Die olympischen Spiele sind vorbei und die Sportteams mit mehr oder weniger stolzen Medaillenspiegeln nach Hause zurückgekehrt. Dabei sind zwei Faktoren von wesentlicher Bedeutung für den olympischen Medaillenerfolg eines Landes: Genpool und Pro-Kopf-Einkommen. Welche Länder waren diesbezüglich Over- und Underperformer an den diesjährigen Spielen? Eigentlich sollten bei Olympiaden keine Medaillenspiegel veröffentlicht werden. Sie entsprechen nicht der Vorstellung des Begründers der modernen olympischen Spiele, Baron de Coubertin, der von einem «friedlichen Treffen der Jugend der Welt» träumte. Eine Auflistung, wie viele Gold-, Silber und Bronzemedaillen die Sportlerinnen und Sportler eines Landes erringen konnten, beflügelt eher den Nationalstolz. Allerdings ist gleich anzufügen:
Topics:
Andre Briviba, Bruno S. Frey considers the following as important:
This could be interesting, too:
Swiss National Bank writes New on the website 1970-01-01 01:00:00
Dirk Niepelt writes “Report by the Parliamentary Investigation Committee on the Conduct of the Authorities in the Context of the Emergency Takeover of Credit Suisse”
Investec writes Federal parliament approves abolition of imputed rent
investrends.ch writes Novo Nordisk Studie bringt Absturz
Die olympischen Spiele sind vorbei und die Sportteams mit mehr oder weniger stolzen Medaillenspiegeln nach Hause zurückgekehrt. Dabei sind zwei Faktoren von wesentlicher Bedeutung für den olympischen Medaillenerfolg eines Landes: Genpool und Pro-Kopf-Einkommen. Welche Länder waren diesbezüglich Over- und Underperformer an den diesjährigen Spielen?
Eigentlich sollten bei Olympiaden keine Medaillenspiegel veröffentlicht werden. Sie entsprechen nicht der Vorstellung des Begründers der modernen olympischen Spiele, Baron de Coubertin, der von einem «friedlichen Treffen der Jugend der Welt» träumte. Eine Auflistung, wie viele Gold-, Silber und Bronzemedaillen die Sportlerinnen und Sportler eines Landes erringen konnten, beflügelt eher den Nationalstolz. Allerdings ist gleich anzufügen: Auch bei den antiken Olympiaden spielte die Herkunft eines Sportlers eine grosse Rolle. Sieger wurden nicht selten von ihren Ursprungsstädten grosszügig materiell entlohnt, weil sich diese im Glanz ihrer erfolgreichen Sportler sonnten. Dieses Phänomen hat sich bis heute gehalten, wobei Singapur auf der Liste der spendabelsten Länder ganz oben steht. Dort wird eine Goldmedaille mit etwa 900 000 CHF belohnt, Deutschland hingegen belohnt eine solche mit 20 000 €.
Heute wird der sportliche Erfolg eines Landes mittels Medaillenspiegel überall ausgewiesen. Die Bevölkerung einer Nation mit vielen (Gold)-Medaillen fühlen sich beglückt, was von Politikern und Politikerinnen und sportlichen Interessengruppen natürlich gern gesehen wird. Steht eine Nation schlecht da, wird eine möglichst hohe finanzielle Unterstützung gefordert um den Rang in der Zukunft zu verbessern. Ist eine Nation besonders erfolgreich, geschieht das gleiche, damit dieser Rang aufrechterhalten werden kann.
Die deutschen Sportlerinnen und Sportler haben in Tokio gut abgeschnitten. Sie bringen 10 Gold, 11 Silber und 18 Bronze Medaillen mit nach Hause. Im üblicherweise ausgewiesenen Medaillenspiegel nehmen sie den neunten Rang ein.
Zwei Schlüsselfaktoren des Medaillenerfolgs
Es stellt sich die Frage, worauf olympischer Erfolg zurückgeführt werden kann. Es gibt zwei wesentliche Bestimmungsgründe. Der erste ist der Genpool, auf den zurückgegriffen werden kann. Länder mit einer grossen Bevölkerung – also etwa China mit 1,5 oder Indien mit 1,4 Milliarden Personen – können für jede Sportart leichter genetisch besonders geeignete Personen finden als dies ein Land wie Deutschland mit rund 84 Millionen, oder die Schweiz mit rund 8 Millionen kann.
Der zweite wichtige Bestimmungsgrund ist das Ausmass, in dem der sportliche Genpool ausgenützt wird. Dazu sind viele Faktoren anzuführen, insbesondere die geeignete Auslese schon in früher Jugend, die Infrastruktur, um eine Sportart betreiben zu können (z.B. die Zahl der Tennisplätze), die Förderung der besonders Begabten durch finanzielle Unterstützung (z.B. mittels staatlicher Anstellung im Militär) und besonders wirksamen Trainingsmethoden. Diese verschiedenen Faktoren sind eng mit der wirtschaftlichen Prosperität – dem Pro-Kopf-Einkommen – eines Landes verknüpft. Ein armes Land kann sich die entsprechenden Auslagen weniger als ein reiches Land leisten.
Um den Zusammenhang dieser zwei wesentlichen Bestimmungsgründe zu erfassen, haben wir eine Regressionsanalyse verwendet. Wir haben uns bewusst auf zwei Erklärungsfaktoren beschränkt. Erklärt wird die von einer Nation erreichte Zahl an Medaillen auf Grund deren logarithmierte Bevölkerungsgrösse und dessen Pro-Kopf-Einkommen, das für Kaufkraft in Dollar normiert wurde. Mit diesem einfachen Ansatz werden 36 Prozent der Variation zwischen den Ländern den beiden Bestimmungsfaktoren zugeschrieben. Sowohl der Logarithmus der Bevölkerungsgröße, wie auch das Pro-Kopf Einkommen erweisen sich als statistisch signifikante Determinanten (p < 0.01).
Over- und Underperformer unter den Sportnationen
Unseren Berechnungen zufolge hätten die Deutschen Sportlerinnen und Sportler 30 Medaillen gewinnen «sollen», was weniger ist als die tatsächlich gewonnenen 37 Medaillen. Sie haben also besser abgeschnitten als gemäss unserem Modell zu erwarten gewesen wäre. Die Nachbarländer Deutschlands, Österreich und die Schweiz, hätten angesichts ihrer Bevölkerungsgrösse und ihres Einkommens pro Kopf 18 und 23 Medaillen gewinnen sollen; in Wirklichkeit waren es nur 7 und 13, also nur 39% und 57% des von uns errechneten Potentials.
Der in den Medien verwendete Medaillenspiegel richtet sich ausschliesslich nach der Zahl der gewonnenen Goldmedaillen. Danach liegen die Vereinigten Staaten, gefolgt von China, Japan, und Grossbritannien und Russland an der Spitze. Die amerikanischen Teilnehmenden haben fast genau ein Drittel aller Medaillen, nämlich 113 von insgesamt 339 vergebenen Medaillen, gewonnen. Wird die Bevölkerungsgrösse und das Einkommen pro Kopf berücksichtigt, hätten sie nur 42 Medaillen gewonnen. Das deutet darauf hin, dass weitere wichtige Faktoren, insbesondere das gesamte Sportmanagement, eine wichtige Rolle spielt. Das im üblichen Medaillenspiegel an zweiter Stelle stehende China hat 88 Medaillen gewonnen, wohingegen es laut den zwei wichtigsten Bestimmungsgründen, Bevölkerungsgrösse und Pro-Kopf-Einkommen, nur 35 Medaillen gewesen wären.
Im Gegensatz dazu hätte Argentinien 15 Medaillen gewinnen «sollen», hat aber tatsächlich nur 3 Medaillen erreicht. Noch extremer ist Indien, dem nur 7 Medaillen verliehen wurden, gemäss Bevölkerungsgrösse (1,4 Mrd.) und Pro-Kopf-Einkommen wären dessen 31 angemessen gewesen. Offensichtlich hätten diese Länder mit einem besseren Sportmanagement die Fähigkeit mehr Medaillen zu gewinnen.
Mehrere Länder erreichen genau ihr Potential. Die Kanadischen Sportlerinnen und Sportler bringen 24 Medaillen mit nach Hause, genau die gemäss Genpool und wirtschaftlicher Prosperität errechnete Zahl. Ähnliches gilt für Brasilien und Kenia.
Selbstverständlich können die Medaillengewinne auch vielen anderen Bestimmungsgründen zugeordnet werden, dennoch erstaunt, dass alleine mit der Bevölkerungsgröße und dem Pro-Kopf Einkommen die Anzahl der gewonnenen Medaillen gut nachvollzogen werden kann. Es wird spannend zu sehen, ob die Größe der Bevölkerung oder aber die mit einem hohen Pro-Kopf Einkommen zusammenhängenden Faktoren wie Ausschöpfungsgrad der Talente und Trainingsmethode in Zukunft dominieren werden.
©KOF ETH Zürich, 24. Aug. 2021