Von Dr. Hubertus Porschen, Vorsitzender des Verbandes “Die Jungen Unternehmer“, CEO der App-Arena GmbH. Noch nie von Nudging gehört? Dann sollten Sie das schnell ändern. Denn betroffen sind wir alle. Aus dem Englischen übersetzt bedeutet Nudging „schubsen“. Es ist ein Werkzeug, mit dem menschliche Schwächen systematisch korrigiert oder ausgenutzt werden können – ein Schubser in die vermeintlich richtige Richtung. Im Bundeskanzleramt gibt es dafür seit 2015 drei Referenten – bislang. Verhaltensmuster lenken Das Konzept des Nudging stammt aus der Verhaltensökonomie. Es setzt auf psychologische Methoden, um menschliche Entscheidungen zu beeinflussen, zu lenken, zu manipulieren. Da klassische Marketingstrategien an Einfluss verlieren, bedient sich neuartiges Marketing mittlerweile des Nudging. Ohne sich manipuliert zu fühlen, soll der Kunde sich zum Kauf entscheiden. Aus meiner Sicht eine fragwürdige Praxis. Unbegrenzte Ideen für staatliches Nudging Auch der Staat möchte Nudging nutzen. Er will bestimmte Verhaltensweisen seiner Bürger korrigieren, da sie in seinen Augen zu viele Fehlentscheidungen treffen, weil sie emotional oder spontan handeln, oder zu träge seien. Zugleich kann nicht alles mit staatlichen Ge- oder Verboten belegt werden.
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Von Dr. Hubertus Porschen, Vorsitzender des Verbandes “Die Jungen Unternehmer“, CEO der App-Arena GmbH.
Noch nie von Nudging gehört? Dann sollten Sie das schnell ändern. Denn betroffen sind wir alle. Aus dem Englischen übersetzt bedeutet Nudging „schubsen“. Es ist ein Werkzeug, mit dem menschliche Schwächen systematisch korrigiert oder ausgenutzt werden können – ein Schubser in die vermeintlich richtige Richtung. Im Bundeskanzleramt gibt es dafür seit 2015 drei Referenten – bislang.
Verhaltensmuster lenken
Das Konzept des Nudging stammt aus der Verhaltensökonomie. Es setzt auf psychologische Methoden, um menschliche Entscheidungen zu beeinflussen, zu lenken, zu manipulieren. Da klassische Marketingstrategien an Einfluss verlieren, bedient sich neuartiges Marketing mittlerweile des Nudging. Ohne sich manipuliert zu fühlen, soll der Kunde sich zum Kauf entscheiden. Aus meiner Sicht eine fragwürdige Praxis.
Unbegrenzte Ideen für staatliches Nudging
Auch der Staat möchte Nudging nutzen. Er will bestimmte Verhaltensweisen seiner Bürger korrigieren, da sie in seinen Augen zu viele Fehlentscheidungen treffen, weil sie emotional oder spontan handeln, oder zu träge seien. Zugleich kann nicht alles mit staatlichen Ge- oder Verboten belegt werden. Bekanntestes Beispiel für staatliches Nudging ist die Gestaltung von Zigarettenpackungen, die Raucher abschrecken soll. Künftig könnten noch viele andere Branchen von Eingriffen betroffen sein, denn die Wunschliste für staatliches Nudging ist unbegrenzt: Die Menschen sollen sich gesünder ernähren, weniger Fleisch essen, das Klima schonen, für das Alter vorsorgen, Organe spenden, moralisch gut handeln und und und. Als Unternehmer sehen wir die staatliche Beeinflussung der Menschen kritisch, zumal auch in die unternehmerische Freiheit eingegriffen wird.
Nudging soll „Gutes“ bewirken
Die meisten Leute sind sich einig: Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ein wichtiger Faktor im Arbeitsleben. Hier soll zwischen Männern und Frauen Gleichberechtigung herrschen. In der Elternzeit werden auch Väter ermutigt, sich eine Auszeit zu nehmen und ein paar Monate auf den Nachwuchs aufzupassen. Das Ehegattensplitting führt jedoch langfristig zu einem entgegengesetzten Effekt. Die steuerlichen Vorteile führen dazu, dass sich der Job der Frau in der Partnerschaft oftmals nicht mehr lohnt – sie bleibt zu Hause. Ein Schubser in die falsche Richtung, denn so fördert man keine Geschlechtergerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt. Ein weiterer fragwürdiger Nudge, mit ähnlicher Wirkung, ist das Betreuungsgeld. Familien werden dafür belohnt, ihre Kinder nicht in eine Betreuungsstelle zu schicken. Die Mütter müssen zweimal überlegen, ob nun eine Teilzeit-Stelle, oder doch der komplette Verzicht auf einen Job lohnenswerter ist.
Paternalismus versus mündige Bürger
Der paternalistische Staat geht vom Grundsatz aus, dass der Staat weiß, was gut ist für seine Bürger. Entsprechend lenkt er sie. Befürworter einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung lehnen diese Sichtweise kategorisch ab. Klug geworden durch historische Erfahrungen gehen sie von einem anderen Ansatz aus: Von dem mündigen, eigenverantwortlichen Bürger, der frei handeln kann und darf, solange er die Freiheit seiner Mitbürger nicht beschränkt. Das Ergebnis ist eine offene, pluralistische Gesellschaft, die auch unternehmerische Freiheit umfasst.
Subtile Manipulation politischen Denkens
Politisches Nudging beinhaltet immer ein normatives Urteil, d.h. ein Werturteil, wie bestimmte Dinge in der Welt beschaffen sein sollen. Nudging für eine politische Agenda kann leicht in falsche Hände gelangen. Das ist brandgefährlich. Wissend, dass Menschen dem Schwarmverhalten unterliegen, können sie im Denken und Akzeptieren subtil dorthin getrieben werden, wo man sie haben will!
Eigenständigkeit und Eigenverantwortung werden untergraben
Wir erleben derzeit in der Politik – weltweit – eine wachsende Missachtung und Geringschätzung von Fakten. An ihre Stelle treten zunehmend Gefühlsströmungen. Insbesondere durch die sozialen Medien haben die Verstärkermechanismen für „gefühlte“ Zusammenhänge und Behauptungen stark zugenommen. Für den Staat mag es verlockend sein, gewisse postfaktische Tendenzen in seinem Sinne zu lenken. Das eigenständige Denken und Handeln des Einzelnen – als Bürger, Verbraucher, Unternehmer – wird untergraben. Dadurch werden die Grundlagen einer freiheitlichen, pluralistischen Gesellschaft schleichend ausgehöhlt. Nudging für die politische Agenda ist deshalb ein klares No Go!