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Rosige Aussichten, auch für Pessimisten

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Photo: Anthony Intraversato (CC0) Deutschlands Arbeitsmarkt brummt. Die Arbeitslosenquote liegt nahe 5 Prozent. Zwar könnte sich die Konjunktur in naher Zukunft etwas abkühlen, doch über die nächsten Jahre spricht wenig für eine deutliche Trendumkehr. Langfristig sehen jedoch viele schwarz. Angesichts fortschreitender Automatisierung erwarten einige Beobachter eine Ära der Massenarbeitslosigkeit, in der nur noch hochqualifizierte Fachkräfte ein geregeltes Arbeitsverhältnis haben werden. Bei anderen wecken der Renteneintritt der Babyboomer-Generation und der Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials Ängste vor Fachkräftemangel, abnehmenden Wachstumsraten und enormen Belastungen für den Sozialstaat. Bisherige empirische Befunde und theoretische Argumente legen allerdings nahe, dass es weder zu

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Photo: Anthony Intraversato (CC0)

Deutschlands Arbeitsmarkt brummt. Die Arbeitslosenquote liegt nahe 5 Prozent. Zwar könnte sich die Konjunktur in naher Zukunft etwas abkühlen, doch über die nächsten Jahre spricht wenig für eine deutliche Trendumkehr. Langfristig sehen jedoch viele schwarz. Angesichts fortschreitender Automatisierung erwarten einige Beobachter eine Ära der Massenarbeitslosigkeit, in der nur noch hochqualifizierte Fachkräfte ein geregeltes Arbeitsverhältnis haben werden. Bei anderen wecken der Renteneintritt der Babyboomer-Generation und der Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials Ängste vor Fachkräftemangel, abnehmenden Wachstumsraten und enormen Belastungen für den Sozialstaat.

Bisherige empirische Befunde und theoretische Argumente legen allerdings nahe, dass es weder zu Massenarbeitslosigkeit noch zu einem dramatischen Fachkräftemangel kommen wird und die beiden Probleme sich gewiss nicht gemeinsam manifestieren werden. Vielmehr wird der automatisierungsbedingte Rückgang der Arbeitsnachfrage überschaubar ausfallen und durch die zeitgleiche Abnahme des Erwerbspersonenpotenzials zusätzlich aufgefangen. Zentrale Herausforderung auf dem Arbeitsmarkt wird in den nächsten Jahrzehnten vermutlich eine zunehmende Einkommensspreizung sein.

Automatisierung heutiger Berufe

Ausgangspunkt zahlreicher alarmierender Langfristprognosen zur Arbeitsmarktentwicklung ist eine Studie von Frey und Osborne (2013). Anhand detaillierter Berufsbeschreibungen schätzen die Autoren für zahlreiche Berufsbilder, wie wahrscheinlich es ist, dass eine Maschine einen bestimmten Beruf übernehmen kann. Für die USA kommen sie zum Ergebnis, dass 47 Prozent der derzeit Beschäftigten Berufe ausüben, die in den nächsten 20 Jahren durch Maschinen übernommen werden können. Bonin et al. (2015) übertragen die Methode auf Deutschland und finden, dass 42 Prozent der Beschäftigten in automatisierbaren Berufen arbeiten.

Diese Befunde sollten hinsichtlich ihrer Prognosekraft jedoch vorsichtig interpretiert werden. Zum einen sinkt das gemessene Automatisierungspotenzial dramatisch, wenn es auf Ebene einzelner Aufgaben („Tasks“) statt umfassender Berufsbilder geschätzt wird – für Deutschland auf 12 Prozent der Beschäftigten.

Darüber hinaus impliziert die technische Möglichkeit einer Automatisierung nicht, dass sich diese aus Sicht eines Unternehmens lohnt und tatsächlich vollzogen wird. Löhne und Tätigkeitsprofile in betroffenen Branchen können angepasst werden, sodass der Einsatz menschlicher Arbeitskraft weiter attraktiv bleibt. Für Deutschland zeigen entsprechend Dengler und Matthes (2018), dass zumindest kurzfristig kein Zusammenhang zwischen dem gemessenen Automatisierungspotenzial und der Arbeitskraftnachfrage eines Berufsbildes besteht.

Rosige Aussichten, auch für Pessimisten

Folgen der Automatisierung: Keine Arbeitslosigkeit, aber Lohnspreizung

Für Deutschland finden Dauth et al. (2017), dass seit 1994 durch jeden Industrieroboter im Schnitt zwei Industriearbeitsplätze vernichtet wurden, jedoch ebenso viele neue Jobs im Dienstleistungssektor entstanden sind. Im Aggregat führte Automatisierung daher bisher nicht zu mehr Arbeitslosigkeit, jedoch zu beruflicher Neuorientierung und sinkenden Reallöhnen in den von Automatisierung betroffenen Branchen. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch Graetz und Michaels (2018).

Eine Simulationsstudie von Arntz et al. (2018) prognostiziert auf Basis der bisherigen Entwicklung des deutschen Arbeitsmarkts, dass eine zunehmende Automatisierung in den nächsten zehn Jahren nicht zu Arbeitslosigkeit, sondern zu schwachen positiven Beschäftigungseffekten führen wird. Eine längerfristige Schätzung nehmen Zika et al. (2018) und Wolter et al. (2016) vor, die jeweils einen schwachen positiven Beschäftigungseffekt bis 2035 bzw. einen schwachen negativen Effekt bis 2030 finden.

Massenarbeitslosigkeit aufgrund künstlicher Intelligenz?

Prognosen auf Basis der Analyse bisheriger Automatisierungswirkung bieten wenig Anlass zur Sorge vor technologisch bedingter Arbeitslosigkeit, deuten aber auf wachsende Lohnspreizung hin. Die Prognosekraft dieser Studien hängt von der Annahme ab, dass zukünftige Automatisierungstrends den Mustern bisheriger Automatisierung folgen werden. Angesichts der Entwicklungen im Bereich künstlicher Intelligenz ziehen einige Kommentatoren diese Annahme in Zweifel.

So legt eine auf der Delphi-Methode, d.h. strukturierten Expertenbefragungen basierende Studie des Millennium Project offen, dass die Befragten im Schnitt erwarten, dass 2050 rund ein Viertel der Weltbevölkerung arbeitslos sein wird. Den Grund sehen die Befragten in den immer umfassenderen Anwendungsbereichen künstlicher Intelligenz, deren Automatisierungswirkung viele Menschen anders als im Fall klassischer Industrieroboter nicht mehr durch berufliche Umorientierung und Weiterbildung begegnen könnten.

Alterung wirkt technologischer Arbeitslosigkeit entgegen

In anderen Fällen wird gewissermaßen das Gegenteil der durch Automatisierung herbeigeführten Massenarbeitslosigkeit befürchtet: Ein durch den Rückgang des Erwerbspersonenpotentials herbeigeführter Mangel an Fachkräften. Trotz verstärkter Zuwanderung wird gemäß gängiger Prognosen die Zahl erwerbsfähiger Menschen in Deutschland durch die demografische Alterung der Gesellschaft von heute rund 45 Millionen bis 2060 auf ca. 39 Millionen sinken.

Isoliert betrachtet heizt dieser Befund regelmäßig Debatten um den sogenannten Fachkräftemangel an. So erwartet die Zukunftsforscher von Prognos für 2040 eine Fachkräftelücke von fast vier Millionen Arbeitskräften. Eine Studie des Instituts für die Geschichte und Zukunft der Arbeit erwartet ebenfalls ein sinkendes Verhältnis von Erwerbspersonen zum Arbeitskräftebedarf.

Andere Kommentatoren weisen allerdings darauf hin, dass der zu erwartende Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials mögliche negative Beschäftigungseffekte der zeitgleich stattfindenden Automatisierung abmildern kann. So betont Südekum (2018), dass die häufig isoliert diskutierten Sorgen vor technologisch bedingter Arbeitslosigkeit einerseits und Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials andererseits übertrieben sind, da sich beide Trends hinsichtlich ihrer Arbeitsmarktwirkung ausgleichen.

Flexible Arbeitsmärkte und individuellen Vermögensaufbau erleichtern

Bisherige empirische Studien und theoretische Überlegungen legen nahe, dass allzu pessimistische Prognosen zukünftiger Massenarbeitslosigkeit oder Unterversorgung mit Fachkräften überzogen sind. Gewiss werden sich nicht beide Probleme zugleich einstellen. Eine Herausforderung wird jedoch darin liegen, die Um- und Weiterbildung von Arbeitnehmern in verstärkt der Automatisierung unterliegenden Branchen zu erleichtern. Die Politik sollte die zügige berufliche Umorientierung fördern, statt sie durch die Subventionierung ausgewählter etablierter Branchen zu behindern.

Eine weitere Herausforderung liegt im Umgang mit der zu erwartenden zunehmenden Lohnspreizung. Zukünftig wird vermutlich ein größerer Anteil des volkswirtschaftlichen Gesamteinkommens an Kapitaleigner und Hochqualifizierte fließen. Damit breite Bevölkerungsschichten auch zukünftig vom technologischen Fortschritt profitieren, sollte die Politik den Aufbau individuellen Vermögens insbesondere in Form von Unternehmensbeteiligungen erleichtern, etwa im Rahmen der privaten und betrieblichen Altersvorsorge.

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