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Globale Mindeststeuer: Bedrohung für die Freiheit

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Die G20-Staaten und die OECD haben sich auf eine globale Mindeststeuer von 15 Prozent auf den Gewinn von Grosskonzernen geeinigt. Dies dürfte auch Implikationen für die Schweiz haben. Nicht nur müssten 18 von 26 Kantone ihre Unternehmenssteuern erhöhen. Auch stehen bereits Forderungen im Raum, die globale Mindeststeuer solle nicht nur für grosse, sondern für alle Unternehmen gelten. Was bedeutet diese Entwicklung für den eidgenössischen und internationalen Steuerwettbewerb? Ist nun mit der Salamitaktik der sukzessiven Mindeststeuererhöhung zu rechnen? Wer sind die Gewinner und Verlierer? Im Rahmen der LI-Konferenz vom 1. März in Zug wurden diese Fragestellungen vertieft diskutiert. [embedded content] Einführend stellte LI-Direktor Olivier Kessler fest, dass viele Leute irrtümlich

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Die G20-Staaten und die OECD haben sich auf eine globale Mindeststeuer von 15 Prozent auf den Gewinn von Grosskonzernen geeinigt. Dies dürfte auch Implikationen für die Schweiz haben. Nicht nur müssten 18 von 26 Kantone ihre Unternehmenssteuern erhöhen. Auch stehen bereits Forderungen im Raum, die globale Mindeststeuer solle nicht nur für grosse, sondern für alle Unternehmen gelten. Was bedeutet diese Entwicklung für den eidgenössischen und internationalen Steuerwettbewerb? Ist nun mit der Salamitaktik der sukzessiven Mindeststeuererhöhung zu rechnen? Wer sind die Gewinner und Verlierer? Im Rahmen der LI-Konferenz vom 1. März in Zug wurden diese Fragestellungen vertieft diskutiert.

Einführend stellte LI-Direktor Olivier Kessler fest, dass viele Leute irrtümlich glaubten, dass natürliche Personen steuerlich entlastet würden, wenn Unternehmen mehr Steuern bezahlen müssten. Doch die Vorstellung, wonach Unternehmen die wahren Träger der Steuerlast wären, sei falsch, weil es sich bei Unternehmen lediglich um Vertragsbündel handle. Es seien nicht die Unternehmen, die unter den Steuern litten. Es seien immer die hinter einer Firma stehenden und mit ihr handelnden Menschen, die indirekt zur Kasse gebeten würden: die Mitarbeiter durch tiefere Löhne, die Kunden mit höheren Produktpreisen, die Lieferanten mit weniger Aufträgen und tieferer Entlöhnung. Selbst Arbeitslose litten unter der Unternehmenssteuer, weil die Investitionen aufgrund des zusätzlichen Ausgabepostens «Steuern» geringer ausfielen und damit tendenziell weniger Stellen im produktiven Sektor geschaffen werden könnten. Es sei auf jeden Fall ein Irrtum, dass Unternehmenssteuern die restlichen Steuerzahler «entlasten» würden. Vielmehr halsten Unternehmenssteuern den Individuen heimlich eine zusätzliche Steuerlast auf — und zwar durch die Hintertür und oftmals unbemerkt.

Unternehmenssteuern führten zu einer grösseren Intransparenz über die wahre Steuerlast einer Person. Diese Undurchsichtigkeit und Verkomplizierung des Steuersystems diene in Wahrheit der Aufblähung des Staatsapparates, weil damit seine echten Kosten versteckt und der öffentliche Widerstand gegen sein schädliches und freiheitsfeindliches Wachstum gedämpft würden. Führe man nun eine solche Unternehmenssteuer auf globaler Ebene mit einem Mindeststeuersatz ein, stelle dies ein politisches Kartell dar, das eine Preisabsprache zulasten der Bürger treffe, ihnen das Recht auf Abstimmung mit den Füssen nehme und daher eine Gefahr für die Freiheit darstelle.

In seinem Referat lieferte Christoph Schaltegger, Professor für Politische Ökonomie an der Universität Luzern und Direktor des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP), eine wissenschaftliche Sicht auf eine globale Mindeststeuer. Die bisherige internationale Steuerordnung basiere auf dem Betriebsstättenprinzip, wonach jene Staaten ein Recht auf Besteuerung hätten, in denen das betroffene Unternehmen eine physische Präsenz habe. Dieses Prinzip werde jedoch zunehmend durch ein neues Prinzip der Verteilungsgerechtigkeit sowie die Digitalisierung in Frage gestellt: grosse Digitalkonzerne vor allem aus den USA wie Google, Facebook und Microsoft erwirtschafteten einen immer grösseren Anteil ihres Gewinns im Ausland. Neu sollen deshalb nach OECD-Logik auch jene Länder ein Recht auf Gewinnbesteuerung haben, die einen Anspruch durch Umsatz im eigenen Land oder mit Verweis auf niedrige Steuern anderswo geltend machen könnten. Es sei jedoch eigenartig, welchen Kampf die OECD hier führe: Denn trotz sinkendem Steuersatz seien die Steuereinnahmen aufgrund der steigenden Steuerbasis (Gewinne) insgesamt gestiegen.

Der für die Schweiz jedoch weitaus problematischere Teil des OECD-Ansinnens sei jedoch die Tatsache, dass man international ein Kartell zur Mindestbesteuerung einführen wolle ab einem Umsatz von 750 Mrd. Euro. Damit gerate der für die freiheitliche Ordnung so elementare Steuerwettbewerb unter Beschuss, der aufgrund der Ausweichmöglichkeiten der Steuerzahler für eine Selbstbegrenzung der fiskalischen Gier sorge. Ausserdem bezahlten in der Schweiz einige wenige Grosskonzerne den Grossteil der Unternehmenssteuern, während der grösste Teil fast nichts bezahle. Wenn nur einige dieser Grossunternehmen die Schweiz verlassen würden, würde dies wohl zu erheblichen Mindereinnahmen bei der öffentlichen Hand führen.

Im Anschluss daran erläuterte der Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler die globale Mindeststeuer aus politischer Sicht. Aus seiner Sicht kämen die Harmonisierungsbestrebungen von G20 und OECD nicht überraschend. Die Abkehr vom Produktionsstättenprinzip stelle das geringere Problem dar, weil im Kanton Zug lediglich 4-5 Firmen betroffen sein könnten. Die weitaus grössere Herausforderung sei die globale Mindeststeuer, wovon hunderte von Firmen betroffen wären. Es gehe um einen Angriff auf die Wettbewerbs- und Konkurrenzfähigkeit der Schweiz durch ein internationales Steuerkartell. Nichtsdestotrotz ist es aus Sicht von Tännler wichtig, dass die Schweiz hier nicht abseits stehe, um Schaden abzumindern, der drohe, weil dann einfach andere Länder die Steuern erheben und abkassieren würden. Letztlich gehe man von 1.2 Mrd. Franken Mehreinnahmen aus, wenn die Schweiz hier mitmache.

Es gehe nun darum, eine politisch mehrheitsfähige Vorlage zu schüren, mit welcher die fiskalische Mehrbelastung für die Steuerzahler abgefedert werde durch Steuersenkungen bei anderen Steuern. Es wäre allerdings unklug, eine reine Steuersenkungsvorlage vors Volk zu bringen. Dies habe die Ablehnung der Stempelsteuerabschaffung durch das Stimmvolk Anfang 2022 gezeigt (auch wenn im Kanton Zug eine Mehrheit dafür gestimmt hatte). Damit heute eine Vorlage mehrheitsfähig werde, müsse man sich den Erpressungen der Linken mit politischem Entgegenkommen beugen, was letztlich stets auf das Verteilen von staatlichen Geldern an linke Klientel hinauslaufe. Wie die erwarteten 1.2 Mrd. Franken Steuermehreinnahmen letztlich verteilt oder für das Senken anderer Steuern eingesetzt werden, sei nun Gegenstand politischer Verhandlungen.

Andreas Umbach, Präsident der Zuger Wirtschaftskammer und Verwaltungsratspräsident der Landis+Gyr Group AG, ging schwerpunktmässig auf die Standortfaktoren der Schweiz ein und wie diese durch die globale Mindeststeuer verändert werden könnten. Inwiefern die Unternehmensbesteuerung für eine ansiedlungswillige oder bereits ansässige Firma tatsächlich matchentscheidend sei, hänge von der Unternehmensgrösse, der Mobilität des Unternehmens und weiteren Faktoren ab. Die drohende Steuererhöhung für multinationale Konzerne in der Schweiz sei deshalb kritisch zu betrachten, weil vier Prozent aller Unternehmen (d. h. rund 24'000 Firmen) sogenannte multinationale Unternehmen seien, die 26 Prozent aller Arbeitsplätze zur Verfügung stellten, sich für ein Drittel der Wertschöpfung in der Schweiz verantwortlich zeichneten und rund die Hälfte aller Körperschaftssteuern beitrugen.

Die Schweiz stehe aktuell in diversen internationalen Rankings zwar noch gut da. Allerdings habe sich das Bild im Laufe der letzten Jahrzehnte verschlechtert: Vor 20 Jahren habe sich jedes zweite Unternehmen, das nach einem neuen Standort suchte, für die Schweiz entschieden — heute sei es nur noch jedes fünfte Unternehmen. Besonders brisant sei, dass sich mit Ausnahme von Google die allerwenigsten Digital-Unternehmen für die Schweiz entschieden hätten: LinkedIn, Twitter, Dropbox und Airbnb etwa zog es nach Irland, Netflix und Uber liessen sich in den Niederlanden nieder. Mit der Einführung einer globalen Mindeststeuer werde einer der bedeutendsten Standortvorteile der Schweiz — die niedrige Unternehmensbesteuerung — über Bord geworfen und die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz bedroht.

Die darauffolgende Diskussion widmete sich unter anderem der Frage, wie eine gute politische Lösung zur Verteilung der Steuermehreinnahmen aussehen könnte. So wurde etwa der Vorschlag eingebracht, das Geld zur Finanzierung von AHV-Lücken einzusetzen, um hier die drohende steuerliche Mehrbelastung der produktiven Bevölkerung abzudämpfen. Damit würde die OECD-Reform zumindest aus statischer Sicht keine steuerliche Mehrbelastung verursachen. Die Realität ist jedoch keine statische, sondern dynamische. Wenn aufgrund der Steuerreform tatsächlich einige Grossunternehmen die Schweiz verlassen sollten, ist unter dem Strich dennoch mit Wohlstandsverlusten zu rechnen, kurzfristige Steuermehreinnahmen hin oder her. Denn der Staat kann selbst keinen Wohlstand schaffen, er kann ihn lediglich umverteilen. Je weniger Steuern die Staaten erheben, desto mehr die Politiker also die Menschen in Ruhe nach ihren eigenen Präferenzen wirtschaften lassen, desto mehr Wohlstand kann entstehen. Im Umkehrschluss heisst dies: Je mehr Steuern der Staat einnehmen will, desto schlechter steht um die künftige Lebensqualität der Menschen.

1. März 2022

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