Summary:
Der rückläufige Trend der langfristigen Zinssätze ist ein Phänomen, das in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften seit den 1990er Jahren beobachtet wird.Die Zentralbanken in den USA, in Europa und Japan schenken dieser Entwicklung insbesondere seit dem Ausbruch der Great Recession eine zunehmende Aufmerksamkeit.Reflektiert wird damit die Besorgnis der Notenbanken über das nachlassende Wirtschaftswachstum und den schwächer als ...
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Der rückläufige Trend der langfristigen Zinssätze ist ein Phänomen, das in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften seit den 1990er Jahren beobachtet wird.Die Zentralbanken in den USA, in Europa und Japan schenken dieser Entwicklung insbesondere seit dem Ausbruch der Great Recession eine zunehmende Aufmerksamkeit.Reflektiert wird damit die Besorgnis der Notenbanken über das nachlassende Wirtschaftswachstum und den schwächer als ...
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Der rückläufige Trend der langfristigen Zinssätze ist ein Phänomen, das in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften seit den 1990er Jahren beobachtet wird.
Die Zentralbanken in den USA, in Europa und Japan schenken dieser Entwicklung insbesondere seit dem Ausbruch der Great Recession eine zunehmende Aufmerksamkeit.
Reflektiert wird damit die Besorgnis der Notenbanken über das nachlassende Wirtschaftswachstum und den schwächer als erwartet auftretenden Verlauf der Inflation.
Das BIP hebt sich zwar in den USA, in Europa und Japan gegenwärtig vom Boden etwas auf. Aber die Wachstumsrate bleibt deutlich unter dem Potenzialwachstum.
Vor diesem Hintergrund ist es naheliegend, dass die Zentral-Banker und Akademiker sich nun intensiv mit den Faktoren befassen, die zu langfristigen Zinsentwicklungen beitragen, wie Sayuri Shirai in einem lesenswerten Artikel in voxeu zusammenfasst.
Es geht dabei auch um die Frage der Einschätzung, ob die gegenwärtige Geldpolitik in diesem Umfeld der Wirtschaft ausreichend akkommodierend ist oder nicht.
Der Verlauf der langfristigen Real-Zinsen, Graph: Sayuri Shirai in voxeu: „Declining long-term interest rate and implications for monetary policy“, Oct 6, 2017
Wichtig ist, in Erinnerung zu rufen, dass die langfristigen Nominal-Zinsen in drei Faktoren zerlegt werden können:
Die erwarteten kurzfristigen Real-Zinsen (was den natürlichen Zinssatz widerspiegeln würde).
Die Laufzeitprämie (term premium), das ist die Entschädigung für die Investoren, dass sie in langfristige Anleihen investieren, statt in kurzfristige.
Die langfristigen Inflationserwartungen.
Der Verlauf der kurzfristigen Real-Zinsen, Graph: Sayuri Shirai in voxeu: „Declining long-term interest rate and implications for monetary policy“, Oct 6, 2017
Die mengenmässige Lockerung der Geldpolitik (QE policy) der Fed hat zwar die Renditen am langen Ende der Ertragskurve nach unten gedrückt, aber die Bond-Investoren erwarten heute keinen Anstieg der Laufzeitprämie, auch wenn die Fed inzwischen eine Reduktion der Wertpapierkäufe (sog. tapering) kristallklar angekündigt hat.
Die Laufzeitprämie dürfte demnach noch lange unterhalb des langfristigen Durchschnitts verlaufen.
Und dazu gibt es handfeste Gründe: (1) Die Fed will die QE-Politik schrittweise zurückfahren. (2) Während die US-Notenbank die geldpolitische Wende allmählich einführen will, sind die EZB und die Bank of Japan immer noch daran, die akkommodierende Geldpolitik fortzusetzen. Das bedeutet u.a. die Fortsetzung der starken Nachfrage nach US Treasury Bonds.
Genau genommen beschreibt die Metrik „term premium“ die zusätzliche Entschädigung, die die Investoren verlangen, längerfristige Schuldtitel zu kaufen statt kurzfristige.
Wie der Name schon sagt, sollte die Laufzeitprämie einen positiven Wert aufweisen, wie es in den vergangenen 50 Jahren fast immer der Fall war. Im Jahr 2016 hat sich jedoch die Laufzeitprämie ins Negative gedreht und beträgt heute minus 0,27% auf 10 Jahre.
Die Laufzeitprämie (term premium) der US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit ist negative, Graph: Liz McCormick BloombergTV, Oct 6, 2017.
Da die Laufzeitprämie nicht direkt beobachtbar und notorisch schwer zu messen ist, geht mit dem Begriff eine etwas nebulöse Qualität einher, wie Bloomberg beschreibt.
Nach Aussage des ehemaligen Fed-Vorsitzenden Ben Bernanke ist aber die Laufzeitprämie einer der drei Hauptkomponenten, die die Rendite einer bestimmten Anleihe ausmachen.
Bernanke hat darauf hingewiesen, dass die Grössenordnung der Laufzeitprämie den Puffer widerspiegelt, den die Anleger angesichts von zwei Risiken verrechnen müssen.
Das erste betrifft das Potenzial für das zusätzliche Angebot, das auf den Markt kommen kann. Das würde sich heute auf die Ankündigung der Fed beziehen, den Kauf von Anleihen zurückzufahren.
Das zweite Risiko umfasst das Unerwartete, dass z.B. die Erwartungen im Markt in Sachen Inflation sich als falsch erweisen.
Inflationserwartungen, das implizierte Zins-Risiko und die Laufzeitprämie (term premium) der US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit, Graph: Liz McCormick BloombergTV, Oct 6, 2017.
Daher gilt: je weniger die Anleiheinvestoren sicher sind, was ihre Erwartungen und Überzeugungen betrifft, desto höher wird die Laufzeitprämie, und umgekehrt.
Fazit: Wenn die Laufzeitprämie signifikant zulegen sollte, dürften die Preise von riskanten Vermögenswerten heftig ins Schleudern geraten, die ja ihre zukünftigen Cash-Flows auf Basis von Renditen der US Treasury Bonds abzinsen (diskontieren).