Christine Lagarde will bei der Überprüfung der geldpolitischen Strategie der EZB jeden Stein umdrehen. (Bild: Shutterstock.com) Der Leitzins im Euroraum bleibt auf dem Rekordtief von null Prozent. Nach Jahren im Zinstief justiert die Europäische Zentralbank (EZB) aber ihre geldpolitische Strategie neu. Erstmals seit 2003 will die Notenbank eine umfassende Überprüfung auf den Weg bringen. Das beschloss der EZB-Rat nach einem entsprechenden Vorstoss der neuen EZB-Präsidentin Christine Lagarde."Wir müssen uns umfassend mit der Wirksamkeit unserer Geldpolitik befassen", sagte Lagarde nach der Sitzung des EZB-Rates vom Donnerstag in Frankfurt. Sie bekräftigte: "Wir werden jeden Stein umdrehen." In der Tat dürfte die als Kernprojekt vorgestellte Strategieüberprüfung, erst die zweite in
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Der Leitzins im Euroraum bleibt auf dem Rekordtief von null Prozent. Nach Jahren im Zinstief justiert die Europäische Zentralbank (EZB) aber ihre geldpolitische Strategie neu. Erstmals seit 2003 will die Notenbank eine umfassende Überprüfung auf den Weg bringen. Das beschloss der EZB-Rat nach einem entsprechenden Vorstoss der neuen EZB-Präsidentin Christine Lagarde.
"Wir müssen uns umfassend mit der Wirksamkeit unserer Geldpolitik befassen", sagte Lagarde nach der Sitzung des EZB-Rates vom Donnerstag in Frankfurt. Sie bekräftigte: "Wir werden jeden Stein umdrehen." In der Tat dürfte die als Kernprojekt vorgestellte Strategieüberprüfung, erst die zweite in der Geschichte der EZB, keinen Stein auf dem anderen belassen, kommentiert Ulrike Kastens, DWS Volkswirtin Europa. Zwar werde es Lagardes Ziel sein, Mehrheiten für die einzelnen Themen im Rat zu gewinnen, doch dürften einige Themen zu grösseren Kontroversen führen - etwa wie man die Klimapolitik oder auch die soziale Gleichheit in den Zielkatalog der EZB übernehmen möchte. "Wir erwarten, dass Christine Lagarde das neue Jahr mit einer grüneren Agenda beginnen wird", kommentiert Scott Freedman von Newton IM, eine Investmentgesellschaft von BNY Mellon Investment Management, die Sitzung vom Donnerstag.
Geldpolitik auf Autopilot?
Kastens relativiert allerdings die Reformbestrebungen Lagardes: "Auch wenn sich vielleicht manch einer in den nordischen Ländern etwas von der Analyse der Nebenwirkungen der Geldpolitik erhoffen dürfte, glauben wir nicht, dass dies das Ende der expansiven Politik einleiten könnte." Vorerst wird sich an dieser nichts ändern. Zwar meint die EZB, dass die Risiken für den konjunkturellen Ausblick nicht mehr ganz so gravierend seien. Doch da die Unsicherheiten bleiben, bleibt es auch beim Easing Bias, also der Bereitschaft der EZB, die Zinsen notfalls weiter zu senken. "Dies erwarten wir nicht. Doch solange sich der Inflations- und Wachstumsausblick nicht gravierend verändert, wird die Geldpolitik weiter auf Autopilot bleiben und das Niedrigzinsumfeld fortbestehen", so die DWS Volkswirtin. Paul Diggle, Senior Economist bei Aberdeen Standard Investments, ist entgegen dem Konsens der Meinung, dass die EZB die Zinssätze am Ende des Jahres, wenn die Überprüfung abgeschlossen ist, senken wird, um ihr Engagement zur Erreichung des Inflationsziels zu unterstreichen."
Lagarde hat Änderungen der Geldpolitik während der zuletzt beschlossenen Strategiedebatte der Notenbank nicht ausgeschlossen. Man solle nicht annehmen, dass die Geldpolitik in der Zeit der Debatte "auf Autopilot" laufen werde, sagte sie am Freitag dem Fernsehsender Bloomberg TV. Die Währungshüterin äusserte sich am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos.
Die Währungshüter halten gemäss dem Beschluss vom Donnerstag den Leitzins im Euroraum auf dem Rekordtief von null Prozent. Banken müssen weiterhin 0,5 Prozent Zinsen zahlen, wenn sie Gelder bei der EZB parken. Zudem will die Notenbank auf unbestimmte Zeit monatlich 20 Milliarden Euro in den Kauf von Anleihen stecken.
Alles wird unter die Lupe genommen
In einem umfassenden Prozess will die EZB nun ihre Formulierung von Preisstabilität ebenso unter die Lupe nehmen wie das geldpolitische Instrumentarium und ihre gesamte Kommunikation. "Wir werden auf die Erwartungen der Menschen hören, um ihre Anliegen besser zu verstehen", versprach Lagarde. Auch externe Experten sollen eingebunden werden. November/Dezember dieses Jahres wäre aus Sicht Lagardes ein guter Zeitpunkt, die Ergebnisse der Strategieüberprüfung vorzustellen.
Schon vor ihrem Amtsantritt in Frankfurt hatte die damalige Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) zugesichert, die Nebenwirkungen der seit Jahren ultralockeren Geldpolitik genauer unter die Lupe zu nehmen. Lagarde bekräftigte aber auch am Donnerstag, sie halte eine sehr lockere Geldpolitik auf absehbare Zeit für nötig.