Einwände gegen den Kapitalismus gibt es zuhauf: Die freie Marktwirtschaft führe zu Hunger und Armut, zu steigender Ungleichheit, zu überflüssigem Konsum, zu Umweltzerstörung und Klimawandel. Im Kapitalismus zähle nur der Profit zulasten der Menschlichkeit, Monopole dominierten, und die Demokratie werde ausgehöhlt. Viele dieser Argumente werden heute kaum noch hinterfragt. Doch sind sie auch wahr? Ist es tatsächlich die freie Marktwirtschaft, die all diese Probleme herbeiführt? Oder gehen diese gerade auf die Tatsache zurück, dass Märkte durch antikapitalistisch motivierte Staatsinterventionen verfälscht werden? Und wie unterschiedlich wird der Kapitalismus in Europa, den USA und in Asien wahrgenommen? Im Rahmen des LI-Gesprächs vom 12. April wurden diese Fragestellungen vertieft
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Einwände gegen den Kapitalismus gibt es zuhauf: Die freie Marktwirtschaft führe zu Hunger und Armut, zu steigender Ungleichheit, zu überflüssigem Konsum, zu Umweltzerstörung und Klimawandel. Im Kapitalismus zähle nur der Profit zulasten der Menschlichkeit, Monopole dominierten, und die Demokratie werde ausgehöhlt. Viele dieser Argumente werden heute kaum noch hinterfragt. Doch sind sie auch wahr? Ist es tatsächlich die freie Marktwirtschaft, die all diese Probleme herbeiführt? Oder gehen diese gerade auf die Tatsache zurück, dass Märkte durch antikapitalistisch motivierte Staatsinterventionen verfälscht werden? Und wie unterschiedlich wird der Kapitalismus in Europa, den USA und in Asien wahrgenommen? Im Rahmen des LI-Gesprächs vom 12. April wurden diese Fragestellungen vertieft diskutiert.
Einführend gab LI-Direktor Olivier Kessler zu bedenken, dass bei der derzeitigen politischen Ordnung mitnichten von einem «kapitalistischen System» gesprochen werden könne. Der Kapitalismus zeichne sich in seiner Reinform dadurch aus, dass das Privateigentum geschützt sei. Dieses Abwehrrecht habe dann zur Folge, dass Menschen mit ihren rechtmässig erworbenen Eigentumstiteln uneingeschränkt handeln könnten, woraus sich eine freie Marktwirtschaft ergebe. Dabei stehe das Individuum im Zentrum, welches im Kapitalismus Zweck an sich sei: Solange das Eigentum anderer nicht verletzt werde, dürfe jeder seine Ziele und Mittel zur Zielerreichung selbst festlegen.
Beim heutigen System handle es sich nicht um ein kapitalistisches System, sondern um eine Mischform zwischen Kapitalismus und Sozialismus. Es gäbe zwar noch vereinzelte marktwirtschaftliche Elemente, allerdings würden diese stark durch staatliche Interventionen verzerrt. Weil der Staat neben dem Eigentumsschutz noch viele weitere Aufgabenfelder okkupiert habe, sei er zu einem enteignenden Eigentumsschützer verkommen, der den Menschen je nach Situation rund die Hälfte ihres harterarbeiteten Gelds wieder wegnehme. Mit diesen Mitteln würden — z.B. mittels Subventionen — Sonderinteressen befriedigt, die dem kapitalistischen Prinzip der Gleichheit vor dem Gesetz widersprächen. Es sei daher unredlich, «den Kapitalismus» für aktuelle Herausforderungen wie Umweltschäden, Armut und Finanzkrisen verantwortlich zu machen. Vielmehr hätten diese Probleme mit Staatsinterventionen und ihren unbedachten Wirkungen zu tun.
Sehen Sie sich hier die Einführung von Olivier Kessler an:
In seinem Referat entkräftigte Rainer Zitelmann, promovierter Historiker und Soziologe sowie Autor des neuen Buchs «Die 10 Irrtümer der Antikapitalisten», diverse kapitalismuskritischen Argumente. Immer wieder werde etwa behauptet, der Kapitalismus führe zu einer steigender Ungleichheit: Die Reichen würden immer reicher, während die Armen immer ärmer würden. Davon stimme nur der erste Teil, nämlich dass Vermögendere immer wohlhabender werden. Doch auch die einst weniger Vermögenden würden im Kapitalismus immer reicher, weil die Wirtschaft kein Nullsummenspiel sei. Das Beispiel China (in welchem nach der kommunistischen Epoche mit schlimmsten Hungersnöten marktwirtschaftliche Elemente eingeführt wurden) zeige, dass steigender Wohlstand in einer Nation notwendigerweise mit steigender Ungleichheit einhergehe, was aber auch gar nichts Schlimmes sei. Heute ginge es allen besser. Das sei die Hauptsache. Bessere Lebensstandards für breite Schichten sei auch gar nicht auf anderem Weg zu haben: Zunächst erhöhe sich die Lebenserwartung bei einigen, dann bei anderen. Das passiere nicht überall zeitgleich. Fortschritt vollziehe sich evolutionär, nicht revolutionär.
Ein weiterer Irrtum, den Zitelmann unter die Lupe nahm, war die Annahme, der Kapitalismus sei schuld an Umweltzerstörung und Klimawandel. Durch eine vergleichende Analyse des Index wirtschaftlicher Freiheit der Heritage Foundation und des Environmental Performance Index (EPI) komme zutage, dass die Umweltstandards umso höher seien, je kapitalistischer ein Land organisiert sei. Je marktwirtschaftlicher die Bedingungen, desto grösser sei auch das Potenzial für Wettbewerb, Innovation und Unternehmertum. So werde mit immer umweltfreundlicheren Standards produziert. Bezeichnenderweise ginge es der Umwelt gerade in tendenziell sozialistisch organisierten Ländern am schlechtesten. Ein Beispiel dafür sei die sozialistische DDR gewesen, in welcher der CO2-Ausstoss pro Kopf aber auch Luftschadstoffe wesentlich höher waren als in der damaligen eher kapitalistischen BRD. Mehr Wachstum bedeute nicht, dass es zu einem grösseren Ressourcenverschleiss komme. Das Smartphone sei ein Beispiel für eine marktwirtschaftliche Innovation, die viele Rohstoffe eingespart hat. So müssten rohstoffintensive Produkte wie Wecker, Heimtelefone, Kameras, Taschenrechner, Taschenlampen, GPS, Bücher, Uhren etc. nicht oder nicht mehr im selben Umfang produziert werden.
Sehen Sie sich hier den Vortrag von Rainer Zitelmann an:
Die darauffolgende Diskussion widmete sich unter anderem der Frage, ob jene nicht doch einen Punkt hätten, die behaupteten, dass der Kapitalismus zu Monopolen führe und das dies eben schlecht für die Konsumenten sei, die dann aufgrund des fehlenden Wettbewerbs keine Auswahl mehr hätten. Es wurde daraufhin zu Bedenken gegeben, dass es im Kapitalismus keine dauerhaften Monopole geben könne, die von den Konsumenten nicht gewünscht seien. Wenn die Konsumenten mit einem Unternehmen derart zufrieden seien und alle freiwillig seine Produkte und Dienstleistungen kauften, so sei an einem derartigen Monopol nichts falsch. Und wären die Verbraucher unzufrieden mit einem bestehenden Monopolisten, so wäre das eine Chance für eine potenzielle Konkurrenz, in den Markt einzutreten und dem Monopolisten Marktanteile abzuluchsen. Auch die aktuell immer wieder angeführten «Monopole» wie Apple, Google oder Amazon seien in Wahrheit gar keine Monopole, weil es für sämtliche angebotenen Dienstleistungen Alternativen gäbe. Das Problem werde masslos übertrieben, um letztlich wieder Staatseingriffe zu legitimieren, die viel schlimmere Probleme verursachten, als die beklagten Scheinmonopole.
12. April 2022