René Maier, Chefredaktor investrends.ch 2019 ging mit einem Kursfeuerwerk los. Viele zweifelten daran, dass die Börsen angesichts der schwächelnden Weltwirtschaft bis Ende Jahr Rekordstände erreichen würden. Doch die Notenbanken leisteten mit ihrer lockeren Geldpolitik grosse Schützenhilfe. Die Ampeln stehen auch 2020 auf grün.Liebe Leserinnen, liebe LeserWer hätte gedacht, dass die Finanzmärkte nach dem massiven Taucher vor Jahresfrist im neuen Jahr gleich so abgehen würden? Sie etwa? Und sind Sie auch gleich auf die Welle aufgesprungen und haben ohne Risikoscheu investiert? Dann sind Sie ein Glückspilz! Blickt man heute auf das Börsenjahr zurück, so sehen wir Rekordstände hüben wie drüben. Der Schweizer Aktienindex SMI hat seit Anfang Jahr gut 2000 Punkte zugelegt, also rund
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2019 ging mit einem Kursfeuerwerk los. Viele zweifelten daran, dass die Börsen angesichts der schwächelnden Weltwirtschaft bis Ende Jahr Rekordstände erreichen würden. Doch die Notenbanken leisteten mit ihrer lockeren Geldpolitik grosse Schützenhilfe. Die Ampeln stehen auch 2020 auf grün.
Liebe Leserinnen, liebe Leser
Wer hätte gedacht, dass die Finanzmärkte nach dem massiven Taucher vor Jahresfrist im neuen Jahr gleich so abgehen würden? Sie etwa? Und sind Sie auch gleich auf die Welle aufgesprungen und haben ohne Risikoscheu investiert? Dann sind Sie ein Glückspilz! Blickt man heute auf das Börsenjahr zurück, so sehen wir Rekordstände hüben wie drüben. Der Schweizer Aktienindex SMI hat seit Anfang Jahr gut 2000 Punkte zugelegt, also rund 25% und somit etwa gleich viel wie der Dow Jones.
Doch viele trauten der Sache nicht und blieben vorerst an der Seitenlinie, denn die Weltwirtschaft begann im Schatten des Handelskrieges zwischen den USA und China zu stottern, das Rezessionsgespenst tauchte auf. Ein Zeichen dafür war auch, dass sich viele mit Gold eindeckten – 1 kg des gelben Edelmetalls ist heute 15% mehr wert als zu Beginn des Jahres.
Zinssenkungen als Auslöser des Kursfeuerwerks
Der Auslöser des Kursfeuerwerks war die US-Notenbank Fed gewesen, die entgegen den vorherigen Ankündigungen wieder eine Senkung der Leitzinsen ins Auge fasste. Und bei der EZB unter Mario Draghi war es klar, dass sie an ihrer lockeren Geldpolitik bzw. der Forward Guidance festhalten würde, da das Inflationsziel von unter, aber nahe 2% trotz aller Massnahmen bisher nicht erreicht wurde. Befinden sich die Leitzinsen bereits auf einem sehr niedrigen Niveau, so ist es für eine Zentralbank schwierig, mit weiteren Leitzinssenkungen noch den gewünschten Effekt zu erzielen. Dann bedarf es anderer geldpolitischer Instrumente, beispielsweise eben der Forward Guidance, der klaren Kommunikation über künftige geldpolitische Absichten. Christine Lagarde, die diesen Herbst die Nachfolge Draghis angetreten hat, kündigte zwar an, dass sie die EZB-Strategie unter die Lupe nehmen werde, der EZB-Rat beliess die geldpolitischen Rahmenparameter aber unverändert.
Vor fünf Jahren hiess es noch in fast jedem Marktausblick, das könne so mit den Tief- und Negativzinsen nicht weitergehen. Es komme zu einem Crash. Heute haben wir den Konsens, dass die Zinsen tief bleiben, ja möglicherweise noch weiter sinken und die Geldmenge ausgeweitet werden. Dass es auf die Länge zu Kollateralschäden kommt, ist unbestritten, namentlich im Bereich der Vorsorge. Insgesamt findet eine gewaltige Umverteilung vom Sparer zum Schuldner statt, was der Bildung von Blasen Vorschub leistet, sei es zum Beispiel am Immobilienmarkt oder auch an gewissen Anleihemärkten.
Wegen der Negativzinsen immer stärker in die Kritik geraten ist die Schweizerische Nationalbank (SNB). Die Bankiervereinigung ist der Ansicht, Negativzinsen würden der Branche und letztlich der ganzen Volkswirtschaft mittlerweile mehr schaden als nützen, weil sie eben den gewünschten Effekt nicht mehr erzielten und die Banken zunehmend unter Druck geraten, die Negativzinsen an die Sparer weiterzugeben. SNB-Präsident Thomas Jordan verteidigte jüngst die Niedrigzinspolitik. Würde die SNB jetzt die Zinsen erhöhen, hätte das eine negative Teuerung zur Folge und das Wachstum würde sich deutlich verlangsamen. Und dies nütze weder dem Sparer noch den Pensionskassen. Jordan ortete eine der Ursachen für das niedrige Zinsniveau in der Langlebigkeit: "Die Menschen leben länger, sie sparen viel mehr. Das lässt die Zinsen sinken", sagte er. Gleichzeitig sei der Ertrag auf dem investierten Kapital aber geringer als noch vor ein oder zwei Jahrzehnten. Kämen beide Faktoren - also die längere Lebenserwartung und die niedrigen Erträge - zusammen, führe dies zu einem tieferen Zinsniveau. "Das hat nichts mit der Geldpolitik zu tun", betonte er.
Diese Feststellung deutet darauf hin, dass es noch lange so weitergehen könnte. Denn an der Tatsache, dass wir immer älter werden, lässt sich nicht rütteln. Die demographische Lage spitzt sich immer weiter zu und Reformen in der 1. und 2. Säule sind in der Schweiz aber auch andernorts dringlich, zum Beispiel in Frankreich, wo die Altersvorsorge auf ein neues Fundament gestellt werden muss. Dort scheint sich die Regierung mit der angestrebten Reform bei der Bevölkerung aber die Zähne auszubeissen.
Megatrend Nachhaltigkeit
Nachhaltige Lösungen sind allenthalben vonnöten. Im Sozialen, wie eben der Vorsorge, im Umgang mit der Umwelt – Stichwort Klimawandel – und in der Unternehmensführung. Die Abkürzung "ESG" und Sustainable Finance ist mittlerweile in der Finanzindustrie in aller Munde. Es deutet sich klar an, dass nachhaltige Kriterien zum Mainstream werden, die Kunden erwarten das von ihrer Bank und ihrem Asset Manager, sie üben Druck aus. Und das ist gut so. Es braucht aber auch übergeordnete Standards auf Länder- oder Wirtschaftsraum- oder am besten auf globaler Ebene, welche die Bestimmungs- und Auswahlkriterien nachhaltiger Unternehmen vereinheitlichen und transparent machen.
In Sachen "ESG" ist im Jahr 2019 auf Inhouse-Ebene einiges gegangen, doch nun braucht es die grossen Würfe. Nachhaltigkeit wird zurecht auch im 2020 ganz oben auf vielen Agenden stehen. Zu hoffen ist auch, dass US-Präsident Donald Trump und sein chinesischer Amtskollege Xi Jinping einen Weg aus dem Handelskrieg finden, der die Weltwirtschaft nicht behindert, sondern prosperieren lässt. Die kürzlich bekannt gegebene, aber noch nicht unterzeichnete Teil-Einigung ist ein erster Schritt und stimmt zuversichtlich für das nächste Jahr. Auch beim Brexit herrscht nun zumindest über den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU Klarheit.
Natürlich gibt es noch viele Unbekannte in den politischen Konflikten auf dieser Welt, das Parkett bleibt glatt und die Auswirkungen politischer Eskalationen auf die Finanzmärkte haben in den letzten Jahren zugenommen.
Nichtsdestotrotz sind die Prognosen der Marktkommentatoren für 2020 im Durchschnitt eher positiv. Kaum einer oder eine erwartet eine Rezession in den grossen Wirtschaftsräumen, und die globale Wirtschaft dürfte wieder moderat in Schwung kommen. Die Börsen haben bis jetzt, kurz vor Weihnachten, ihre Rekordstände halten können. Die Story vom letzten Jahr wiederholt sich heuer also nicht. Lassen wir das ein gutes Zeichen für das nächste Jahr sein.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen im Namen des investrends.ch-Teams frohe Festtage und einen guten Start ins neue Jahr,
René Maier