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Das Schattendasein von Betriebsräten und Tarifverträgen in Familienunternehmen: Zur Rolle von Eigentümern und externen Managern

Summary:
Die relativ geringe Verbreitung von Betriebsräten und Tarifverträgen in Familienunternehmen nimmt deutlich zu, wenn das Management nicht allein aus Eigentümern besteht, sondern auch externe Führungskräfte beschäftigt werden. Die besonderen Arbeitsbeziehungen in familiengeführten Betrieben sollten nicht nur auf Abneigungen der Eigentümer gegen Mitbestimmung und Gewerkschaften zurückgeführt werden. Das Rückgrat der deutschen Wirtschaft besteht, ähnlich wie in fast allen entwickelten Volkswirtschaften, aus Unternehmen in Familienbesitz. Aktuelle Daten der Stiftung Familienunternehmen (2019) zeigen, dass mehr als 85% aller Unternehmen in Deutschland von Familien und deren Mitgliedern geleitet werden. In diesen Firmen arbeiten mehr als die Hälfte aller inländischen Beschäftigten. Im

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Arnd Kölling, Claus Schnabel considers the following as important:

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Die relativ geringe Verbreitung von Betriebsräten und Tarifverträgen in Familienunternehmen nimmt deutlich zu, wenn das Management nicht allein aus Eigentümern besteht, sondern auch externe Führungskräfte beschäftigt werden. Die besonderen Arbeitsbeziehungen in familiengeführten Betrieben sollten nicht nur auf Abneigungen der Eigentümer gegen Mitbestimmung und Gewerkschaften zurückgeführt werden.

Das Rückgrat der deutschen Wirtschaft besteht, ähnlich wie in fast allen entwickelten Volkswirtschaften, aus Unternehmen in Familienbesitz. Aktuelle Daten der Stiftung Familienunternehmen (2019) zeigen, dass mehr als 85% aller Unternehmen in Deutschland von Familien und deren Mitgliedern geleitet werden. In diesen Firmen arbeiten mehr als die Hälfte aller inländischen Beschäftigten. Im Vergleich zu anderen Firmen weisen familiengeführte Betriebe eine Reihe von Besonderheiten auf. So werden oft die stabilen Arbeitsplätze und der langfristige Horizont des unternehmerischen Handelns in Familienunternehmen betont. Andererseits gibt es empirische Hinweise, dass familiengeführte Unternehmen eine signifikant geringere Produktivität aufweisen als andere Firmen (z.B. Chrisman et al. 2014).

Arbeitsbeziehungen in Familienunternehmen
Zu den Besonderheiten familiengeführter Unternehmen gehört auch, dass Betriebsräte und Tarifverträge dort relativ selten zu finden sind. Dieses Fehlen institutionalisierter Arbeitsbeziehungen mag zunächst einmal überraschen, da viele Untersuchungen einen positiven Zusammenhang zwischen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Betriebs und der Existenz von Tarifverträgen bzw. Betriebsräten herstellen (Doucouliagos et al. 2017). Ein solcher positiver Zusammenhang lässt sich auch theoretisch durch Exit-Voice-Modelle oder institutionenökonomische Überlegungen und Transaktionskostenvorteile begründen. Obwohl beide Pfeiler der industriellen Beziehungen arbeitsrechtlich verankert sind – und Betriebsräte bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen de jure nicht verhindert werden können – sinkt die Wahrscheinlichkeit der Existenz einer Tarifbindung und eines Betriebsrates deutlich, wenn Familienunternehmen betrachtet werden (Oberfichtner und Schnabel 2019).
Diese geringe Repräsentanz von Arbeitnehmerinteressen wird häufig auf eine negative Einstellung der Eigentümer zu Mitbestimmung und Gewerkschaften zurückgeführt. Als Gründe werden u.a. Befürchtungen über eine Umverteilung von Gewinnen und eine geringere Flexibilität des Unternehmens genannt, und es gibt zahlreiche Beispiele für unternehmerisches Abwehrverhalten (Schlömer-Laufen et al. 2014, Behrens und Dribbusch 2013). Insbesondere wird vermutet, dass Eigentümer Arbeitnehmervertretungen und Tarifverhandlungen hauptsächlich deshalb verhindern möchten, um ihre unbeschränkte Herrschaft zu wahren (Müller und Stegmaier 2017). Diese Erklärung erscheint jedoch etwas zu einfach und ist schwer damit in Einklang zu bringen, dass viele Familienunternehmen auch externe Manager beschäftigen. Wenn Eigentümer ihre patriarchalische Führungsrolle wahren möchten, sollten sie in gleicher Weise sowohl die Partizipation von Arbeitnehmern als auch die Einstellung externer Manager ablehnen. Möglicherweise gibt es in Familienunternehmen weit komplexere Beziehungen zwischen Eigentümern, externen Managern und Arbeitnehmervertretungen, die näher untersucht werden sollten.
Das besondere Verhalten von Familienunternehmen
Das Verhalten von Familienunternehmen ist Gegenstand zahlreicher betriebswirtschaftlicher Untersuchungen (z. B. Tabor et al. 2018). Dort wird u.a. argumentiert, dass Firmen in Familienbesitz nicht nur Gewinne erzielen möchten, sondern auch gleichberechtigt andere Ziele verfolgen. Oft wird angenommen, dass die Eigentümer ihr sogenanntes sozio-emotionales Vermögen maximieren wollen. Dieses umfasst neben den Gewinnen aus der unternehmerischen Tätigkeit auch die langfristige Kontrolle des Eigentümers über die Firma sowie den Ruf der Eigentümerfamilie (z. B. Gomez-Meija et al. 2007). Vor diesem Hintergrund könnte es für Eigentümer sinnvoll sein, auf Produktivitätsgewinne durch institutionalisierte Arbeitsbeziehungen zu verzichten, wenn ein höheres Maß an sozio-emotionalem Vermögen gefährdet ist, z.B. die Kontrolle über Unternehmensentscheidungen oder die persönliche Reputation des Unternehmers und seiner Familie. Bestehen Betriebsräte oder eine Bindung an Tarifverträge, schränkt dies die Möglichkeiten der Eigentümer ein, sich persönlich um die Probleme ihrer Mitarbeiter zu kümmern und diese informell zu lösen. Patriarchen werden damit zu „normalen“ Arbeitgebern.
Es ist eine offene Frage, wie sich eine solche Denkweise der Eigentümer auf die Einstellung externer Manager auswirkt. Falls Externe Leitungsfunktionen übernehmen, schränken sie damit die Führungsposition der Eigentümer ein. Dann sollten familiengeführte Unternehmen sowohl gegen die institutionelle Beteiligung von Arbeitnehmern sein als auch die Einstellung externer Manager vermeiden. Andererseits mag die Beschäftigung externer Manager unvermeidbar sein, z.B. wenn eigentümergeführte Firmen stark wachsen und sich möglicherweise neu organisieren. Die steigende Arbeitsbelastung für das Management bei einem Verzicht auf externe Manager könnte andere Bereiche des sozio-emotionalen Wohlstands, z.B. den Gewinn, stärker belasten als der Verlust an Kontrolle. Ähnliches gilt, wenn sich das Unternehmen einer stärkeren Konkurrenz ausgesetzt sieht oder wenn die Managementfähigkeiten der Eigentümer nicht ausreichen, um die Firma erfolgreich zu leiten.
Dieses potenzielle Problem lässt sich einschränken, wenn Führungskräfte beschäftigt werden, die mit den Zielen von Familienunternehmen weitgehend übereinstimmen. Diese Manager würden dann als „Stewards“ agieren und ihr Führungsstil sollte dem Verhalten der Manager aus der Eigentümerfamilie ähneln (Fang et al. 2016). Folglich sollten sie gegenüber der Arbeitnehmervertretung die gleiche Haltung einnehmen wie die Eigentümer. Es gäbe damit keine Unterschiede in der Häufigkeit von Betriebsräten oder Tarifbindung im Vergleich zu ausschließlich familiengeführten Betrieben. Möglich ist aber auch, dass Führungskräfte, die von außen zum Familienunternehmen stoßen, eine eigene Agenda verfolgen und somit keine Stewards sind, sondern als sogenannte Agenten auftreten. Diese Manager könnten ihre eigenen Managementfähigkeiten in den Vordergrund stellen, z.B. durch die Steigerung der Produktivität und Gewinne, um ihr Gehalt durch Erfolgsprämien zu erhöhen oder attraktiv für den externen Arbeitsmarkt zu bleiben. Wenn Betriebsräte oder Tarifbindung zu sinkenden Transaktionskosten oder einer höheren Wirtschaftsleistung führen, sollten Agenten mit einer größeren Wahrscheinlichkeit solche formalisierten Arbeitsbeziehungen zulassen. Solange aber noch Mitglieder der Eigentümerfamilie im Management mitwirken, z.B. in Betrieben, in denen das Management gemischt ist (d.h. aus Eigentümern und externen Managern besteht), dürfte die Ablehnung von Arbeitnehmervertretungen aber größer sein als bei komplett von externen Managern geführten Firmen.
Empirische Analyse
Dieser komplexe Zusammenhang zwischen der Zusammensetzung des Managements in Familienbetrieben und den industriellen Beziehungen über Betriebsräte und Tarifverhandlungen wurde bislang nicht empirisch untersucht. Neue Erkenntnisse bringt eine aktuelle Studie, für die wir eine repräsentative Längsschnitterhebung von deutschen Betrieben (das IAB Betriebspanel) über den Zeitraum von 2008 bis 2017 ausgewertet haben (Kölling und Schnabel 2019). Ökonometrische Analysen zeigen, dass neben einigen strukturellen Faktoren wie Betriebsgröße, Alter des Betriebs und Branche hauptsächlich die Führung durch Eigentümer die Wahrscheinlichkeit der Existenz von formellen Arbeitnehmerbeziehungen beeinflusst. Betriebe, die ausschließlich von Familienangehörigen geleitet werden, weisen im Vergleich zu Betrieben ohne Führung durch Eigentümer eine um 36% geringere Wahrscheinlichkeit der Existenz eines Betriebsrats auf, während die Wahrscheinlichkeit einer Tarifbindung um 26% zurückgeht.
Während diese Erkenntnis in Übereinstimmung mit der Literatur steht, zeigen sich darüber hinaus Unterschiede zwischen Betrieben, die teilweise von externen Managern geleitet werden, und den anderen Betrieben. Zwar sinkt auch hier die Wahrscheinlichkeit von formalisierten Arbeitsbeziehungen, aber nicht so stark wie bei den Firmen, die ausschließlich von Familienmitgliedern geleitet werden. Für beide Formen der Partizipation fällt die Wahrscheinlichkeit ihrer Existenz um etwas mehr als 20% geringer aus. Diese Betriebe mit gemischtem Management unterscheiden sich in statistisch signifikanter Weise sowohl von den Betrieben ohne Familienführung als auch von den Firmen, die ausschließlich durch Eigentümer geleitet werden. Aufgrund unserer Vorüberlegungen implizieren diese Ergebnisse, dass externe Führungskräfte häufiger als eigenständige Agenten denn als Stewards agieren.
Insgesamt wird deutlich, dass die Ablehnung von Gewerkschaften und Betriebsräten durch Eigentümer nicht die gesamten Arbeitsbeziehungen in Familienunternehmen erklären dürfte. Das Verhalten ist weitaus komplexer und wird wohl zum einen durch die Maximierung des sozio-emotionalen Vermögens und zum anderen durch die Einstellung und das Agieren familienfremder Manager beeinflusst. Diese Faktoren sollten bei zukünftigen Analysen industrieller Beziehungen, insbesondere in Familienbetrieben, berücksichtigt werden.

Das Rückgrat der deutschen Wirtschaft besteht, ähnlich wie in fast allen entwickelten Volkswirtschaften, aus Unternehmen in Familienbesitz. Aktuelle Daten der Stiftung Familienunternehmen (2019) zeigen, dass mehr als 85% aller Unternehmen in Deutschland von Familien und deren Mitgliedern geleitet werden. In diesen Firmen arbeiten mehr als die Hälfte aller inländischen Beschäftigten. Im Vergleich zu anderen Firmen weisen familiengeführte Betriebe eine Reihe von Besonderheiten auf. So werden oft die stabilen Arbeitsplätze und der langfristige Horizont des unternehmerischen Handelns in Familienunternehmen betont. Andererseits gibt es empirische Hinweise, dass familiengeführte Unternehmen eine signifikant geringere Produktivität aufweisen als andere Firmen (z.B. Chrisman et al. 2014).

Arbeitsbeziehungen in Familienunternehmen

Zu den Besonderheiten familiengeführter Unternehmen gehört auch, dass Betriebsräte und Tarifverträge dort relativ selten zu finden sind. Dieses Fehlen institutionalisierter Arbeitsbeziehungen mag zunächst einmal überraschen, da viele Untersuchungen einen positiven Zusammenhang zwischen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Betriebs und der Existenz von Tarifverträgen bzw. Betriebsräten herstellen (Doucouliagos et al. 2017). Ein solcher positiver Zusammenhang lässt sich auch theoretisch durch Exit-Voice-Modelle oder institutionenökonomische Überlegungen und Transaktionskostenvorteile begründen. Obwohl beide Pfeiler der industriellen Beziehungen arbeitsrechtlich verankert sind – und Betriebsräte bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen de jure nicht verhindert werden können – sinkt die Wahrscheinlichkeit der Existenz einer Tarifbindung und eines Betriebsrates deutlich, wenn Familienunternehmen betrachtet werden (Oberfichtner und Schnabel 2019).

Diese geringe Repräsentanz von Arbeitnehmerinteressen wird häufig auf eine negative Einstellung der Eigentümer zu Mitbestimmung und Gewerkschaften zurückgeführt. Als Gründe werden u.a. Befürchtungen über eine Umverteilung von Gewinnen und eine geringere Flexibilität des Unternehmens genannt, und es gibt zahlreiche Beispiele für unternehmerisches Abwehrverhalten (Schlömer-Laufen et al. 2014, Behrens und Dribbusch 2013). Insbesondere wird vermutet, dass Eigentümer Arbeitnehmervertretungen und Tarifverhandlungen hauptsächlich deshalb verhindern möchten, um ihre unbeschränkte Herrschaft zu wahren (Müller und Stegmaier 2017). Diese Erklärung erscheint jedoch etwas zu einfach und ist schwer damit in Einklang zu bringen, dass viele Familienunternehmen auch externe Manager beschäftigen. Wenn Eigentümer ihre patriarchalische Führungsrolle wahren möchten, sollten sie in gleicher Weise sowohl die Partizipation von Arbeitnehmern als auch die Einstellung externer Manager ablehnen. Möglicherweise gibt es in Familienunternehmen weit komplexere Beziehungen zwischen Eigentümern, externen Managern und Arbeitnehmervertretungen, die näher untersucht werden sollten.

Das besondere Verhalten von Familienunternehmen

Das Verhalten von Familienunternehmen ist Gegenstand zahlreicher betriebswirtschaftlicher Untersuchungen (z. B. Tabor et al. 2018). Dort wird u.a. argumentiert, dass Firmen in Familienbesitz nicht nur Gewinne erzielen möchten, sondern auch gleichberechtigt andere Ziele verfolgen. Oft wird angenommen, dass die Eigentümer ihr sogenanntes sozio-emotionales Vermögen maximieren wollen. Dieses umfasst neben den Gewinnen aus der unternehmerischen Tätigkeit auch die langfristige Kontrolle des Eigentümers über die Firma sowie den Ruf der Eigentümerfamilie (z. B. Gomez-Meija et al. 2007). Vor diesem Hintergrund könnte es für Eigentümer sinnvoll sein, auf Produktivitätsgewinne durch institutionalisierte Arbeitsbeziehungen zu verzichten, wenn ein höheres Maß an sozio-emotionalem Vermögen gefährdet ist, z.B. die Kontrolle über Unternehmensentscheidungen oder die persönliche Reputation des Unternehmers und seiner Familie. Bestehen Betriebsräte oder eine Bindung an Tarifverträge, schränkt dies die Möglichkeiten der Eigentümer ein, sich persönlich um die Probleme ihrer Mitarbeiter zu kümmern und diese informell zu lösen. Patriarchen werden damit zu „normalen“ Arbeitgebern.

Es ist eine offene Frage, wie sich eine solche Denkweise der Eigentümer auf die Einstellung externer Manager auswirkt. Falls Externe Leitungsfunktionen übernehmen, schränken sie damit die Führungsposition der Eigentümer ein. Dann sollten familiengeführte Unternehmen sowohl gegen die institutionelle Beteiligung von Arbeitnehmern sein als auch die Einstellung externer Manager vermeiden. Andererseits mag die Beschäftigung externer Manager unvermeidbar sein, z.B. wenn eigentümergeführte Firmen stark wachsen und sich möglicherweise neu organisieren. Die steigende Arbeitsbelastung für das Management bei einem Verzicht auf externe Manager könnte andere Bereiche des sozio-emotionalen Wohlstands, z.B. den Gewinn, stärker belasten als der Verlust an Kontrolle. Ähnliches gilt, wenn sich das Unternehmen einer stärkeren Konkurrenz ausgesetzt sieht oder wenn die Managementfähigkeiten der Eigentümer nicht ausreichen, um die Firma erfolgreich zu leiten.

Dieses potenzielle Problem lässt sich einschränken, wenn Führungskräfte beschäftigt werden, die mit den Zielen von Familienunternehmen weitgehend übereinstimmen. Diese Manager würden dann als „Stewards“ agieren und ihr Führungsstil sollte dem Verhalten der Manager aus der Eigentümerfamilie ähneln (Fang et al. 2016). Folglich sollten sie gegenüber der Arbeitnehmervertretung die gleiche Haltung einnehmen wie die Eigentümer. Es gäbe damit keine Unterschiede in der Häufigkeit von Betriebsräten oder Tarifbindung im Vergleich zu ausschließlich familiengeführten Betrieben. Möglich ist aber auch, dass Führungskräfte, die von außen zum Familienunternehmen stoßen, eine eigene Agenda verfolgen und somit keine Stewards sind, sondern als sogenannte Agenten auftreten. Diese Manager könnten ihre eigenen Managementfähigkeiten in den Vordergrund stellen, z.B. durch die Steigerung der Produktivität und Gewinne, um ihr Gehalt durch Erfolgsprämien zu erhöhen oder attraktiv für den externen Arbeitsmarkt zu bleiben. Wenn Betriebsräte oder Tarifbindung zu sinkenden Transaktionskosten oder einer höheren Wirtschaftsleistung führen, sollten Agenten mit einer größeren Wahrscheinlichkeit solche formalisierten Arbeitsbeziehungen zulassen. Solange aber noch Mitglieder der Eigentümerfamilie im Management mitwirken, z.B. in Betrieben, in denen das Management gemischt ist (d.h. aus Eigentümern und externen Managern besteht), dürfte die Ablehnung von Arbeitnehmervertretungen aber größer sein als bei komplett von externen Managern geführten Firmen.

Empirische Analyse

Dieser komplexe Zusammenhang zwischen der Zusammensetzung des Managements in Familienbetrieben und den industriellen Beziehungen über Betriebsräte und Tarifverhandlungen wurde bislang nicht empirisch untersucht. Neue Erkenntnisse bringt eine aktuelle Studie, für die wir eine repräsentative Längsschnitterhebung von deutschen Betrieben (das IAB Betriebspanel) über den Zeitraum von 2008 bis 2017 ausgewertet haben (Kölling und Schnabel 2019). Ökonometrische Analysen zeigen, dass neben einigen strukturellen Faktoren wie Betriebsgröße, Alter des Betriebs und Branche hauptsächlich die Führung durch Eigentümer die Wahrscheinlichkeit der Existenz von formellen Arbeitnehmerbeziehungen beeinflusst. Betriebe, die ausschließlich von Familienangehörigen geleitet werden, weisen im Vergleich zu Betrieben ohne Führung durch Eigentümer eine um 36% geringere Wahrscheinlichkeit der Existenz eines Betriebsrats auf, während die Wahrscheinlichkeit einer Tarifbindung um 26% zurückgeht.

Während diese Erkenntnis in Übereinstimmung mit der Literatur steht, zeigen sich darüber hinaus Unterschiede zwischen Betrieben, die teilweise von externen Managern geleitet werden, und den anderen Betrieben. Zwar sinkt auch hier die Wahrscheinlichkeit von formalisierten Arbeitsbeziehungen, aber nicht so stark wie bei den Firmen, die ausschließlich von Familienmitgliedern geleitet werden. Für beide Formen der Partizipation fällt die Wahrscheinlichkeit ihrer Existenz um etwas mehr als 20% geringer aus. Diese Betriebe mit gemischtem Management unterscheiden sich in statistisch signifikanter Weise sowohl von den Betrieben ohne Familienführung als auch von den Firmen, die ausschließlich durch Eigentümer geleitet werden. Aufgrund unserer Vorüberlegungen implizieren diese Ergebnisse, dass externe Führungskräfte häufiger als eigenständige Agenten denn als Stewards agieren.

Fazit

Insgesamt wird deutlich, dass die Ablehnung von Gewerkschaften und Betriebsräten durch Eigentümer nicht die gesamten Arbeitsbeziehungen in Familienunternehmen erklären dürfte. Das Verhalten ist weitaus komplexer und wird wohl zum einen durch die Maximierung des sozio-emotionalen Vermögens und zum anderen durch die Einstellung und das Agieren familienfremder Manager beeinflusst. Diese Faktoren sollten bei zukünftigen Analysen industrieller Beziehungen, insbesondere in Familienbetrieben, berücksichtigt werden.

Behrens M., H. Dribbusch (2013). Anti-unionism in a coordinated market economy: the case of Germany, in: Gall, G., T. Dundon (eds.): Global anti-unionism: nature, dynamics, trajectories and outcomes, Houndmills: 83-103.

Chrisman, J. J., E. Memili, K. Misra (2014). Nonfamily managers, family firms, and the winner's curse: The influence of noneconomic goals and bounded rationality. Entrepreneurship Theory and Practice 38(5): 1103-1127.

Doucouliagos, H., R. B. Freeman, P. Laroche (2017). The Economics of Trade Unions: A Study of a Research Field and Its Findings. London and New York.

Fang, H., R. V. Randolph, E. Memili, J. J. Chrisman (2016). Does size matter? The moderating effects of firm size on the employment of nonfamily managers in privately held family SMEs. Entrepreneurship Theory and Practice 40(5): 1017-1039.

Gómez-Mejía, L.R., K. T. Haynes, M. Núñez-Nickel, K. J. Jacobson, J. Moyano-Fuentes (2007). Socioemotional wealth and business risks in family-controlled firms: Evidence from Spanish olive oil mills. Administrative science quarterly 52(1): 106-137.

Kölling, A., C. Schnabel (2019). Owners, External Managers, and Industrial Relations in German Establishments. IZA Discussion Paper No. 12767, Bonn.

Müller, S., J. Stegmaier (2017). Why is there resistance to works councils in Germany? An economic perspective. Economic and Industrial Democracy. Online first (DOI: 10.1177/0143831X17734296).

Oberfichtner, M., C. Schnabel (2019). The German Model of Industrial Relations: (Where) Does It Still Exist? Journal of Economics and Statistics 239(1): 5-37.

Schlömer-Laufen, N., R. Kay, M. Holz (2014). Works Councils in Family Businesses in Germany – why are there so few? IfM Working Paper No. 03/14, Bonn.

Stiftung Familienunternehmen (2019). Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Familienunternehmen, 5. Aufl., Mannheim, München.

Tabor, W., J. J. Chrisman, K. Madison, J. M. Vardaman (2018). Nonfamily members in family firms: A review and future research agenda. Family Business Review 31(1): 54-79.

©KOF ETH Zürich, 20. Dez. 2019

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