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UBCS — Einsprache, Hochwürden

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In der Presse überstürzen sich die Meldungen, der Bundesrat orchestriere eine Übernahme der Credit-Suisse durch die UBS. Diese Idee wäre dermassen schlecht, dass ich wenigstens vor der Zwangsheirat noch Einsprache erheben will — nach dem Motto der Hollywood-Filme, in denen der Priester sagt: „Wenn jemand etwas gegen diese Verbindung einzuwenden hat, möge er jetzt sprechen oder auf ewig schweigen.“ Eine Übernahme der CS als Ganze oder in grossen Teilen, wäre zunächst ein Riesenlupf für die UBS selbst. Das weiss sie selber natürlich auch. Aber der Reiz, Retter zu sein, kann die Sinne vorübergehend trüben. Ich erinnere mich, als ich kurz nach der UBS-Rettung in einem Lokal gefeiert wurde, als jemand hörte, ich arbeite bei der Nationalbank. „Amis, il ya un de la BNS!“ schrie jemand, und

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In der Presse überstürzen sich die Meldungen, der Bundesrat orchestriere eine Übernahme der Credit-Suisse durch die UBS. Diese Idee wäre dermassen schlecht, dass ich wenigstens vor der Zwangsheirat noch Einsprache erheben will — nach dem Motto der Hollywood-Filme, in denen der Priester sagt: „Wenn jemand etwas gegen diese Verbindung einzuwenden hat, möge er jetzt sprechen oder auf ewig schweigen.“

Eine Übernahme der CS als Ganze oder in grossen Teilen, wäre zunächst ein Riesenlupf für die UBS selbst. Das weiss sie selber natürlich auch. Aber der Reiz, Retter zu sein, kann die Sinne vorübergehend trüben. Ich erinnere mich, als ich kurz nach der UBS-Rettung in einem Lokal gefeiert wurde, als jemand hörte, ich arbeite bei der Nationalbank. „Amis, il ya un de la BNS!“ schrie jemand, und dann wurde Schnaps aufgefahren. Trotzdem wäre die Integration der CS in die UBS tatsächlich eine Schnapsidee. Die Schweizer Banken haben nicht mehr die Rentabilitätsversicherung des Bankgeheimnisses in alter Form und den Komfort eines eher lahmen Wettbewerbs. Eine Bank wie die UBS hat im scharfen internationalen Wettbewerb selber genug zu kämpfen, ohne sich mit einem chronisch kranken Notfallpatienten abzumühen.

Eine Grossbank UBCS hätte in der Schweizer Bankenszene eine Sonderstellung als XL-Too-Big-To-Fail. Eine künftige Krise wäre noch schwieriger zu lösen. Ferner stünde eine solche Bank dauernd unter der Lupe der Politik. Handelt sie umweltfreundlich, genderneutral, angestelltenfreundlich im Sinne der Work-Life-Balance und nimmt sie auch ja kein Geld von den dannzumalig Bösen? Und wenn es etwas zu retten gibt: Die UBCS hat doch Geld. Alles recht und gut, aber es gibt auch die Ertrags-Kosten-Balance, ohne die alles andere auch nichts wird.

Was wäre denn mit dem Wettbewerb im inländischen Kreditgeschäft und auf dem Hypothekarmarkt. Bei der Fusion UBS-Bankverein im Jahr 1997 formulierte die Wettbewerbskommission immerhin eine Liste von Bedingungen, die den Wettbewerb schützen sollten. Und wollen wir eine Super-GrossBank, die fast zwangsläufig zur Marktführerin im Hypothekargeschäft würde, deren Zinssetzung also die Znssätze der anderen Banken mit sich zöge.

Vor allem ist eine Rettung durch die UBS — wenn wir den Behörden glauben durften — gar nicht notwendig. Die TBTF-Regulierung wurde in mehreren Schritten verschärft und verbessert. Heute kann eine Bank — mindestens ihre inländischen Teile — im Prinzip ohne Konkurs saniert werden. Bei der CS und ihren systemrelevanten Konkurrentinnen gibt es erstens die gesetzlichen Eigenmittel, die offenbar noch vorhanden sind. Zweitens gibt es zwei Tranchen von Anleihen, die automatisch von Schulden zu neuen Eigenmitteln werden, die erste bei Eigenmittelknappheit, die zweite bei einer Zwangssanierung unter Regie der Finma. Dreittens gibt es die Konkursprivileg und Einlegerschutz für die „kleinen“ Einleger (bis 100’000 CHF). und last but not least, hat die Finma weitreichende Kompetenzen, eine Bank zu restrukturieren und notfalls entlang der „Sollbruchstellen“ aufzuteilen. Diese Architektur soll sicherstellen, dass Banken bei laufendem Betrieb saniert werden kömnnen und dass die Verluste von den Aktionären getragen werden, also von jenen, denen in einer Marktwirtschaft Gewinne und Verluste gehören.

Diese Regeln gehen letztlich auf die Bankenkrise der frühen 1990er Jahre — vor allem den Untergang der S+L Thun — zurück. Damals zeigte sich, dass es in der Schweiz bei einem Bankenproblem nur zwei „Lösungen“ gab: Konkurs mit Scherbenhaufen oder Rettung durch eine Gotte. Dreissig Jahre, ein Dutzend Expertengruppen sowie ein paar Gesetze später sind wir angeblich wieder am selben Punkt: Die Gotte UBS muss uns vor dem Scherbenhaufen retten.

Wenn das stimmt, sind wir einem Wolkenkuckucksheim — der Sanierung einer TBTF-Bank ohne öffentliche oder private Gönnerschaft — aufgesessen. Et mea culpa: Ich habe einen grossen Teil meines beruflichen Engagements in diese angebliche Illusion investiert. Und ich habe der Finma und der SNB geglaubt, dass der Werkzeugkasten in einer Krise angewendet und funktionieren würde. Und jetzt machen sie ihn nicht einmal auf.

Der Bundesrat sei daran erinnert, dass in vielen Ländern Banken auch einmal vorübergehend verstaatlicht wurden, bevor sie dann mit der notwendigen Geduld wieder in die Marktwirtschaft ausgewildert wurden.

Schlussbemerkung: Ich habe diesen Beitrag unter Zeitdruck, den Umständen entsprechend unvollständiger Information und im Schock über die Idee der UBCS-Fusion geschrieben. Für beruhigende Kritik bin ich äusserst dankbar.

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Urs Birchler
Professor für Banking am Institut für Banking und Finance (IBF) an der Universität Zürich. Doktorat in Volkswirtschaftslehre; mehrjährige Tätigkeit als Direktionsmitglied bei der Schweizerischen Nationalbank, einschliesslich Vertretung der SNB im Basler Ausschuss für Bankenaufsicht; Aufbau und Leitung der Research Task Force des Basler Ausschusses. Forschungsschwerpunkte: Banken, Finanzmärkte, Regulierung, Informationsökonomik.

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