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Private Städte als Zukunftsalternative

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In den heutigen Staatssystemen bestimmen politische Mehrheiten weitgehend darüber, wie die Bürger ihr Leben zu führen haben. Sie nehmen ihnen mittels Zwang einen erheblichen Teil ihres Einkommens ab und verteilen dieses nach Belieben um. Immer mehr Bereiche werden zwangsreguliert. Die Bürger haben bestenfalls ein demokratisches Mitbestimmungsrecht, ihr Selbstbestimmungsrecht wird aber damit immer mehr eingeschränkt. Angesichts der Reformunfähigkeit vieler Massendemokratien, drängt sich seit Jahren die Frage einer Alternative auf. Unter zahlreichen, nicht immer überzeugenden Konzepten bieten nach Gewinn strebende private Städte einen gangbaren Ausweg: Auf Basis einer freiwilligen Übereinkunft würden Unternehmer den in ihren Staaten bevormundeten Bürgern ein neues Zuhause bieten.

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In den heutigen Staatssystemen bestimmen politische Mehrheiten weitgehend darüber, wie die Bürger ihr Leben zu führen haben. Sie nehmen ihnen mittels Zwang einen erheblichen Teil ihres Einkommens ab und verteilen dieses nach Belieben um. Immer mehr Bereiche werden zwangsreguliert. Die Bürger haben bestenfalls ein demokratisches Mitbestimmungsrecht, ihr Selbstbestimmungsrecht wird aber damit immer mehr eingeschränkt. Angesichts der Reformunfähigkeit vieler Massendemokratien, drängt sich seit Jahren die Frage einer Alternative auf. Unter zahlreichen, nicht immer überzeugenden Konzepten bieten nach Gewinn strebende private Städte einen gangbaren Ausweg: Auf Basis einer freiwilligen Übereinkunft würden Unternehmer den in ihren Staaten bevormundeten Bürgern ein neues Zuhause bieten. Charakteristisch für private Städte sind vertraglich ausgehandelte Leistungen zu einem festgelegten Preis, der nicht einseitig erhöht werden kann, wie das in Staaten mit Zwangscharakter fortlaufend praktiziert wird. Mit dem Aufkommen privater Städte könnte die Möglichkeit der Menschen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, überraschend in den Bereich des Möglichen rücken.

In seiner Einführung ging LI-Direktor Pierre Bessard auf den Gesellschaftsvertrag von Rousseau ein, der Staatsgläubigen aller Couleur als Rechtfertigung für die unbegrenzte demokratische Kollektivierung der Gesellschaft bis heute dient. Rousseau sei in Tat und Wahrheit alles andere als ein Liberaler gewesen, weibelte er doch für Wirtschaftsdirigismus, für Vermögensumverteilung und für eine Progressivsteuer. Früh jedoch wurde Rousseau vom klassisch liberalen politischen Philosophen Benjamin Constant widerlegt, der den demokratischen Entscheidungsmechanismus lediglich in die Hände der Eigentümer legen wollte. Zudem verteidigte Constant das Primat des Individuums und des Eigentums als Grundlage einer freiwilligen gesellschaftlichen Kooperation und lag damit ganz auf der Linie heutiger Bestrebungen, dieses Prinzip — mindestens theoretisch — rein zivilgesellschaftlich verwirklichen zu wollen: sei es durch das «Seasteading», durch die Errichtung eines neuen liberalen Gemeinwesens auf einer terra nullius, durch Sonderwirtschaftszonen oder eben durch den Ansatz gewinnorientierter Gebietskörperschaften. Diese Initiativen seien zu begrüssen, zumal sie Versuche darstellen, die Menschen von der Tyrannei des scheinbar unvermeidlich überbordenden Umverteilungsstaats zu befreien — im Einklang mit der kaum kontroversen Idee des Standortwettbewerbs.

In seinem Referat stellte der Jurist und Unternehmer Titus Gebel, Inhaber von Free Private Cities Inc., den Ansatz privater Städte vor, den er selbst mit seinem Unternehmen zu verwirklichen versucht. Damit wird das Ziel angestrebt, dem Drang der Völker nach Selbstbestimmung zu entsprechen, der auch historisch stets zu beobachten war. Freie Städte wie beispielsweise Lübeck, Köln oder Basel befreiten sich im 13. und 14. Jahrhundert vom bischöflichen Stadtregiment, besassen Selbstverwaltungsrechte und Privilegien, mussten keine Steuern an den Kaiser zahlen und unterlagen ihm gegenüber nicht dem Gefolgszwang. Auch die weitgehend autonomen Reichsstädte wie etwa Ravensburg, Mülhausen oder Colmar sind Beispiele dafür, da sie sich lediglich dem gewählten römischen König oder Kaiser, jedoch keinem Reichsfürsten unterstellten, weshalb auch diese Gebiete in den Genuss von Freiheiten und Privilegien gelangten. Die Fürsten wussten um den Erfolg und die Prosperität freier Städte und versuchten diese mit der Zeit nicht mehr zu verhindern.

Die Idee freier Privatstädte knüpfe an bewährten historischen Vorbildern unter Berücksichtigung aktueller Begebenheiten an. Am Anfang sei die Erkenntnis gestanden, dass Freiheit und Selbstbestimmung in einem demokratischen System nicht erreicht werden können, da die entsprechenden Vorstösse oft nicht mehrheitsfähig seien. Das müsse jedoch nicht so bleiben, wie Gebel betont. Könnten sich private Städte ausserhalb der bestehenden Staatenstrukturen etablieren, würde deren Erfolg und Prosperität schon bald für viele offensichtlich und entsprechende Nachahmer auf den Plan rufen. Der so entstehende Systemwettbewerb würde dafür sorgen, dass private Städte für Kunden immer billiger und besser würden.

Private Städte sind herkömmlichen Staaten aus diversen Gründen überlegen: Erstens sorgen das Freiwilligkeitsprinzip und der Charakter der Betreibung der Stadt als gewinnorientiertes Unternehmen für eine grössere Orientierung an den Interessen der Bewohner. Deren Bedürfnisse — aus Sicht von Gebel sind dies vor allem der Schutz der Freiheit, der Sicherheit und des Eigentums — werden besser befriedigt, da die Existenz des Betreibers von der Zufriedenheit der Kunden abhängt und der Betreiber schadenersatzpflichtig würde, wenn Bewohner bei Verbrechen zu Schaden kämen. Weil es sich zweitens um einen echten Vertrag zwischen dem jeweiligen Bewohner und dem Betreiber der Stadt handelt und nicht um einen fiktiven Gesellschaftsvertrag, kann der Vertrag nicht einseitig abgeändert werden. Während in Staatssystemen die Gesetze ständigen Änderungen unterliegen, herrscht in einer Privatstadt aufgrund der Konstanz eine wesentlich höhere Rechtssicherheit. Dominiert in einer Demokratie ein ständiger Kampf aller gegen alle, ist es in Privatstädten drittens nicht mehr nötig, Unmengen an Energie, Zeit und Geld in politische Verteilkämpfe zu investieren und Lobbyisten anzuheuern, da dies aus dem einfachen Grund schlicht keinen Nutzen mehr bringen würde, weil niemand dazu berechtigt ist, anderen Bewohnern seine Wertvorstellungen aufzuzwingen. Viertens haben die Bewohner die Möglichkeit, bei Streitigkeiten mit dem Betreiber unabhängige Schiedsgerichte anzurufen, die nicht vom Goodwill des Betreibers abhängig sind und dadurch unparteiischer auftreten können als staatliche Gerichte. Fünftens kommen die Bewohner in den Genuss von mehr Freiheit, was den Lebensstandard zweifelsohne anheben wird.

In der anschliessenden Diskussion wurden mögliche Herausforderungen diskutiert, welche Privatstädte zu bewältigen haben. Einerseits wurde die Tatsache angesprochen, dass ursprünglich liberale Staaten — wie etwa die USA — auf der Basis einer unveränderbaren freiheitlichen Verfassung errichtet wurden, der Inhalt allerdings im Laufe der Zeit so umgedeutet wurde, dass Eigentums- und Freiheitsrechte darunter litten. Dies spreche dafür, einen Schritt weiter zu gehen in der institutionellen Debatte. Wie aber können bestehende Staaten davon überzeugt werden, auf ihrem jetzigen Territorium eine Privatstadt zu bewilligen? Zumal auch unter Regierungen der Erfolg von Sonderverwaltungszonen kein Geheimnis ist, sind Verträge denkbar, wonach der Betreiber der Privatstadt beispielsweise einen gewissen Prozentsatz seines Gewinns an den betreffenden Staat abgeben muss. Nicht zuletzt wurde auch die Hypothese einer gewaltsamen Invasion und Einverleibung der Privatstadt durch andere Staaten diskutiert. Das Beispiel von Singapur zeigt allerdings, dass gewisse Stadtstaaten militärisch derart erstarkt sind, dass sie nicht mehr ohne Weiteres von ihrem Ursprungsland okkupiert werden können. Es bleibt vorerst abzuwarten, mit welchem Erfolg private Städte als eigenständige Gebietskörperschaften sich etablieren und behaupten können.

8. Juni 2017

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