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Zuvor hatten Konzerne wie McDonald's angekündigt, ihr Russland-Geschäft vorerst auszusetzen. Jetzt heißt es aus Moskau: Die Firmen würden "praktisch ihre Kollektive ihrem Schicksal" überlassen.
Westlichen Unternehmen, die wegen Russlands Krieg gegen die Ukraine das Land verlassen, droht nun eine Verstaatlichung ihrer Betriebe und Produktionsstätten.
Die Firmen würden „praktisch ihre Kollektive ihrem Schicksal“ überlassen, sagte der ehemalige russische Präsident Dmitri Medwedew am Donnerstag. Die russische Regierung arbeite deshalb an Schritten, um eine Insolvenz der Unternehmen und dann eine Nationalisierung des Besitzes in die Wege zu leiten, sagte der Vize-Chef des russischen Sicherheitsrates. Vorrangige Aufgabe dabei sei, dass die Menschen nicht auf der Straße landeten.
Auch Unternehmen aus Deutschland betroffen
Auf „Grundlage des von den Investoren in Panik“ zurückgelassenen Vermögens müsse eine neue Produktion aufgebaut werden, meinte Medwedew. „Solch eine Herangehensweise ist objektiv und gerecht.“ Betroffen sind unter anderem Unternehmen aus Deutschland, weiteren EU-Staaten und den USA.
So hatte etwa Volkswagen das Russland-Geschäft in der vergangenen Woche gestoppt. Die Produktion in und der Export von Fahrzeugen nach Russland ist bis auf Weiteres eingestellt. Der Hersteller betreibt in Kaluga südwestlich von Moskau und im weiter östlich gelegenen Nischni Nowgorod eine eigene Autofertigung. VW-Konzernchef Herbert Diess zeigte sich als Anhänger „maximaler Sanktionen“, die aber durch Verhandlungen ergänzt werden müssten.
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine könnte laut Diess noch heftigere Auswirkungen auf die europäische Wirtschaft haben als die Corona-Krise. Auf Dauer beschädigte globale Lieferketten dürften demnach „zu riesigen Preiserhöhungen, Knappheit an Energie und Inflation“ führen, sagte der Manager der „Financial Times“.
In vielen Ländern haben die Folgen des Angriffs auf die Ukraine die Produktion von Autobauern schon ausgebremst, weil Zulieferteile fehlen. Zudem führt der Krieg zu starken Verwerfungen auf den Rohstoffmärkten. Die Preise für Öl und Gas sowie Rohmaterial zogen weiter an, Unternehmen fürchten einen Mangel bei wichtigen Teilen und Betriebsstoffen.
Noch kein konkretes Gesetz in Russland
Noch gibt es kein konkretes Gesetz in Russland, um das Vermögen von Unternehmen zu verstaatlichen, die sich vorerst zurückgezogen haben. Aber die Forderungen prominenter Politiker, auf die Sanktionen des Westens auf diese Weise zu reagieren, nehmen zu – und werden immer lauter. Es wurde erwartet, dass das russische Parlament bald über ein solches Vorgehen entscheidet.
Viele westliche Firmen hatten zunächst nur mitgeteilt, dass der Betrieb ausgesetzt werde. Von unwiderruflichem Rückzug war in den meisten Fällen nicht die Rede. „Was auch immer die Gründe des Weggangs sind, so sollten die ausländischen Firmen verstehen, dass eine Rückkehr auf unseren Markt schon nicht mehr einfach sein wird“, sagte Medwedew.
Kremlsprecher Dmitri Peskow warnte der Agentur Interfax zufolge, dass eine Nationalisierung westlicher Unternehmen und eine Beschlagnahmung des Vermögens für beide Seiten negative Folgen hätte. Auch russischen Firmen droht dann eine Beschlagnahme ihrer Aktiva im Ausland. Es gibt inzwischen auch Vorschläge, dass das Vermögen wegen der Sanktionen treuhänderisch verwaltet wird.
Wirtschaftliche Erholung verlangsamt sich
Die Folgen des Ukraine-Krieges setzen auch Deutschlands Exporteure und Großhändler unter Druck. Laut einer Umfrage des Bundesverbandes Groß- und Außenhandel (BGA) sehen sich bislang knapp ein Drittel der Unternehmen von Sanktionen gegen Russland und den Gegensanktionen betroffen.
„Die Folgen der Corona-Pandemie sind noch nicht überwunden. Durch den Krieg und die verhängten Sanktionen verlangsamt sich die wirtschaftliche Erholung in Deutschland weiter“, sagte BGA-Präsident Dirk Jandura am Donnerstag in Berlin. Die große Mehrheit der Unternehmen unterstütze aber die Sanktionen.
Zwar machen die Beziehungen zu Russland nur 3 Prozent des deutschen Außenhandels aus. „Doch in einer vernetzten Wirtschaft reichen die Auswirkungen oft weiter“, sagte Jandura. Unternehmen berichteten beispielsweise vom eingeschränkten Handel mit Aluminium oder fehlenden Getreidelieferungen, von unterbrochenen Lieferketten oder fehlenden Lkw-Fahrern, die häufig aus der Ukraine stammten. (dpa/red)