute Konjunktur sorgt, dann gibt es Wachstum und Arbeitsplätze. Nötig ist daher eine angemessene Koordination von Geld-, Fiskal- und Lohnpolitik.