Letzte Woche gab die Schweizerische Nationalbank (SNB) bekannt, dass sie für dieses Geschäftsjahr eine Milliarde Franken an Bund und Kantone ausschütten wird. Von der Presse wird dies unterschiedlich interpretiert. Einerseits nimmt man mit Genugtuung zur Kenntnis, dass die SNB überhaupt eine Milliarde ausschütten kann. Andererseits wird mit Blick auf drohendes negatives Eigenkapital der SNB gewarnt, diese müsse dringend Reserven bilden. Was ist nun korrekt? Darf die SNB angesichts von drohendem negativen Eigenkapital überhaupt noch Ausschüttungen vornehmen? Und wenn ja, wie hoch dürfen diese allenfalls sein? Jahrzehntelang schüttete die SNB lediglich 80 Rappen pro Kopf der Bevölkerung an die Kantone aus. Das entsprach bei der damaligen Bevölkerung einem Betrag von rund 5 Millionen pro Jahr. Das war stossend, da die SNB eine Bilanz von gegen 70 Milliarden besass, was einer Verzinsung von weniger als einem Zehntel Promille p.a. entsprach. Im Jahre 1996 trat ich vor die Generalversammlung der Aktionäre der SNB im alten Casino in Bern. Ich argumentierte, Geld sei eine Schuld der Notenbank gegenüber der eigenen Volkswirtschaft. Aus diesem Grund solle die SNB ihre Geldmenge marktgerecht verzinsen.
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Letzte Woche gab die Schweizerische Nationalbank (SNB) bekannt, dass sie für dieses Geschäftsjahr eine Milliarde Franken an Bund und Kantone ausschütten wird. Von der Presse wird dies unterschiedlich interpretiert. Einerseits nimmt man mit Genugtuung zur Kenntnis, dass die SNB überhaupt eine Milliarde ausschütten kann. Andererseits wird mit Blick auf drohendes negatives Eigenkapital der SNB gewarnt, diese müsse dringend Reserven bilden.
Was ist nun korrekt? Darf die SNB angesichts von drohendem negativen Eigenkapital überhaupt noch Ausschüttungen vornehmen? Und wenn ja, wie hoch dürfen diese allenfalls sein?
Jahrzehntelang schüttete die SNB lediglich 80 Rappen pro Kopf der Bevölkerung an die Kantone aus. Das entsprach bei der damaligen Bevölkerung einem Betrag von rund 5 Millionen pro Jahr. Das war stossend, da die SNB eine Bilanz von gegen 70 Milliarden besass, was einer Verzinsung von weniger als einem Zehntel Promille p.a. entsprach.
Im Jahre 1996 trat ich vor die Generalversammlung der Aktionäre der SNB im alten Casino in Bern. Ich argumentierte, Geld sei eine Schuld der Notenbank gegenüber der eigenen Volkswirtschaft. Aus diesem Grund solle die SNB ihre Geldmenge marktgerecht verzinsen.
Ich nahm die damalige Durchschnittsrendite der Schweizerischen Bundesobligationen als Richtschnur und argumentierte, die SNB müsse einen Betrag von über einer Milliarde abliefern.
Ich beschwerte mich insbesondere darüber, dass die SNB mit ihren angehäuften Reserven die US-Volkswirtschaft unterstütze anstatt die schweizerische, wo in den Jahren zuvor die Arbeitslosigkeit rasant angestiegen war.
Mein Vorstoss trug Früchte, und die SNB musste in der Folge über eine Milliarde abliefern. Diese Milliarde liefert die SNB nun dieses Jahr ab – also sollte ich doch zufrieden sein. Mein damaliges Anliegen wurde ja erfüllt.
Leider hat sich die Situation der SNB in den vergangenen Jahren aufgrund ihrer unnötigen Devisenspekulationen dramatisch verschlechtert. Mein damaliger Vorstoss ist somit nicht mehr zeitgemäss.
Wie die Presse nun auch langsam erkennt, droht der SNB bald negatives Eigenkapital. Dazu reicht eine Korrektur bei den Zinsen, verbunden mit einem Rückgang der Aktien und einem Anstieg des Frankes um rund zehn Prozent. Eine solche Korrektur kann jederzeit stattfinden – und dann ist die SNB Konkurs.
Die Einführung des Mindestkurses zum Euro bei 1.20 war de facto eine Gratis-Option der SNB an die Exporteure. Aufgrund des Währungsgeflechtes (cross-rates) musste die SNB nicht nur Euros, sondern auch Dollars und andere Währungen in masslosen Beträgen aufkaufen.
Es gibt kein riskanteres Geschäft als das Schreiben von ungedeckten Call-Optionen. Die SNB schrieb also eine gigantische ungedeckte Call-Option auf den Schweizerfranken. Diese war ungedeckt, da die SNB sich zu rund 90 Prozent mit Fremdkapital finanziert.
Eine Call-Option ist sehr teuer. Veranschlagt man einen Minimalpreis von zehn Prozent pro Jahr, so kostet eine Call-Option über einen Betrag von 600 Milliarden rund 60 Milliarden Franken jährlich. Dieser Preis ist mehr als gerechtfertigt, trägt doch der Schreiber der Option ein grosses Risiko. Der Jahresgewinn der SNB sollte also in dieser Grössenordnung liegen.
Mit ihrem Mindestkurs ist die SNB mittlerweile gescheitert, und die prognostizierten Verluste traten prompt ein. Nun bastelt die SNB aber bereits wieder an einem neuen inoffiziellen Mindestkurs bei 1.08, an dem sie am Scheitern ist.
Die SNB schuldet der Schweizer Volkswirtschaft also einen höheren zweistelligen Milliardenbetrag pro Jahr für die Risiken, welche sie zulasten der Schweizer Steuerzahler eingeht. Die Risiken der SNB sind weiterhin latent, da sie ihre Verluste nicht realisiert hat, die verlustbringenden Positionen weiterhin offen sind und de facto ein neuer inoffizieller Mindestkurs existiert.
Im Hinblick auf weitere ungedeckte Verluste bei der SNB muss nun der Staat beginnen, seinerseits Reserven zu bilden, um allfällig negatives Eigenkapital bei der SNB aufzufangen.
SNB-Chef Thomas Jordan hat klipp und klar gesagt, dass die SNB im Falle von negativem Eigenkapital ihre Bilanz nicht deponieren wird. Damit wälzt er das Risiko erneuter SNB-Verluste, die über das SNB-Eigenkapital hinausgehen, auf die gesamte Volkswirtschaft ab.
Jordan sieht die Risiken, welche von negativem Eigenkapital auf die Schweizer Volkswirtschaft ausgehen, nicht. Er kann sie nicht sehen, weil er Notenbankgeld fälschlicherweise als liquide Mittel der SNB betrachtet.
Aber diese Risiken sind nichtsdestotrotz da. Die Frage stellt sich: Wer trägt nun diese Risiken, wenn die SNB sie erstens nicht sieht oder sehen will und zweitens nicht tragen will und kann?
In erster Linie tragen sie die kreditgewährenden Banken, die ihrerseits von der SNB als „Too big to fail“ eingestuft und vom Staat im Konkursfall gerettet werden müssen.
Gehen aber diese Banken Konkurs wegen der SNB, so kann die SNB diese nicht retten – sie ist ja der Grund für deren Konkurs und selber Konkurs. Der Staat muss also als Retter einspringen.
In anderen Worten: Die SNB hat quasi eine Put-Option auf die „Too big to fail-Institute“ geschrieben. Das bedeutet, dass sie diesen Instituten deren Vermögenswerte zu einem höheren Preis abkaufen muss als dem Marktpreis. Dazu ist sie aber nicht in der Lage.
Also muss der Staat der SNB deren abgewertete Devisenanlagen zu einem Preis abkaufen, der über dem Wechselkurs des Marktes liegt. Nur so kann das negative Eigenkapital der SNB wieder aufgestockt werden – nicht mit Geld drucken, wovon das SNB-Direktorium träumt.
Wer trägt also letztlich das Risiko? Ab dem Punkt, wo negatives Eigenkapital erreicht ist, trägt der Staat – das heisst Bund und Kantone, also letztlich wir Steuerzahler – das Risiko. Und wer das Risiko trägt, der muss im Hinblick darauf auch Reserven bilden können. Alles andere ist nicht realistisch.
Wie weiter oben dargelegt, sollte die SNB aufgrund ihres hohen Risikos eine Risikoprämie von mindestens 60 Milliarden Franken p.a. erwirtschaften und davon einen substantiellen Teil abliefern über entsprechende Ausschüttungen an den Staat.
Damit werden zwei Ziele verfolgt. Erstens: Der Bund kann beginnen, seinerseits Reserven zu bilden für den Fall von negativem Eigenkapital bei der SNB. Zweitens: Der Bund muss die entstehenden Reserven ausserhalb des Klumpenrisikos der SNB anlegen. Das bedeutet: Er muss diese Reserven ohne Währungsrisiko im Inland anlegen, wo sie sicherer sind und zudem die Schweizer Volkswirtschaft ankurbeln.