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Im Anleihesegment lohnt der Blick über den Atlantik

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Witold Bahrke, Senior-Stratege bei Nordea Asset Management. "Der Blick über die kurzfristigen konjunkturellen Unsicherheiten hinaus zeigt, dass die strukturellen Ursachen für den Niedrigzins keineswegs verschwunden sind. Mittelfristig gesehen ist daher jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, sich von Anleihen als Anlageklasse zu verabschieden", sagt Witold Bahrke, Senior-Stratege bei Nordea Asset Management. Für Anleger brachte der vergangene Sommer einen subtilen aber entscheidenden Perspektivwechsel: Reflationshoffnungen gewannen an Boden, und die globalen Renditen begannen zu steigen. So überrascht es nicht, dass die Analysten für 2017 mit Zinserhöhungen rechnen. Müssen Anleiheanleger jetzt Deckung suchen? Die Antwort auf diese Frage ist nicht offensichtlich. Schliesslich darf man nicht vergessen, dass die Renditen im kürzeren US-Anleihesegment in den vergangenen zehn Jahren jedes Jahr hinter den Prognosen zurückgeblieben sind. Angesichts der aktuell hohen makroökonomischen Unsicherheiten sind Anleihen weiterhin eine sinnvolle Anlageklasse – wobei es aber entscheidend auf den Markt ankommt. Lohnend erscheinen US-Anleihen, die eine ausgesprochen gute Figur machen – sowohl absolut als auch im Vergleich mit den anderen entwickelten Anleihenmärkten.

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Witold Bahrke, Senior-Stratege bei Nordea Asset Management.

"Der Blick über die kurzfristigen konjunkturellen Unsicherheiten hinaus zeigt, dass die strukturellen Ursachen für den Niedrigzins keineswegs verschwunden sind. Mittelfristig gesehen ist daher jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, sich von Anleihen als Anlageklasse zu verabschieden", sagt Witold Bahrke, Senior-Stratege bei Nordea Asset Management.

Für Anleger brachte der vergangene Sommer einen subtilen aber entscheidenden Perspektivwechsel: Reflationshoffnungen gewannen an Boden, und die globalen Renditen begannen zu steigen. So überrascht es nicht, dass die Analysten für 2017 mit Zinserhöhungen rechnen. Müssen Anleiheanleger jetzt Deckung suchen?

Die Antwort auf diese Frage ist nicht offensichtlich. Schliesslich darf man nicht vergessen, dass die Renditen im kürzeren US-Anleihesegment in den vergangenen zehn Jahren jedes Jahr hinter den Prognosen zurückgeblieben sind. Angesichts der aktuell hohen makroökonomischen Unsicherheiten sind Anleihen weiterhin eine sinnvolle Anlageklasse – wobei es aber entscheidend auf den Markt ankommt. Lohnend erscheinen US-Anleihen, die eine ausgesprochen gute Figur machen – sowohl absolut als auch im Vergleich mit den anderen entwickelten Anleihenmärkten.

Ein Blick zurück zeigt: die Zinsdifferenzen zwischen den USA und Europa sind seit der Finanzkrise kontinuierlich gestiegen. Für zehnjährige Staatsanleihen liegen sie mittlerweile auf dem höchsten Niveau seit 1989. Damals betrug die Inflation 4,8%, und die Notenbank war noch mit der vom ehemaligen Fed-Präsidenten Volckers initiierten Inflationsbekämpfung beschäftigt. Heute liegen die Dinge komplett anders, denn die Weltwirtschaft hat die mit der Lehman-Insolvenz ausgelösten Deflationsängste nicht wirklich überwunden, und die Inflation ist mit 1,6% relativ niedrig.

Diese Zinsschere ist unter anderem der Tatsache geschuldet, dass sich die USA schneller erholt haben als Europa. Sie öffnet sich weiter, je stärker die US-Konjunktur an den übrigen Ländern vorbeizieht – aber auch andere Faktoren spielen eine Rolle. So haben die Spreads in jüngster Zeit vor allem zugelegt, weil die Marktteilnehmer auf steigendes Wachstum und eine moderat anziehende Inflation setzen. Ganz gleich, ob sich diese rosigen Reflationshoffnungen erfüllen oder nicht, bietet der US-Anleihenmarkt aber im globalen Vergleich bemerkenswert attraktive Anlagechancen.

US-Anleihen im Vergleich: Volkswirtschaftliche Hausse- und Baisse-Szenarien
Betrachtet man zunächst das Negativszenario. Die Märkte haben die widersprüchlichen Elemente der "Trumponomics" weitgehend ignoriert und erwarten sowohl höheres Wachstum als auch mehr Protektionismus und eine restriktivere Geldpolitik. Sollte sich herausstellen, dass die Reflation doch nur ein schöner Traum war und dass die negativen Faktoren die positiven weitgehend neutralisieren, steigt vermutlich die Nachfrage nach als sicher geltenden Anleihen (Stichwort "sicherer Hafen"). Angesichts der deutlich höheren Renditen im US-Segment und den im Vergleich mit anderen entwickelten Märkten entsprechend niedrigeren Kursen spräche in diesem Fall das höhere Ertragspotenzial sehr deutlich für die Region.

Laufen die Dinge wie erhofft, werden höheres reales Wachstum und höhere Inflation Wirklichkeit. Trotzdem blieben US-Anleihen im Vergleich mit ihren Pendants hoch attraktiv. Durch seinen Handelsüberschuss gegenüber den USA würde Europa sehr wahrscheinlich deutlich von einer höheren US-Nachfrage profitieren. Dadurch würde die europäische Wirtschaft über ihrem Trend wachsen, und die EZB müsste vermutlich ihren aktuellen Kurs aufgeben. In den USA rechnen die Märkte angesichts steigender Inflationserwartungen und sinkender Arbeitslosigkeit bereits heute mit kontinuierlichen Zinserhöhungen. Ganz anders in Europa, wo bisher keine nennenswerte Richtungsänderung in der EZB-Politik erwartet wird. Selbst wenn sich also die Konjunkturhoffnungen erfüllen, wären die Abwärtsrisiken im US-Anleihenmarkt geringer als in Europa.

Wie sich Trumps protektionistische Ambitionen auswirken, ist schwer vorherzusagen. Sollte Trump bei seiner harten Linie bleiben, würde die US-zentrische Handelspolitik nur geringe bis gar keine internationalen Wachstumseffekte erlauben, und die Welt bliebe weitgehend aussen vor. Allerdings könnten die Zinsen in Europa unter diesen Bedingungen steigen, weil Protektionismus letztendlich inflationär wirkt – und höhere Inflationserwartungen schlagen in Europa vermutlich stärker zu Buche als in den USA. Mehr Protektionismus würde aber früher oder später auch die Weltwirtschaft schwächen und die Nachfrage nach "sicheren" Anleihen erhöhen. Das wiederum dürfte die Abwärtsrisiken an den entwickelten Anleihenmärkten begrenzen und die Attraktivität von US-Anleihen tatsächlich noch stärken.

Abschliessende Analyse: US-Anleihen nicht abschreiben
Ungeachtet der relativen Attraktivität von US-Anleihen stellt sich natürlich die Frage ihres Gesamt-Ertragspotenzials. Die strukturelle Hausse im Anleihenmarkt wurde von niedrigerem Wachstumspotential und höheren Ersparnissen getragen, die die Renditen konsequent auf Talfahrt schickten. Dieser Trend kehrte sich aber im Sommer 2016 um, als Reflationshoffnungen zu Renditesteigerungen führten. Die sich aus diesem Stimmungsumschwung ergebenden Abwärtsrisiken im Zinssegment sollten nicht ausser Acht gelassen werden. Andererseits gilt aber auch, dass sich an den strukturellen Gründen für die niedrigen Zinsen auf absehbare Sicht wenig ändern dürfte. Viele der jetzt diskutierten Politikwechsel in den USA werden mit niedrigerem Wachstum andernorts erkauft – im besten Fall ein Nullsummenspiel. Trumps Steuersenkungen könnten durchaus die Ersparnisse steigen lassen, weil die wohlhabenderen Teile der Bevölkerung mit den höchsten Sparquoten zumindest bislang stärker von solchen Massnahmen profitiert haben. Auch die demographische Entwicklung spielt für die Sparquote eine wichtige Rolle. Und auf den langfristigen Alterungstrend der Bevölkerung haben die wechselnden politischen Mehrheiten keinen Einfluss – dass Trump Amerika wieder jünger machen kann, ist unwahrscheinlich. Der Blick über die kurzfristigen konjunkturellen Unsicherheiten hinaus zeigt, dass die strukturellen Ursachen für den Niedrigzins keineswegs verschwunden sind. Mittelfristig gesehen ist daher jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, sich von Anleihen als Anlageklasse zu verabschieden. Hinzu kommt, dass positive Ertragsüberraschungen heute eher möglich sind – besonders in den USA.


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