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Digitales Zentralbankgeld: Ein neuer Angriff auf das Bargeld

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Photo: David Revoy from Wikimedia Commons (CC BY 3.0) Wird es in 10 Jahren noch Bargeld geben? Zweifel darf man daran durchaus haben. Denn die Währungswelt verändert sich rasant und die Notenbanken kommen zunehmend unter Druck. Dies ist auch dem letzten Notenbanker mit der Ankündigung der Facebook-Währung „Libra“ klar geworden. Die Digitalisierung macht beim Geld nicht halt. Im Gegenteil. Bis dato galt das Geldregime der Nachkriegsordnung, bei dem der US-Dollar die Weltleitwährung war. Daran hat auch das Schließen des Goldfensters durch die Aufkündigung Richard Nixons 1971, Dollar-Reserven anderer Notenbanken jederzeit in Gold einzutauschen, nichts grundsätzlich geändert. Einzig die Geldmengenausweitung hat sich seitdem exponentiell beschleunigt. Diese Ausweitung geht einher mit einem

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Wird es in 10 Jahren noch Bargeld geben? Zweifel darf man daran durchaus haben. Denn die Währungswelt verändert sich rasant und die Notenbanken kommen zunehmend unter Druck. Dies ist auch dem letzten Notenbanker mit der Ankündigung der Facebook-Währung „Libra“ klar geworden. Die Digitalisierung macht beim Geld nicht halt. Im Gegenteil. Bis dato galt das Geldregime der Nachkriegsordnung, bei dem der US-Dollar die Weltleitwährung war. Daran hat auch das Schließen des Goldfensters durch die Aufkündigung Richard Nixons 1971, Dollar-Reserven anderer Notenbanken jederzeit in Gold einzutauschen, nichts grundsätzlich geändert. Einzig die Geldmengenausweitung hat sich seitdem exponentiell beschleunigt. Diese Ausweitung geht einher mit einem enormen Anstieg der weltweiten Verschuldung. Sie hat sich längst von der wirtschaftlichen Entwicklung entkoppelt. Immer mehr Geld muss produziert werden, um ein bescheidenes Wachstum daraus zu generieren. Auch seit der Lehman-Pleite 2008 hat sich daran nichts geändert. Im Gegenteil: die Situation ist noch dramatischer geworden! Die Welt war Ende 2018 mit 318 Prozent zur Wirtschaftsleistung verschuldet, 2008 waren es noch 279 Prozent.

Banken und der Staat bilden dabei ein kongeniales Duo. Der Staat verschuldet sich, die Banken finanzieren dies. Der Staat und seine Notenbank statten dafür die Banken mit dem Privileg der Geldschöpfung aus. Sie können also selbst Geld produzieren, indem sie Kredite erzeugen. Diesen Krediten müssen faktisch keine Spareinlagen gegenüberstehen, sondern Banken können Kredit und damit Geld aus dem Nichts produzieren. Lediglich Regulierungsvorschriften des Staates bremsen die Banken dabei. Die Notenbank ist in diesem Prozess die oberste Planungsbehörde, die den Kreditfluss und damit auch die Geldmenge durch ihre geldpolitischen Instrumente steuern will. Rund 80 Prozent des Geldes, das in der Eurozone im Umlauf ist, ist Kreditgeld, das Banken produziert haben. 20 Prozent davon ist Zentralbankgeld, das die EZB und ihre Notenbanken aus dem Nichts geschaffen haben. Wiederum die Hälfte davon, also rund 10 Prozent, ist das, was wir als gesetzliches Zahlungsmittel verstehen – die Banknote, also das Bargeld. Nur dies ist das per Gesetz definierte alleinige Zahlungsmittel.

Doch wenn nur 10 Prozent des Geldes das alleinige gesetzliche Zahlungsmittel ist, dann deutet dies schon das Dilemma an. Kommt es in unserem Geldsystem zu Panik und rennen dann alle auf die Bank, um ihr nur digital vorhandenes Geld auf den Bankkonten (Giralgeld) in Bargeld umzutauschen, dann funktioniert dies nicht. Das Bargeld ist in dieser Größenordnung gar nicht vorhanden. Um Panik zu vermeiden, suggeriert der Staat mit der Einlagensicherung, dass jedes Konto mit 100.000 Euro garantiert ist. Doch, ob dies bei einer systemischen Bankenkrise Vertrauen schafft, ist fraglich. Das zeigt schon die Diskussion um eine europäische Einlagensicherung. Damit die Spareinlagen auf Konten in Italien, Griechenland und Spanien vermeintlich sicherer werden, schmeißt man einfach alle europäischen Einlagensicherungssysteme in einen Topf. So will man Vertrauen schaffen. Doch wahrscheinlich misstrauen die Anleger eher dieser Vergemeinschaftung der Risiken.

Vor diesem Hintergrund muss man die Diskussion um digitales Zentralbankgeld sehen, die die Bank der Zentralbanken, die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel, aber auch die schwedische Reichsbank und die Bank of England führen. Sie wollen das gesetzliche Zahlungsmittel auf das digitale Zentralbankgeld ausweiten. Das klingt in Zeiten von Blockchain und Kryptowährungen sehr modern. Suggeriert es doch, dass auch die Notenbanken mit der Zeit gehen. Doch anders als die privat initiierten Kryptowährungen, die dezentrale Netzwerke bilden, sich evolutorisch entwickeln und ohne Notenbanken auskommen, stehen die staatlichen Notenbanken nicht im Wettbewerb, sondern verteidigen ihr staatliches Währungsmonopol.

Jedoch ist die Einführung von digitalem Zentralbankgeld als gesetzliches Zahlungsmittel nicht so simpel, wie es sich anhört. Denn einem digitalen Euro, einer Krone oder einem Pfund sieht man auf dem Bankkonto erstmal nicht an, ob das Geld von der Notenbank geschaffen wurde oder die andere Seite eines Geldschöpfungsprozesses einer Bank war, die Kredit vergeben hat und dies anschließend als Einlage auf einem Konto gutgeschrieben wurde. Daher wird darüber diskutiert, ein Konto für Jedermann bei der Zentralbank zu schaffen. Da Zentralbanken faktisch nicht pleite gehen, weil sie unbegrenzt Geld produzieren können, verspricht man sich dadurch ein höheres Vertrauen in das Geldsystem.

Die Ausweitung wäre ein Systemwechsel. Derzeit können nur Banken Konten bei der Zentralbank halten. Ihre Sichteinlagen sind Zentralbankgeld. Ob eine Ausweitung auf Jedermann gut für die Geschäftsbanken und die Stabilität der Einlagen dort wäre, ist zumindest fraglich. Bei Panik könnten die Einlagen dann sogar noch viel schneller per Knopfdruck einfach auf das Zentralbankkonto überwiesen werden. Das Problem bank run wäre wahrscheinlich noch größer.

Banken hätten auch ein Problem, neue Einlagen der Sparer zu erhalten. Warum sollen Einlagen bei Banken geparkt werden, wenn sie sicherer bei der Zentralbank sind? Letztlich müssten Banken die Einlagen höher verzinsen, um dem Risiko für die Anleger gerecht zu werden. Vielleicht würde sogar das Zentralbankgeld generell höher gewichtet als das Giralgeld der Banken. Doch wie schaut es dann mit dem Bargeld aus? Braucht es dieses dann überhaupt noch? Und hier kommen wir zu des Pudels Kern. Die Notenbanken geben dies nicht offen zu, aber ihr Problem ist die mangelnde Steuerbarkeit der Geldmenge. Diese können sie über ihre geldpolitischen Instrumente nur indirekt beeinflussen. Teilweise führen ihre Maßnahmen zum gegenteiligen Effekt. Verschärfen sie den Kurs des billigen Geldes und zwingen sie die Banken indirekt dazu, die Negativzinsen gegenüber Einlegern zu erhöhen, dann flüchten diese in das Bargeld und horten es. Die Pferde saufen dann nicht. Das Geld wird dem Geldkreislauf entzogen. Der Wunsch, über Wachstum aus der Überschuldungssituation von Staaten und Banken herauszuwachsen, wird dann noch unrealistischer. Aber auch der gewollte Umverteilungseffekt läuft dann ins Leere. Sparer sollen durch Negativzinsen teilweise enteignet werden. Solange es Bargeld gibt, können die Sparer jedoch ausweichen und ihr Geld unter das Kopfkissen legen. Gibt es kein Bargeld mehr, dann kann auf den Konten der Zentralbank leicht ein Negativzins durchgesetzt werden. Nicht ohne Grund ist Bargeld ein Stück Freiheit, das uns vor der nächsten Stufe der finanziellen Repression schützt. Digitales Zentralbankgeld wäre der Weg in die finanzielle Knechtschaft und die Unmündigkeit.

Erstmals veröffentlicht auf Tichys Einblick. 

Frank Schäffler
1997 bis 2010 selbstständiger Berater für die Marschollek, Lautenschläger und Partner AG (MLP), Wiesloch Seit 1987 engagiert in der Lokal- und Landespolitik in Nordrhein-Westfalen als Mitglied der FDP 2005 – 2013 Abgeordneter des Deutschen Bundestages Schäffler ist sehr verbunden mit dem freiheitlichen Denken in der Schweiz und ist daher in economicblogs.ch

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