Zuschauerinnen am White Turf in St. Moritz. Foto: Gian Ehrenzeller (Keystone) Forscher in den Niederlanden haben kürzlich ein interessantes Experiment durchgeführt, um einem hartnäckigen öffentlichen (Vor-)Urteil auf die Spur zu kommen: Sind reiche Menschen wirklich egoistischer als andere? Dazu wählten sie in einer mittelgrossen holländischen Stadt zwei Kategorien von Privathaushalten aus: solche mit einem durchschnittlichen Vermögen von 2,5 Millionen Euro und solche mit einem Vermögen von rund 27’000 Euro. Ihnen allen schickten sie einen Brief, der eine Glückwunschkarte von einem Grossvater an seinen Enkel enthielt. Zusätzlich befanden sich in den Umschlägen kleine Geldgeschenke. Entweder eine 5- oder 20-Euro-Note oder eine entsprechende Banküberweisungskarte über diesen Betrag, die allerdings nur von dem korrekten Empfänger eingelöst werden konnte. Die Umschläge waren leicht transparent, sodass sich von aussen erahnen liess, was die Post enthielt. Die Sache hatte nur einen Haken: Die adressierten Briefe wurden absichtlich an die falschen Adressen geschickt.
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Andreas Neinhaus considers the following as important: Allgemein, Armut, Reichtum, Soziales Gefälle
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Forscher in den Niederlanden haben kürzlich ein interessantes Experiment durchgeführt, um einem hartnäckigen öffentlichen (Vor-)Urteil auf die Spur zu kommen: Sind reiche Menschen wirklich egoistischer als andere? Dazu wählten sie in einer mittelgrossen holländischen Stadt zwei Kategorien von Privathaushalten aus: solche mit einem durchschnittlichen Vermögen von 2,5 Millionen Euro und solche mit einem Vermögen von rund 27’000 Euro. Ihnen allen schickten sie einen Brief, der eine Glückwunschkarte von einem Grossvater an seinen Enkel enthielt. Zusätzlich befanden sich in den Umschlägen kleine Geldgeschenke. Entweder eine 5- oder 20-Euro-Note oder eine entsprechende Banküberweisungskarte über diesen Betrag, die allerdings nur von dem korrekten Empfänger eingelöst werden konnte. Die Umschläge waren leicht transparent, sodass sich von aussen erahnen liess, was die Post enthielt.
Die Sache hatte nur einen Haken: Die adressierten Briefe wurden absichtlich an die falschen Adressen geschickt. Würden die Empfänger, die Post öffnen und das Geld einstecken, oder würde sie sie dem richtigen Empfänger zukommen lassen? Ökonomisch ausgedrückt: Wer würde sich für einen risikolosen Profit (auf Kosten anderer) entscheiden und wer hingegen zusätzliche Kosten schultern, um jemand anderes vor einem Verlust zu bewahren?
Gleiche Absichten, unterschiedliche Resultate
Das Resultat fiel eindeutig aus. 81 Prozent der vermögenden Haushalte leiteten die Briefe an den richtigen Adressaten weiter, aber nur 38 Prozent der armen taten das ebenfalls. Dabei spielte es keine Rolle, was genau sich in den jeweiligen Briefen befand. Reiche handeln also nicht unsozialer als andere Menschen, folgern die Autoren des Experiments. Aber was ist mit den Armen? Unter den nicht vermögenden Haushalten sank die Bereitschaft, die Überweisungskarte dem Empfänger zukommen zu lassen, umso mehr, je weiter der Termin der letzten Lohnauszahlung zurücklag.
Die Wissenschaftler führten mehrere...