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Makroökonomie und Populismus

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Welche Faktoren treiben den Populismus? Dieser Beitrag sieht den Aufstieg des Populismus als Reaktion auf den wirtschaftspolitischen Kontrollverlust des Nationalstaats, der wiederum eine Konsequenz der vorherrschenden makroökonomischen Politikkonzeption ist. Diesem Kontrollverlust setzen Populisten ein wirtschaftsnationalistisches Konzept entgegen. Damit gewinnen sie viele Wähler, die dem gesellschaftspolitischen Populismus bestenfalls neutral gegenüberstehen, weil das Konzept nach vielen Jahren stagnierender Realeinkommen bei steigender Ungleichheit eine Wende verspricht. Dennoch sind die Erfolgsaussichten einer wirtschaftsna­tionalistischen Politik gering. Ökonomische versus sozio-kulturelle Erklärungen des Populismus Die Ursachen des Erfolgs populistischer Strömungen werden kontrovers diskutiert.[ 1 ] Ein populärer Erklärungsansatz lautet, dass der Populismus vor allem eine Folgeerscheinung der in den entwickelten Volkswirtschaften bestehenden Ungleichverteilung bei Einkommen und Vermögen ist. Sie hat seit den 80er Jahren deutlich zugenommen, vor allem wenn man "reiche Haushalte" eng definiert, also mit den reichsten 5% oder 1% der Bevölkerung gleichsetzt. Hinzu kommt eine Stagnation bzw. ein Rückgang der Realeinkommen weiter Bevölkerungskreise. Schließlich ist die Einkommenserzielung selbst für viele Menschen immer prekärer geworden.

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Welche Faktoren treiben den Populismus? Dieser Beitrag sieht den Aufstieg des Populismus als Reaktion auf den wirtschaftspolitischen Kontrollverlust des Nationalstaats, der wiederum eine Konsequenz der vorherrschenden makroökonomischen Politikkonzeption ist. Diesem Kontrollverlust setzen Populisten ein wirtschaftsnationalistisches Konzept entgegen. Damit gewinnen sie viele Wähler, die dem gesellschaftspolitischen Populismus bestenfalls neutral gegenüberstehen, weil das Konzept nach vielen Jahren stagnierender Realeinkommen bei steigender Ungleichheit eine Wende verspricht. Dennoch sind die Erfolgsaussichten einer wirtschaftsna­tionalistischen Politik gering.

Ökonomische versus sozio-kulturelle Erklärungen des Populismus

Die Ursachen des Erfolgs populistischer Strömungen werden kontrovers diskutiert.[ 1 ] Ein populärer Erklärungsansatz lautet, dass der Populismus vor allem eine Folgeerscheinung der in den entwickelten Volkswirtschaften bestehenden Ungleichverteilung bei Einkommen und Vermögen ist. Sie hat seit den 80er Jahren deutlich zugenommen, vor allem wenn man "reiche Haushalte" eng definiert, also mit den reichsten 5% oder 1% der Bevölkerung gleichsetzt. Hinzu kommt eine Stagnation bzw. ein Rückgang der Realeinkommen weiter Bevölkerungskreise. Schließlich ist die Einkommenserzielung selbst für viele Menschen immer prekärer geworden.

Das Problem dieses ökonomischen Erklärungsansatzes ist der lange Zeitraum: da der Umverteilungsprozess schon mehrere Jahrzehnte lang zu beobachten ist, kann er kaum für das plötzliche Erstarken populistischer Strömungen verantwortlich sein. Plausibler ist es daher auf sozio-kulturelle Faktoren zu verweisen, wie z.B. die in den letzten Jahren zunehmende Ablehnung konservativer Wertvorstellungen, die zurückgehende Bedeutung von Heimat und Nation in einer globalisierten Welt sowie Massenmigration und islamistischer Terrorismus.

Die Populismusdebatte und die US-Präsidentschaftswahl: Langfristige ökonomische Fehlentwicklungen entschieden die Wahl

Der Ausgang der US-Wahl stärkt die ökonomische Sichtweise dieser Debatte. Denn es waren vor allem die Arbeiterschaft und die untere Mittelschicht in traditionell demokratisch wählenden Gegenden, die Trump ins Amt verhalfen. Es ist unwahrscheinlich, dass für ihre Wahl sozio-kulturelle Gründe ausschlaggebend waren. Schließlich hatten sie noch vier Jahre zuvor Präsident Obama, quasi den Inbegriff liberaler Gesellschaftspolitik, wiedergewählt. Trump bekam daher ihre Stimmen vor allem wegen seines Versprechens, den Niedergang der industriellen Kerne zu stoppen und für wieder steigende Realeinkommen zu sorgen. Dieses Versprechen spiegelte sich im Wahlslogan "Make America great again" wider, der geschickt Erinnerungen an die goldenen 50er Jahre weckte. Damals gab es in Amerika – und nicht nur dort – Wohlstand für alle, also steigende Einkommen, Arbeitsplatzsicherheit und eine gleichere Einkommensverteilung. Diesem langfristigen Vergleich, "goldene 50er" versus "verlorene 80er-2010er", hatte das "Establishment", dem Republikaner und Demokraten gleichermaßen angehören, nichts entgegenzusetzen, schon gar nicht Hillary Clinton, die dieses Establishment aufgrund ihrer langen politischen Tätigkeit wie keine zweite verkörperte.

Nationale Wirtschaftspolitik der 50er Jahre: Als Amerika großartig war

Die 50er Jahre waren vom Wiederaufbau nach dem Krieg geprägt. Es ist daher naheliegend, die damals gute wirtschaftliche Lage mit dieser speziellen Situation zu erklären. Alternativ kann man aber auch die Wirtschaftspolitik dafür verantwortlich machen. Es war eine nationale Wirtschafts­politik, die sich zumindest in den USA an keynesianischen Grundüberlegungen orientierte. Diese implizierten vor allem, dass der Staat, also die Regierung, Vollbeschäftigung und Wachstum erreichen können und damit auch für die Erreichung dieser Ziele verantwortlich sind.

Dabei half das Bretton Woods System, das feste Wechselkurse bei einem stark eingeschränkten internationalen Kapitalverkehr vorsah, weil in diesem Währungssystem eine am Ziel Vollbeschäftigung ausgerichtete nationale Wirtschaftspolitik auch tatsächlich umgesetzt werden konnte. Dafür sorgten nicht zuletzt gemeinsam verabredete Wechselkursänderungen, wenn es zu größeren Leistungsbilanzsalden kam. Überschussländer werteten auf, Defizitländer werteten ab. Dies verhinderte, dass eine Volkswirtschaft durch Handel "getötet" (O-Ton Trump) werden konnte. Zudem sah das System zwar den freien Austausch von Gütern und Dienstleistungen vor, war aber keine Freihandelszone. Schließlich waren die nationalen Arbeitsmärkte weitgehend abgeschottet.

Internationale Angebotspolitik: Der Politikwechsel der achtziger Jahre

Die Ära nationaler Wirtschaftspolitik endete in den siebziger Jahren. Die Ursache ist schnell iden­ti­fiziert und lautet: Inflation. Getrieben wurde sie von zu expansiven Fiskalpolitik und einer quasi Voll­beschäftigungsgarantie von Staat und Zentralbank. Arbeitnehmer und Gewerkschaf­ten konnten hohe Nominallohnsteigerungen durchsetzen, ohne langfristig mit negativen Beschäfti­gungs­­­entwick­lungen rechnen zu müssen. So wurde die gesamtwirtschaftliche Angebotskurve immer unelastischer, d.h. expansive Fiskal- und Geldpolitik führten immer mehr zu Inflation und immer weniger zu Wachstum.

Das Inflationsproblem wurde mit der Rücknahme der Vollbeschäftigungsgarantie in Form der Volcker-Disinflation und Rezession 1979-82 gelöst. Seitdem ist in den westlichen Volkswirtschaften nicht mehr Vollbeschäftigung, sondern Preisstabilität das primäre Ziel der Geldpolitik, die von einer unabhängigen, von politischen Einflüssen geschützten Notenbank betrieben wird. Gleichzeitig wurde die Fiskalpolitik konjunkturpolitisch entmachtet und zu einem Instrument der (langfristigen) Wachstumssicherung über Strukturreformen umfunktioniert. Dies hieß vor allem Steuersenkungen, Liberalisierung und Privatisierung. Besonders konsequent wurde die Liberalisierungsagenda in Bezug auf das nationale und internationale Finanzsystem sowie den Außenhandel angewandt.

Insgesamt entstand ein makroökonomisches Politikkonzept, das man als "internationale Angebotspolitik" bezeichnen kann. In der EU gesellte sich zur Liberalisierung des Güter-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehrs die komplette Öffnung der Arbeitsmärkte. Dies führte insbesondere nach der Osterweiterung zu erheblichen Migrationsbewegungen innerhalb der Union. Großbritannien ist dafür das Paradebeispiel. Aber auch in den USA wuchs die Zahl der Zuwanderer, vor allem aus Mexiko, und damit das Arbeitsangebot.

In diesem Politikkonzept gerieten Verteilungsaspekte unter die Räder. Denn selbst im Aufschwung blieben Lohnerhöhungen begrenzt, weil es galt "den Standort zu sichern". Globalisierungsverlierer konnten ebenfalls nicht entschädigt werden, weil Mehrbelastungen bei offenen Grenzen zu Abwanderungen in Länder führen, die auf solche Zahlungen verzichten. Auch in den monetären Außenbeziehungen fand ein grundlegender Wandel statt, da seit dem Kollaps des Bretton Woods Systems und dem Übergang zu freiem Kapitalverkehr die als akzeptabel empfundene Höhe der Leistungsbilanzsalden nicht mehr von der Politik, sondern allein vom Finanzierungswillen der Finanzmärkte bestimmt wird. Dieser Finanzierungswille kann praktisch unbegrenzt sein, wie die geräuschlose Finanzierung sehr hoher US-Leistungsbilanzdefizite zeigt, aber auch abrupt mit einer Finanz- und Währungskrise enden. Die Eurokrise demonstrierte, dass letzteres selbst für Länder gelten kann, die sich zu einem gemeinsamen Währungsraum zusammenschließen.

Insgesamt führte die internationale Angebotspolitik über Integration und Liberalisierung dazu, dass die Angebotskurve hochgradig elastisch wurde. Der dafür zu zahlende Preis war, dass dem Nationalstaat die Kontrolle über Beschäftigungsentwicklung und Einkommensverteilung entglitt.

Wirtschaftspolitischer Kontrollverlust des Nationalstaats

Dieser Preis schien sehr gering zu sein. Denn das inflationäre Scheitern des nationalen Keynesianismus hatte – so die ökonomische Mehrheitsmeinung seit Anfang der 80er Jahre – demonstriert, dass der Staat diese Kontrolle gar nicht ausüben kann, wenn er nicht in die Inflationsfalle tappen will. Der wirtschaftspolitische Kontrollverlust des Nationalstaats war daher kein Zufall, sondern ökonomisch gewollt. Ganz bewusst wurde dem Staat die Verantwortung für Beschäftigung und Einkommensverteilung entzogen, und "den Märkten" übertragen. Deshalb gab es unter den Ökonomen auch nur vereinzelt Stimmen, die vor diesem Kontrollverlust warnten, weil er politisch nicht nachhaltig sein könnte. Gerade um Globalisierung und Liberalisierung gegen einen Rückschlag in Richtung nationaler Wirtschaftspolitik abzusichern, mahnten diese Außen­seiter­stimmen vergebens an, staatliche Kontrolle auf einer neuen, supranationalen Ebene wieder­herzustellen. Zwar gab es Schritte in diese Richtung. Aber selbst in der Eurozone ist man – abgesehen von der Geldpolitik – von einer gemeinsamen Wirtschaftspolitik meilenweit entfernt; nicht zuletzt weil man in Form des Maastrichter Vertrages den Kontrollverlust institutionalisiert hatte.

Politisch unterstützt wurde der Wechsel zur internationalen Angebotspolitik vor allem von konser­va­tiven und liberalen Parteien. Mitte der neunziger Jahre wurde sie auch von den Parteien links der Mitte akzeptiert, nicht zuletzt weil Versuche, zu einer Art nationalem Keynesianismus zurückzukeh­ren (Frankreich nach 1981), schnell scheiterten. Damit wurden aber viele Wähler mit ihren ökonomi­schen Problemen allein gelassen. Entsprechend stark fallen seither die Verluste dieser Parteien aus.

Trumps Strategie (oder Rhetorik?): Wirtschaftsnationalismus

Trump gelang es, diese traditionell eher links stehenden Wähler mit einer neuen Form des Wirtschaftsnationalismus für sich zu gewinnen. Massive Einschränkungen von Freihandel und Zuwanderung sollen dem Nationalstaat seine Handlungsfähigkeit und damit auch seine Verantwortung für die wirtschaftliche Entwicklung zurückgeben. Für die Wähler aus der unteren Mittelschicht ist das Konzept attraktiv, weil es den Wettbewerbsdruck, dem sie seit vielen Jahren ausgesetzt sind, zu mildern verspricht. Die viel zitierte Mauer zu Mexiko wird von ihnen nicht (unbedingt) befürwortet, weil sie sozio-kulturell etwas gegen "die Mexikaner" haben, sondern weil die starke Zuwanderung Lohndruck und Arbeitsplatzunsicherheit bedeutet.

Makroökonomisch stellt der Wirtschaftsnationalismus daher ein Konglomerat "struktureller" Reformen mit dem Ziel dar, die gesamtwirtschaftliche Angebotskurve wieder steiler zu gestalten bzw. nach links zu verschieben. Ergänzt wird er durch ein Investitionsprogramm zur Modernisierung der Infrastruktur. Sein politischer Erfolg beruht daher erneut auf einem Politikversagen: So wie es dem nationalen Keynesianismus nicht gelang, die Inflation einzudämmen, so scheiterte die internationale Angebotspolitik an der Aufgabe, die Ungleichheit bei der Einkommens- und Vermögensverteilung politisch verträglich einzugrenzen.

Wirtschaftsnationalismus und sozio-kultureller Populismus

Die sozio-kulturelle Erklärung des Populismus bestreitet diese ökonomischen Zusammenhänge nicht, hält sie aber für sekundär, um den Aufstieg populistischer Parteien zu erklären. Vielmehr wird dieser als Ablehnung der vom Establishment verkörperten liberalen Werte interpretiert.

Die Durchsetzung dieser Werte hat(te) aber für viele Menschen negative ökonomische Konsequenzen, so dass sich beide Faktoren kaum unterscheiden lassen. Alles andere unverändert sinken die Löhne, wenn das Arbeitsangebot durch steigende Erwerbstätigkeit von Frauen oder Zuwanderung steigt, auch wenn dieser Anstieg überwiegend nicht-ökonomische Gründe hat (Gleichberechtigung, EU-Osterweiterung, Flucht vor dem Krieg in Syrien). Auch auf Gütermärkten fallen die Preise jener Waren, die verstärkt aus China oder Osteuropa angeboten und importiert werden. Das schadet jenen inländischen Unternehmern und Arbeitnehmern, die diese Produkte produzieren, auch wenn die Ausweitung des Handels einen entscheidenden Beitrag dazu leistet, Armut in den exportierenden Ländern zu reduzieren und auf globaler Ebene Wohlstand zu schaffen.

Populisten nutzen diese Zusammenhänge zur gesellschaftspolitischen Kritik: Wenn traditionelle Werte – so wird es suggeriert – wieder gelten würden, also Frauen sich auf ihre Rolle als Ehefrau und Mutter konzentrierten, und wenn wir uns wieder zuerst als Nation identifizierten (also: America, France, Germany etc. first), dann würden sich auch die Knappheitsverhältnisse am Arbeitsmarkt zugunsten des "kleinen Mannes" verändern, dann würden Amerika, Deutschland, Frankreich etc. "wieder groß". Der Ruf "Wir wollen unser Land zurück" bezieht sich daher nicht nur auf (scheinbar) verloren gegangene Werte oder nationale Identitäten. Vielmehr greift er auch den ökonomischen Kontrollverlust des Nationalstaats auf, der für sinkende Realeinkommen und prekäre Jobs, wenn man will: das ökonomische Politikversagen der letzten Jahrzehnte, verantwortlich gemacht wird. Vieles spricht dafür, dass es diese Kombination von sozio-kulturellen und ökonomischen Faktoren war, die der "Elite" die Niederlagen des Jahres 2016 beschert haben, weil sie diesen Kontrollverlust nicht erst seit der Flüchtlingskrise, sondern schon seit viele Jahren als "alternativlos", weil in der Globalisierung angelegt, darstellen und damit ihre Hilflosigkeit gegenüber den Problemen vieler Wähler signalisieren. Trump sagte diesen Wählern: es gibt eine Alternative, der Staat ist nicht hilflos.

Finanzkrise als Populismusverstärker

Die Finanzkrise hat diese populistische Reaktion erheblich verstärkt, weil sie die politische Unterstützung der internationalen Angebotspolitik aus drei Gründen schwächte:

Erstens verloren viele konservativ-liberale Wähler das Vertrauen in das marktwirtschaftliche System. Denn mit der Finanzkrise kam es generell zu einem Rückgang der Einkommenszuwächse oder gar zu einer Stagnation der Einkommen. Damit wurden Abstiegsängste in Schichten transportiert, die sich bisher dagegen gefeit sahen.

Zweitens wurden in der Finanzkrise Maßnahmen zur Stabilisierung des Systems erforderlich, die liberalen Grundprinzipien zu widersprechen scheinen. Damit kollabierte die Unterstützung für die internationale Angebotspolitik gerade bei dessen größten Befürwortern und drehte sich in oft beißende Kritik. Bei der Geldpolitik wird dies besonders deutlich. Populisten müssen diese Kritik nur wiederholen, um den Wählern klar zu machen, wie sehr ein Systemwechsel notwendig ist. Nur fällt dieser Wechsel – wie das Beispiel Trump zeigt – nicht in Richtung ultraliberaler Wirtschafts­politik, sondern in Richtung Wirtschaftsnationalismus aus. Zugespitzt formuliert: Die Wähler ziehen dem rauen Wind der schöpferischen Zerstörung die geschützte Burg des Nationalstaates vor. Auch bei der Geldpolitik könnte ein Szenario eintreten, in dem Populisten die harte Kritik an den Notenbanken dafür nutzen, sie ihrer Unabhängigkeit zu berauben, um dann wirklich monetäre Staatsfinanzierung zu betreiben.

Drittens wird die Rückbesinnung auf die Nation von manchen als Möglichkeit ansehen, liberales Gedankengut zu retten. Einschränkungen beim Freihandel sind nicht gut, aber wenn sie im Inneren von Deregulierung und Steuersenkungen begleitet werden, wie das bei Trump der Fall ist, dann ist das der angeblich fortschreitende Bürokratisierung der (EU-)Marktwirtschaft oder einem möglichen Rückfall in den Sozialismus vorzuziehen.

Ausblick: Die Erfolgsaussichten des Wirtschaftsnationalismus

So bleibt zum Schluss die Frage, wie groß die Erfolgsaussichten dieses Konzepts sind. Zwei Aspekte sind hier besonders wichtig:

  1. Nationale Wirtschaftspolitik – das zeigt die Wirtschaftsgeschichte – verlangt nach einer internationalen monetären Flankierung, wie sie z.B. das Bretton Woods System lieferte. Diese Flankierung ist heute (noch?) nicht gegeben. Denn statt eines multilateralen Wechselkurssystems existiert heute ein globales Finanzsystem, bei dem Länder unilateral bestimmen können, wie sie ihre Wechselkurspolitik gestalten. Dies hat unmittelbare Auswirkungen auf die Erfolgsaussichten des wirtschaftsnationalistischen Konzepts, selbst wenn der viel befürchtete "Handelskrieg" ausbliebe. Denn eine zunehmend protektionistischere Politik der USA kann monetär durch entsprechende Wechselkuränderungen von den Partnern oder den Finanzmärkten konterkariert werden. Die jüngsten wechselkurspolitischen Äußerungen des US-Präsidenten legen nahe, dass Trump dies erkannt hat. Unklar ist, wie er darauf reagieren wird, also ob die USA selbst wechselkurspolitisch intervenieren oder gar den Kapitalverkehr begrenzen werden.
  2. Nationale Wirtschaftspolitik ist anfällig für Inflation, weil es gerade ihr Ziel ist, die Angebotskurve unelastischer zu gestalten. Binnenwirtschaftlich hängen die Erfolgsaussichten der Trumpschen Strategie daher vor allem davon ab, inwieweit die Angebotskapazitäten in den USA nach wie vor unausgelastet sind und die Fiskalpolitik angesichts von Investitions- und Steuersenkungsprogrammen so stark nachfragebele­bend wirkt, dass inflationäre Tendenzen entstehen. Dies gilt vor allem dann, wenn die Geldpolitik daran gehindert werden sollte, korrigierend einzugreifen.

Ein Scheitern des Wirtschaftsnationalismus ist also wahrscheinlich, aber nicht vorprogrammiert. Aber selbst wenn er scheitert: die Wähler werden wohl erst dann wieder zum Mainstream zurückkehren, wenn es ihm gelingt, ein Konzept zu entwickeln, das jene ökonomischen Fehlentwicklungen angeht, die Trump thematisierte.


©KOF ETH Zürich, 28. Feb. 2017

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