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Geldpolitik unter Vollgeld

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Urs Birchler Ein Knackpunkt der Vollgeld-Initiative ist die Geldpolitik. Die Initiative fordert, dass neu geschaffenes Geld von der SNB à fonds perdu, also ohne Gegenleistung, an Bund und Kantone oder Bürgerinnen und Bürger abgegeben werden muss. Im vorgeschlagenen Art. 99a Abs. 3 heisst es: Sie bringt im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrages neu geschaffenes Geld schuldfrei in Umlauf, und zwar über den Bund oder über die Kantone oder, indem sie es direkt den Bürgerinnen und Bürgern zuteilt. Die SNB erwirbt also bei der Geldausgabe keine Vermögenswerte (Auslandsdevisen und Wertpapiere) mehr, mit denen sie ausgegebenes Geld auch wieder zurückkaufen kann. Aber: Wie es SNB-Präsident Thomas Jordan formulierte: „Wie fordert man Geld zurück, das man zuvor verschenkt hat?“ Eine restriktive

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Urs Birchler

Ein Knackpunkt der Vollgeld-Initiative ist die Geldpolitik. Die Initiative fordert, dass neu geschaffenes Geld von der SNB à fonds perdu, also ohne Gegenleistung, an Bund und Kantone oder Bürgerinnen und Bürger abgegeben werden muss. Im vorgeschlagenen Art. 99a Abs. 3 heisst es:

Sie bringt im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrages neu geschaffenes Geld schuldfrei in Umlauf, und zwar über den Bund oder über die Kantone oder, indem sie es direkt den Bürgerinnen und Bürgern zuteilt.

Die SNB erwirbt also bei der Geldausgabe keine Vermögenswerte (Auslandsdevisen und Wertpapiere) mehr, mit denen sie ausgegebenes Geld auch wieder zurückkaufen kann. Aber: Wie es SNB-Präsident Thomas Jordan formulierte: „Wie fordert man Geld zurück, das man zuvor verschenkt hat?“ Eine restriktive Geldpolitik, und damit Inflationsbekämpfung, ist unter der VGI unmöglich.

Die Initianten haben erkannt, dass sie einen Bock geschossen haben. Zum Glück steht im besagten Abs. 3 auch noch ein zweiter Satz:

Sie kann den Banken befristete Darlehen gewähren.

Über Kredite an die Banken wäre eine auf beide Seiten flexible Geldpolitik noch möglich. Nur: Das würde die Stellung der Banken gegenüber heute noch stärken und die Nationalbank zur Grossgläubigerin der Banken — mit den entsprechenden Risiken — zwingen. Genau das Gegenteil von dem, was die Initiative eigentlich wollte.

Drum suchten die Initianten verzweifelt nach einem dritten Weg und fanden ihn — in einer faustdicken Lüge. Klammheimlich fügten Sie in Der Initiativtext erläutert auf Ihrer Website einen Satz ein:

Zusätzlich kann die SNB wie bisher neues Geld durch den Kauf von Auslandsdevisen und Wertpapieren in Umlauf bringen und kann auch über diese Wege die Geldmenge vergrössern und verkleinern.

Dieser Satz war ursprünglich nicht drin [Dank an Joerg Baumberger für ein PDF des ursprünglichen Textes!]. Verständlich, denn er widerspricht dem Initiativtext frontal. Ob die Initianten die eigene Initiative nicht gelesen haben oder ob sie bereits den Teilrückzug anstreben, sei dahingestellt. Den Nimbus der ehrlichen Idealisten haben sie bei mir jedenfalls verloren.

Urs Birchler
Professor für Banking am Institut für Banking und Finance (IBF) an der Universität Zürich. Doktorat in Volkswirtschaftslehre; mehrjährige Tätigkeit als Direktionsmitglied bei der Schweizerischen Nationalbank, einschliesslich Vertretung der SNB im Basler Ausschuss für Bankenaufsicht; Aufbau und Leitung der Research Task Force des Basler Ausschusses. Forschungsschwerpunkte: Banken, Finanzmärkte, Regulierung, Informationsökonomik.

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