Die Miet- und Häuserpreise in den Ballungszentren sind in Deutschland in den letzten Jahren rasant gestiegen. Günstiger Wohnraum ist kaum mehr vorhanden. Dieser Beitrag warnt vor den gesellschaftlichen Spannungen, die sich daraus ergeben können und zeigt, dass hier die staatliche Regulierung versagt hat. In den letzten Jahren ist es in Deutschland, insbesondere in den Ballungszentren, zu einem rasanten Anstieg der Mieten und Eigenheimpreise gekommen. Diese Entwicklung klafft, trotz zuletzt auch deutlich gestiegener Arbeitseinkommen, immer mehr mit der Einkommensentwicklung auseinander. Dies führt zwangsläufig über kurz oder lang zu massiven gesellschaftspolitischen Spannungen. Einkommensschwache sind immer weniger in der Lage die Steigerungen der Mieten zu bezahlen. War früher von Mieterverbänden eine Belastungsquote von rd. 33% des Nettoeinkommens noch als wirtschaftliche Obergrenze angesehen worden, hat der Gesetzgeber diese bereits auf 40% angehoben. Mieten setzen sich ja auch nicht mehr nur aus den Grundmieten zuzüglich der ungedeckelten Betriebskosten zusammen, sondern die ungedeckelten Modernisierungskosten sind zur dritten Miete geworden, die Mieter mit unvorhersehbaren Mietkostensteigerungen bedrohen. Angetrieben wird diese Entwicklung durch eine ganze Reihe von Faktoren.
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Die Miet- und Häuserpreise in den Ballungszentren sind in Deutschland in den letzten Jahren rasant gestiegen. Günstiger Wohnraum ist kaum mehr vorhanden. Dieser Beitrag warnt vor den gesellschaftlichen Spannungen, die sich daraus ergeben können und zeigt, dass hier die staatliche Regulierung versagt hat.
In den letzten Jahren ist es in Deutschland, insbesondere in den Ballungszentren, zu einem rasanten Anstieg der Mieten und Eigenheimpreise gekommen. Diese Entwicklung klafft, trotz zuletzt auch deutlich gestiegener Arbeitseinkommen, immer mehr mit der Einkommensentwicklung auseinander. Dies führt zwangsläufig über kurz oder lang zu massiven gesellschaftspolitischen Spannungen. Einkommensschwache sind immer weniger in der Lage die Steigerungen der Mieten zu bezahlen. War früher von Mieterverbänden eine Belastungsquote von rd. 33% des Nettoeinkommens noch als wirtschaftliche Obergrenze angesehen worden, hat der Gesetzgeber diese bereits auf 40% angehoben. Mieten setzen sich ja auch nicht mehr nur aus den Grundmieten zuzüglich der ungedeckelten Betriebskosten zusammen, sondern die ungedeckelten Modernisierungskosten sind zur dritten Miete geworden, die Mieter mit unvorhersehbaren Mietkostensteigerungen bedrohen.
Angetrieben wird diese Entwicklung durch eine ganze Reihe von Faktoren.
Tiefe Zinsen
Hierzu zählt die Modernisierung der Altbaubestände, die insbesondere im Zuge einer energetischen Modernisierung und im Zuge einer ungedeckelten Modernisierungsumlage neben dem normalen Mietzins zu drastischen Preissprüngen bei Mieten führt. Derzeit gilt eine pauschale 11% Umlage der Modernisierungskosten zuzüglich der normalen Mieten, die auch permanent nach Tilgung der Modernisierungskosten durch die Mieter als Bestandteil der Mietkosten bestehen bleibt (Ratchet-Effekt).
Aufgrund der derzeit extrem niedrigen Finanzierungskosten für Kredite zur Modernisierung von Immobilien von 0,75% für KfW-Kredite und etwa 1,5% für solche von Geschäftsbanken, ist ein Fehlanreiz entstanden, der bei rd. 2% Finanzierungskosten einen risikolose Einweganreiz für massive Modernisierungsinvestitionen schafft, da diese im Vergleich zu allen anderen Anlageformen nach Abzug der Finanzierungskosten eine jährliche Rendite von 8 bis 9% abwerfen. Daran würde letztendlich auch eine Senkung der Umlage von 11% auf 8% nur geringfügig etwas ändern, da bei alternativen nahezu risikolose Anlageformen wie beispielsweise Staatsanleihen oder Bundesschatzbriefe die Rendite weiterhin um ein Vielfaches unten denen bei der Modernisierung von Wohnimmobilien liegt. Es ist eine direkte Folge der Nullzinspolitik der EZB, die dieses Ungleichgewicht am Immobilienmarkt herbeigeführt hat.
In etwa sind rd. 50% der Wohnimmobilien in Deutschland vor 1950 erstellt worden. Viele stammen noch aus dem Bauboom der Jahrhundertwende des 19. zum 20. Jahrhundert. Deren rasante Modernisierung nicht zuletzt aufgrund staatlicher Regulierung zur Energiewende dieses Segments im Immobilienmarkt dürfte zu massiven Kostensprüngen im Immobilienmarkt in diesem Bereich führen.
Demographie
Ein weiterer Faktor liegt in der demographischen Entwicklung in Deutschland begründet. Traditionell gab es in ländlichen Räumen einen Geburtenüberschuss, der durch Wanderungsbewegungen in die Ballungszentren den dortigen Geburtenmangel ausglich. Es ergab sich hieraus ein gewisses Gleichgewicht durch Wanderungen zwischen ländlichen und urbanen Räumen.
Nun ist aber diese Entwicklung seit langem gestört. In Deutschland ist aufgrund niedriger Geburtenzahlen die Bevölkerungsentwicklung insgesamt langfristig negativ. Dies führt aufgrund auch in ländlichen Räumen sinkender Bevölkerungszahlen dazu, dass sich dort die Standortqualitäten deutlich verschlechtern. Die Versorgung mit Infrastruktur und das Angebot von Arbeitsplätzen nehmen tendenziell ab. Als Folge davon wandern insbesondere die Jüngeren in die Ballungszentren ab, weil dort die Lebensverhältnisse deutlich günstiger sind. Im Zuge der Wiedervereinigung Ostdeutschlands seit Beginn der 1990er Jahre hat sich mit dem Zusammenbruch der ostdeutschen Wirtschaft nach Einführung der DM diese Entwicklung besonders dramatisch in Ostdeutschland noch beschleunigt. Die Entvölkerung ganzer Regionen ist zu einem massiven Problem in Ostdeutschland geworden.
Der wachsende Zuzug junger Menschen in die Ballungszentren, die oftmals im Zuge einer nur dort möglichen Ausbildung an Universitäten auch berufliche Qualifikationen erwerben, die eher in Ballungsgebieten auch Beschäftigungsmöglichkeiten bieten, schafft dort Nachfragedruck nach bezahlbaren Wohnraum, da in der Regel die Einkommensverhältnisse dieser Bevölkerungsteile dazu führen, dass sie sich den teuren Wohnraum, der eher dort angeboten wird, nicht leisten können. Aufgrund der ungleichen Lebensverhältnisse zwischen Stadt und Land ist auch die Neigung selbst dann gering auf das Land zu ziehen, wenn dort eine starke Nachfrage nach beispielsweise Ärzten, etc. existiert.
Die Alterung der Bevölkerung in den Ballungszentren führt aufgrund der sinkenden Alterseinkommen im Vergleich zu denen der erwerbstätigen Bevölkerung ebenfalls zu einem wachsenden Ungleichgewicht zwischen Zahlungsfähigkeit und Wohnungsmarktangebot nach Wohnraum. Da Frauen in der Regel deutlich niedrigere Renten als männliche Rentner aufgrund ungünstigerer Erwerbsbiographien bei gleichzeitig höherer durchschnittlicher Lebenserwartung von ca. 7 bis 8 Jahren als Männer haben, geraten diese in zunehmende Schwierigkeiten sich noch in ihren angestammten Wohnquartieren zu behaupten. Sie werden durch die wachsende Gentrifizierung der Wohnquartiere in den Ballungszentren mit günstigen, d.h. auch für einkommensschwache bezahlbaren Wohnraum, verdrängt.
Internationale Investoren
Da Deutschland im internationalen Vergleich bisher eine moderate Entwicklung bei Immobilienpreisen und Mieten in den zurückliegenden Jahren zu verzeichnen hatte, ist es auch zum Ziel von internationalen Investoren geworden, die auf eine Angleichung der Immobilienpreise und Mieten an das Niveau im Ausland spekulieren. Dies schafft eine zusätzliche spekulative Nachfrage, die insbesondere die Immobilienpreise nach oben treibt.
Zuwanderung
Die Zuwanderungspolitik der Bundesregierung des letzten Jahres hat dem noch die Krone aufgesetzt, da man durch einen unkontrollierten Zustrom von Flüchtlingen insbesondere aus Syrien, dem Irak und Afghanistan einen schockartigen Anstieg der Nachfrage nach bezahlbaren Wohnraum in den Ballungsgebieten induziert hat. Die Vorstellung eine sich abzeichnende demographische Lücke an Arbeitskräften durch solche ungesteuerte Zuwanderung oftmals gering oder schlecht qualifizierter Arbeitskräfte rasch füllen zu können, dürfte sich bald als gefährlicher Trugschluss erweisen.
Der Versuch die Flüchtlinge gleichmäßiger entsprechend dem Königssteinerschlüssel gleichmäßiger in Deutschland zu verteilen, dürfte sich praktisch als kaum durchführbar erweisen, weil es auch für diese Zuwanderer im ländlichen Raum in der Regel keine attraktiven Beschäftigungschancen gibt. Sie werden sich daher eher dem Treck der jungen und gut qualifizierten deutschstämmigen Arbeitskräfte in die Ballungszentren anschließen.
All diese Faktoren in ihrer Gesamtheit führen dazu, dass der Wohnungsmarkt aus einem langfristigen Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage geraten ist. Dies mag eine gesellschaftliche Gruppe der Immobilienbesitzer und Makler, etc. begrüßen, da sie ja von dieser Entwicklung profitiert und hohe Windfall Gewinne realisieren kann, dürfte aber aufgrund der Verlierer großer Teile der Bevölkerung zu einem massiven gesellschaftspolitischen Problem werden.
Die Chance durch eine rasante Ausweitung des Wohnungsbaus insbesondere des sozialen Wohnungsbaus das Problem angebotsseitig allein durch marktwirtschaftliche Mechanismen lösen zu können, dürfte sich rasch als illusionär erweisen. Zwar steigt die Zahl der Neubauten in den Ballungsräumen deutlich an, aber mehr als die Hälfte setzt zahlungskräftige Mieter voraus, die teure Mieten auch bezahlen können. Für die Problemgruppen hingegen dürfte sich das Angebot bzw. der Zuwachs in engen Grenzen halten.
Privatwirtschaftlich gibt es keine ausreichenden Anreize hierzu – zu wenig profitabel –, der öffentliche soziale Wohnungsbau belastet die öffentlichen Finanzen, insbesondere der Kommunen und Städte, so dass man nur im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten hier mittels Subventionen gegensteuern kann. Mit der Umwandlung von Wohnungsbaugenossenschaften von gemeinnützigen in privatwirtschaftlich orientierte Immobiliengesellschaften wird so eher der Wohnraum an bezahlbaren Wohnraum tendenziell weiter verknappt. Eine Krise am Wohnungs- und Immobilienmarkt dürfte so kaum zu verhindern sein.
Es dürfte nicht lange dauern, bis sich diesem Problem auch politische Bewegungen und Parteien annehmen und nach einer Re-Regulierung des Wohnungs- und Immobilienmarktes rufen, da das derzeitige System durch ein offensichtliches Regulierungsversagen gekennzeichnet ist.
Bisher sträuben sich die politischen Parteien noch und hoffen mit inkrementellen marginalen Korrekturen das Problem unter Kontrolle halten zu können. Das könnte sich jedoch sehr rasch als illusionär erweisen. Die neue Wohnungsfrage erfordert deutlich umfassendere staatliche Interventionen als dies manchen heute vorstellbar erscheint.
©KOF ETH Zürich, 19. Mai. 2016