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Für eine große Rentenreform – Umlagefinanzierte Rente stärken

Summary:
Soll es in Deutschland zu einer großen Rentenreform kommen? Nachdem sich Axel Börsch-Supan in seinem Beitrag dagegen ausgesprochen hat, plädiert Uwe Fachinger nun für eine Rentenreform. Er fordert eine Rückkehr zur umlagefinanzierten Rente. Die Konsequenzen der Alterssicherungspolitik seit der Jahrtausendwende werden immer offensichtlicher. Auf der einen Seite erfolgt eine Entlastung öffentlicher Haushalte und der Unternehmen, auf der anderen Seite vollzieht sich eine Zunahme von prekären Lebensverhältnissen älterer Menschen. Dabei sind die mit dem Paradigmenwechsel angestrebten kurzfristigen finanzpolitischen Ziele sogar übererfüllt worden. So wurde beispielsweise der Beitragssatz zur Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) seit 2007 von 19,9% auf 18,7% gesenkt und liegt damit erheblich unter den in den Reformszenarien ausgewiesenen Werten. Zur Durchsetzung dieser Maßnahmen wurde die demografische Entwicklung instrumentalisiert. Mit dem (Schein­)Argument der Nicht-Finanzierbarkeit der GRV-Leistungen wird das Niveau politisch gewollt weiter sukzessive reduziert, die vermeintlich sicheren kapitalfundierten Systeme werden massiv gefördert und durch Sozialtransfers die Banken­ und Versicherungswirtschaft unterstützt.

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Soll es in Deutschland zu einer großen Rentenreform kommen? Nachdem sich Axel Börsch-Supan in seinem Beitrag dagegen ausgesprochen hat, plädiert Uwe Fachinger nun für eine Rentenreform. Er fordert eine Rückkehr zur umlagefinanzierten Rente.

Die Konsequenzen der Alterssicherungspolitik seit der Jahrtausendwende werden immer offensichtlicher. Auf der einen Seite erfolgt eine Entlastung öffentlicher Haushalte und der Unternehmen, auf der anderen Seite vollzieht sich eine Zunahme von prekären Lebensverhältnissen älterer Menschen. Dabei sind die mit dem Paradigmenwechsel angestrebten kurzfristigen finanzpolitischen Ziele sogar übererfüllt worden. So wurde beispielsweise der Beitragssatz zur Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) seit 2007 von 19,9% auf 18,7% gesenkt und liegt damit erheblich unter den in den Reformszenarien ausgewiesenen Werten.

Zur Durchsetzung dieser Maßnahmen wurde die demografische Entwicklung instrumentalisiert. Mit dem (Schein­)Argument der Nicht-Finanzierbarkeit der GRV-Leistungen wird das Niveau politisch gewollt weiter sukzessive reduziert, die vermeintlich sicheren kapitalfundierten Systeme werden massiv gefördert und durch Sozialtransfers die Banken­ und Versicherungswirtschaft unterstützt. Dabei ist nicht die Zahl älterer und jüngerer Menschen relevant, sondern die Zahl der Beitragszahler und der Leistungsempfänger sowie die durchschnittliche Beitrags- und Leistungshöhe.

Das eigentliche Ziel der Alterssicherungspolitik, den Versicherten im Alter einen angemessenen Lebensstandard zu sichern, scheint aus dem Blick geraten zu sein. So unterminiert die Reduzierung des aktuellen Rentenwertes die Einkommens­ bzw. Lohnersatzfunktion der Rente und führt dazu, dass immer mehr Personen dem Schicksal der Altersarmut ausgeliefert werden.

Überblickt man die derzeitige Literatur, gewinnt man den Eindruck, dass viele der schon bis Anfang der 1980er Jahre erarbeiteten Erkenntnisse offensichtlich verloren gegangen sind. Weder die Handlungsoptionen noch die allokativen und distributiven Wirkungen der Maßnahmen werden zur Kenntnis genommen. So ist beispielsweise die Realisierung des Ziels, den Versicherten im Alter einen angemessenen Lebensstandard zu sichern, keine Frage des Finanzierungsverfahrens. Kapitaldeckung oder Umlagefinanzierung sind unterschiedliche finanztechnische Verfahren, die keine Aussage über die Leistungsausgestaltung zulassen.

Des Weiteren war von Anfang an bekannt, dass die Reduzierung des Leistungsniveaus in der GRV durch die betrieblichen und privaten Vorsorgesysteme schon aufgrund der unterschiedlichen Konstruktionsprinzipien der Leistungsausgestaltung nicht kompensiert und eine Einkommens­ bzw. Lohnersatzfunktion wie in der GRV nicht garantiert werden können. In Modellrechnungen wird zwar für kapitalfundierte Systeme die Fiktion der Stetigkeit und Sicherheit unterstellt, empirische Analysen haben jedoch gezeigt, dass dies in der Realität nicht der Fall ist. Schon durch die stark schwankende Leistungsanpassung der ergänzenden Sicherungssysteme wird das Ziel in der Altersphase verfehlt. Da zudem die Leistungshöhen zwischen den verschiedenen Formen und Anbietern sehr unterschiedlich sind, gleicht eine derartige Altersvorsorge letztendlich eher einem Glücksspiel.

Um das sozial­ und verteilungspolitische Ziel eines auch im Alter angemessenen Lebensstandards zu erreichen, ist eine Rückbesinnung auf zentrale Aspekte der Gestaltung von Alterssicherungspolitik unumgänglich, zu denen die Einkommensbezogenheit der Leistungen und die Aufrechterhaltung eines adäquaten Sicherungsniveaus gehören. Eine "Rückkehr zur umlagefinanzierten Rente" bedeutet eine Rückbesinnung auf Prinzipien, die über viele Jahrzehnte zu stetigen und sicheren Altersrenten geführt und Altersarmut vermieden haben.

©KOF ETH Zürich, 20. Mai. 2016

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