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Blockchain – Revolution im Finanzsystem?

Summary:
Die Blockchain-Technologie verspricht Kostenreduktionen und mehr Effizienz, indem auf einen Intermediär verzichtet werden kann. Entsprechend sind die Erwartungen an Blockchain groß; es ist jedoch noch zu klären, inwieweit sie diese tatsächlich erfüllen kann. Blockchain ist die Technologie, die die Basis für die kontrovers diskutierte Digitalwährung Bitcoin bildet. Blockchain geht jedoch auch darüber hinaus: Sie lässt sich dort einsetzen, wo Eigentumsrechte registriert werden und Eigentum übertragen werden kann, wie beispielsweise im Zahlungsverkehr, im Wertpapierhandel oder bei Grundbucheinträgen. Die Eigentumsrechte bzw. Transaktionen aller Teilnehmer des Systems werden in einer Art digitalem Kassenbuch verschlüsselt gespeichert. Die Transaktionen der Vergangenheit sind dabei in den bestehenden Blocks unabänderlich abgelegt. Für neue Transaktionen wird ein zusätzlicher Block erzeugt. Alte und neue Blocks sind wie eine Kette verbunden – daher der Name Blockchain. Das disruptive Element dieser Technologie ist, dass die Blockchain von keinem Intermediär verwaltet und überwacht wird. In den traditionellen elektronischen Zahlungs- und Abwicklungssystemen sind Intermediäre erforderlich, um zu garantieren, dass Geldeinheiten bzw. Vermögenswerte nicht kopiert werden oder eine andere Form des Betrugs oder der Schädigung von Teilnehmern stattfinden kann.

Topics:
Markus Demary, Vera Demary considers the following as important:

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Die Blockchain-Technologie verspricht Kostenreduktionen und mehr Effizienz, indem auf einen Intermediär verzichtet werden kann. Entsprechend sind die Erwartungen an Blockchain groß; es ist jedoch noch zu klären, inwieweit sie diese tatsächlich erfüllen kann.

Blockchain ist die Technologie, die die Basis für die kontrovers diskutierte Digitalwährung Bitcoin bildet. Blockchain geht jedoch auch darüber hinaus: Sie lässt sich dort einsetzen, wo Eigentumsrechte registriert werden und Eigentum übertragen werden kann, wie beispielsweise im Zahlungsverkehr, im Wertpapierhandel oder bei Grundbucheinträgen. Die Eigentumsrechte bzw. Transaktionen aller Teilnehmer des Systems werden in einer Art digitalem Kassenbuch verschlüsselt gespeichert. Die Transaktionen der Vergangenheit sind dabei in den bestehenden Blocks unabänderlich abgelegt. Für neue Transaktionen wird ein zusätzlicher Block erzeugt. Alte und neue Blocks sind wie eine Kette verbunden – daher der Name Blockchain.

Das disruptive Element dieser Technologie ist, dass die Blockchain von keinem Intermediär verwaltet und überwacht wird. In den traditionellen elektronischen Zahlungs- und Abwicklungssystemen sind Intermediäre erforderlich, um zu garantieren, dass Geldeinheiten bzw. Vermögenswerte nicht kopiert werden oder eine andere Form des Betrugs oder der Schädigung von Teilnehmern stattfinden kann. Die Blockchain verhindert dies durch zwei Vorkehrungen: (1) Jeder Teilnehmer speichert eine eigene Kopie der Blockchain auf seinem Computer. Diese Kopie kann er auf Konsistenz mit den Kopien der anderen Teilnehmer überprüfen. (2) Neue Transaktionen werden über einen Markt für Validierungsdienstleistungen bestätigt. Die Dienstleister auf diesem Markt sind die so genannten Miner. Darunter werden Computer oder Rechenzentren verstanden, die im Wettbewerb um die schnellste Lösung einer Validierungsaufgabe konkurrieren. Herrscht Konsens unter den Validierungsdienstleistern, gilt die Transaktion als bestätigt und es wird ein Block zur Blockchain hinzugefügt. Der Miner, der die schnellste korrekte Lösung präsentieren kann, erhält eine Vergütung für seine Leistung.

Die Blockchain scheint eine Reihe von Vorteilen gegenüber den traditionellen Systemen mit sich zu bringen, die wir in Demary/Demary (2016a, b) diskutiert und hinterfragt haben:

Ist Blockchain kostengünstiger?

Je mehr Teilnehmer Transaktionen über eine Blockchain abwickeln und je mehr Transaktionen pro Zeiteinheit getätigt werden, desto größer wird die Blockchain. Basierend auf der Bitcoin-Blockchain und je nach Partizipation prognostizieren wir für die Blockchain für das Jahr 2030 eine Größe zwischen 0,1 TB und 1.9 Millionen TB (Demary/Demary, 2016a). Selbst bei weiter exponentiell ansteigenden Speicherkapazitäten von Computern ist unwahrscheinlich, dass Anwendungen der Blockchain auch über ein Smartphone funktionieren können, was die Anwendbarkeit erheblich einschränken würde.

Die Anzahl der Transaktionen beeinflusst darüber hinaus auch den Stromverbrauch der Miner. Sorge/Krohn-Grimberghe (2013) schätzen den täglichen Stromverbrauch der Bitcoin-Miner für das Jahr 2013 auf 23,5 GW/h. Würde sich im Jahr 2030 die Hälfte der Weltbevölkerung an einer solchen Blockchain-Anwendung beteiligen, würde dies einen jährlichen Stromverbrauch nach sich ziehen, der 14 Prozent höher als das derzeitige gesamt weltweite Stromangebot ist (Demary/Demary, 2016b). Auch bei einer weniger umfassenden Beteiligung der Weltbevölkerung sind die Stromkosten der Miner noch enorm. Der Anteil des Stromverbrauchs des Dienstleistungssektors am gesamten Stromverbrauch liegt aktuell bei 13 Prozent (Eurostat, 2016). Davon macht der Stromverbrauch der Zahlungs- und Abwicklungssysteme nur einen Teil aus. Es ist damit fraglich, ob nicht die Kosten des Betreibens von Blockchain deren Nutzen übersteigen.

Können Transaktionen schneller durchgeführt werden?

Aktuell dauert die Verifikation einer Bitcoin-Transaktion 9,3 Minuten (blockchain.info, 2016a). Der Kreditkartenanbieter Visa kann in einer Sekunde durchschnittlich 2.000 Transaktionen abwickeln (Gilbert, 2016). Für die Abwicklung von inländischen Zahlungen könnte Blockchain damit zumindest aktuell zu langsam sein. Der Direktransfer, den Blockchain ermöglicht, könnte aber die grenzüberschreitende Abwicklung beschleunigen. Denn in den bestehenden Systemen dauert diese vor allem deshalb so lange, weil mehrere Banken und Zentralbanken daran beteiligt sind, deren Systeme und Datenformate nicht notwendigerweise standardisiert und kompatibel sind. Zudem benötigt eine Transaktion auf traditionellem Weg länger als mit der Blockchain, da Compliance-Vorschriften zur Geldwäscheprävention befolgt werden müssen. Diese sollten jedoch auch bei entsprechenden Blockchain-Anwendungen eingehalten werden.  

Funktioniert Blockchain ohne regulierte Dritte?

Die Teilnehmer an einer Blockchain sollten eigentlich einer vergleichbaren Regulierung unterliegen wie in bestehenden Systemen, um Geldwäsche zu verhindern oder einen ähnlichen Verbraucherschutz sicherzustellen. Es stellt sich dann aber die Frage, wer bei einer Blockchain-Transaktion für die Compliance verantwortlich ist. In einem Blockchain-System sind die Miner die Dienstleister, welche die Aufgabe der Validierung von Transaktionen anstelle eines Intermediärs übernehmen. Damit könnten folgerichtig auch Compliance-Pflichten verbunden sein. Dazu kommt, dass die Miner möglicherweise zu einer kritischen Infrastruktur werden könnten. Vor diesem Hintergrund sollte der Gesetzgeber eine Registrierungspflicht für Mining-Dienstleistungen und deren Beaufsichtigung in Erwägung ziehen.

Ist Blockchain weniger fehleranfällig?

Neben technischen Fehlern stellt der Mensch in vielen Fällen eine Fehlerquelle dar, auch in Bezug auf Zahlungs- und Abwicklungssysteme. Die Blockchain-Technologie ersetzt die menschliche Komponente durch Computercode. Dies kann zwar die Fehleranfälligkeit reduzieren. Gibt es jedoch Schlupflöcher im Code, die von einem oder mehreren Teilnehmern zu Lasten Dritter ausgenutzt werden können, so ist eine Rückabwicklung von Blockchain-Transaktionen kaum möglich. Dies belegt anschaulich das Beispiel der Distributed Autonomous Organization (DAO) der Firma Ethereum, einer Art Blockchain-Investmentfonds. Im Code der Blockchain war eine sogenannte Splitting-Funktion enthalten, die von einem Teilnehmer dazu verwendet wurde, Geld anderer Teilnehmer in einen Sub-Fonds zu transferieren, auf den nur er Zugriff hatte (Levine, 2016). Da der Code von den Teilnehmern aber als rechtlich bindenden Vertrag verstanden wurde, herrscht nun rechtliche Unsicherheit darüber, ob es sich bei der Benutzung der Splitting-Funktion um Diebstahl oder um eine erlaubte Anwendung des Codes handelt (Levine, 2016). Rechtssicherheit bei Blockchain-Anwendungen scheint damit noch nicht in ausreichendem Maße vorhanden zu sein. Sollte die Blockchain jemals ein Zahlungs- oder Abwicklungssystem ersetzen, so muss rechtlich eindeutig ex-ante geklärt sein, wer bei Fehlern, Betrug oder Non-Compliance haftet. Dazu muss auch bestimmt werden, ob es sich bei einer Blockchain-Anwendung um eine juristische Person, einen Vertrag oder einfach nur um Code handelt.  

Ist Blockchain sicherer?

Zur Validierung einer Transaktion über Blockchain muss Konsens unter den beteiligten Minern über die Lösung der Validierungsaufgabe herrschen. Dabei ist es sinnvoll, dass eine Vielzahl von Minern an der Validierung beteiligt ist. Denn falls mehr als 50 Prozent der Rechenleistung auf einen einzigen Miner fallen sollten, wäre Manipulation möglich. Aktuell haben 19 Miner der Bitcoin-Blockchain einen Marktanteil von 98,8 Prozent (blockchain.info, 2016b). Die vier größten Miner haben dabei bereits einen Marktanteil von 56,7 Prozent. Die Sicherheit der Blockchain könnte darüber hinaus beeinträchtigt werden, wenn ein Großteil der Miner in einem Land mit geringer oder fehlender Regulierung und Aufsicht tätig wäre. Gesetzgeber und Regulierer sollten einen Rahmen schaffen, der einen fairen Wettbewerb zwischen den Minern erlaubt.     

Schlussfolgerung

Derzeit kann nicht abschließend beurteilt werden, ob es sich bei Blockchain um eine disruptive Technologie handelt. Grundsätzlich gilt, dass Blockchain-Anwendungen mit den bestehenden Systemen und Standards konkurrieren und hohen Anforderungen genügen müssen, um Bestand haben zu können. Möglicherweise besteht ein größeres Potenzial als hierzulande in Entwicklungsländern, in denen vielen Menschen der Zugang zu Finanzdienstleistungen fehlt und in denen keine zentrale Eintragungsmöglichkeit für Eigentumsrechte vorliegt.

blockchain.info[ a ], 2016a, Währungsstatistik. Bitcoin Währungs-Statistiken [abgerufen am: 30-11-2016]

blockchain.info[ b ], 2016b, Hashrate-Verteilung  [01-12-2016]

Demary, Markus / Demary, Vera, 2016a, The Promise of Blockchain, IW-Kurzbericht, Nr. 1-2017[ c ], Köln

Demary, Markus / Demary, Vera, 2016b, Blockchain – Down to Earth, IW-Kurzbericht, Nr. 2-2017[ d ], Köln

Eurostat, 2016, Consumption of Energy [ e ][02-12-2016]

Gilbert, David, 2016, Bitcoin’s Big Problem: Transaction Delays Renew Blockchain Debate[ f ], International Business Times, 04-03-2016 [02-12-2016]

Levine, Matt, 2016, Blockchain Company’s Smart Contracts Were Dumb[ g ], Bloomberg View, 17-06-2016 [02-12-2016]

Sorge, Christoph / Krohn-Grimberghe, Artus, 2013, Bitcoin - das Zahlungsmittel der Zukunft?, in: Wirtschaftsdienst, Vol. 93, No. 10, pp. 720-722 

©KOF ETH Zürich, 4. Jan. 2017

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