Photo: meddygarnet from Flickr (CC BY 2.0) Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues. Es gibt gute Gründe, vergleichsweise zuversichtlich auf die zukünftige Entwicklung von Mieten und damit auch Preisen zu blicken: Zum einen wirkt die dezentrale Struktur Deutschlands entlastend. Zum anderen kann der Wohnungsbau voraussichtlich seine mietendämpfende Wirkung entfalten. Mieten neuvermieteter Wohnungen sind in Deutschland in den letzten Jahren deutlich gestiegen, vor allem in beliebten Ballungsgebieten und besonders stark seit 2010. Die Mietsteigerungen sind maßgeblich auf einen Nachfrageanstieg durch Bevölkerungszuwachs der Metropolregionen zurückzuführen, dem nur verzögert eine deutliche Ausweitung des
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Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues.
Es gibt gute Gründe, vergleichsweise zuversichtlich auf die zukünftige Entwicklung von Mieten und damit auch Preisen zu blicken: Zum einen wirkt die dezentrale Struktur Deutschlands entlastend. Zum anderen kann der Wohnungsbau voraussichtlich seine mietendämpfende Wirkung entfalten.
Mieten neuvermieteter Wohnungen sind in Deutschland in den letzten Jahren deutlich gestiegen, vor allem in beliebten Ballungsgebieten und besonders stark seit 2010. Die Mietsteigerungen sind maßgeblich auf einen Nachfrageanstieg durch Bevölkerungszuwachs der Metropolregionen zurückzuführen, dem nur verzögert eine deutliche Ausweitung des Wohnungsangebots folgte. Der Anteil der Stadtbewohner an der Gesamtbevölkerung wird auch hierzulande weiter zunehmen. Dennoch gibt es aus der Perspektive von Mietern Gründe, bezüglich der Mietentwicklung optimistisch zu sein: Deutschland ist relativ dezentral organisiert, die Städte können in die Breite wachsen und die stärker zu NIMBYism neigenden Selbstnutzer sind relativ rar, insbesondere in den Städten.
Deutschland weist einige für den Wohnungsmarkt relevante Eigenschaften auf, die gemeinsam das Potential haben, Anstiege der Mieten und davon abgeleitet der Preise für Wohnimmobilien auch zukünftig im internationalen Vergleich niedrig ausfallen zu lassen.
Dezentrale Struktur Deutschlands
Wer in Frankreich oder Großbritannien Karriere machen möchte, den zieht es nach Paris bzw. London. In Deutschland verschlägt es Talente (mittlerweile) nach Berlin, aber auch in München, Hamburg, Frankfurt, Düsseldorf, Stuttgart, Köln und einer Vielzahl kleinerer Städte außerhalb der Top-7 sind die Karriereaussichten gut.
Hinsichtlich der Wohnkosten ist eine dezentrale Struktur mit einer Vielzahl kleinerer Städte attraktiver als eine monozentrische Struktur, dominiert von einer großen Stadt. Agglormerationseffekte lassen erwarten, dass das Wohnen im Zentrum einer Stadt aufgrund von Beschäftigungsmöglichkeiten und städtischen Annehmlichkeiten umso attraktiver und damit auch teurer ist, je größer die Stadt ist. Die vorliegenden empirischen Forschungsergebnisse stützen diese These und zeigen, dass in größeren und bevölkerungsstärkeren Städten nicht nur die Landpreise durchschnittlich höher sind als in kleineren Städten, sondern auch die Kaufpreise und die Mieten.
Es ist zu erwarten, dass auch in Deutschland das Phänomen von Superstarstädten, die einkommenstarke Haushalte anziehen und sich folglich durch hohe Mieten und Kaufpreise auszeichnen, zunehmen wird. Bleibt die dezentrale Struktur Deutschlands jedoch erhalten, wird sie weiterhin dämpfend auf das Mietniveau wirken und zu einer schwächeren Ausprägung des Superstarphänomens als in zentralistisch organisierten Ländern beitragen.
Kaum geographische Barrieren
In der wissenschaftlichen Literatur finden sich überzeugende Hinweise darauf, dass geographische Faktoren wie Seen, Flüsse, Meere oder Berge in der Nähe von Städten einen negativen Effekt auf das Wohnungsangebot und somit einen treibenden Effekt auf Mieten und Kaufpreise haben.
In Deutschland liegen zwar viele Metropolen an Flüssen, aber anders als in den USA oder Finnland liegt keine einzige der 20 größten Städte am Meer – die geographisch am stärksten einschränkende Wasserfläche. Von einigen Ausnahmen wie Stuttgart oder Jena abgesehen wird das Flächenwachstum von Metropolregionen in Deutschland auch nicht maßgeblich durch topographische Barrieren begrenzt, wie beispielsweise im Falle vieler Schweizer Städte.
Deutsche Städte können also relativ unbeschränkt durch geographische Faktoren wachsen, sowohl in die Höhe als auch in die Breite. Auch dadurch ist zu erwarten, dass Mieten und Preise in Deutschland im Vergleich zu Ländern mit gravierenderen geographischen Barrieren schwächer steigen werden.
Niedrige Wohneigentumsquote: NIMBYism schwächer
Geographische Faktoren sind natürlich nicht die einzigen, die den Bau zusätzlicher Wohnungen erschweren können. Hinzu kommen regulatorische Barrieren. Eine Vielzahlvon Forschungsergebnissen illustriert, dass Regulierungen, die den Wohnungsbau erschweren, zu höheren Mieten und Kaufpreisen beitragen. Dabei kann der Wohnungsbau durch Höhenbeschränkungen, Mindestanforderungen an die Größe von Grundstücken, Abstandsauflagen oder Grünflächenanforderungen begrenzt werden.
Derartige Beschränkungen finden sich auch im deutschen Baurecht, werden aber wie in den USA regional ausgestaltet. Obwohl auch hierzulande NIMBY (Not In My Back Yard)-Bestrebungen beispielsweise in Form des Volksentscheids gegen eine Randbebauung des Tempelhofer Feldes in Berlin zu beobachten sind, spricht die international außergewöhnlich niedrige Wohneigentumsquote dafür, dass aus NIMBY-Motiven errichtete regulatorische Barrieren in Deutschland den Wohnungsbau vergleichsweise schwach bremsen.
Mieter und Selbstnutzer haben einen Anreiz, sich gegen Wohnungsneubau in unmittelbarer Nähe ihres Wohnortes einzusetzen. Neubau verursacht kurzfristig Lärm und Schmutz und führt dazu, dass Grünflächen bebaut und die Verkehswege von mehr Personen genutzt werden. Auf Ebene einer Stadt oder einer Region unterscheiden sich die Interessen von Mietern und Selbstnutzern jedoch. Während Selbstnutzer unter einem höherem Wohnungsangebot mittels niedrigerer Preise für ihr Eigentum leiden, nutzt Mietern eine zu niedrigeren Mieten führende Angebotsausweitung. Es ist folglich zu erwarten, dass in Regionen mit vielen Mietern der Widerstand gegen Wohnungsneubau schwächer ausfällt. Die Forschungsergebnisse dazu sind zwar nicht eindeutig, aber wenn ein Zusammenhang zwischen Eigentümerquote und Regulierungsdichte gefunden wird, ist er positiv.
Das Motto „Bauen, bauen, bauen!“ klingt in Mieterohren attraktiver als in den Ohren von Selbstnutzern. Fällt aufgrund der niedrigen Wohneigentumsquote der Widerstand gegen den Neubau von Wohnungen in Deutschland niedriger aus als in anderen Ländern, lässt das Mieten und Kaufpreise in der langen Frist relativ langsam steigen.
Wohnungsmarkt: Langfristig zurück zur Langeweile?
Der Markt für Wohnimmobilien in Deutschland war über Jahrzehnte gekennzeichnet von vergleichsweise schwach steigenden Preisen. Der deutsche Immobilienmarkt zeichnete sich vor allem dadurch aus, dass er kein Thema war. Das ist heute anders. In den letzten Jahren hat das starke Bevölkerungswachstum insbesondere in den Städten zu deutlichen Mietsteigerungen geführt, die starke Kaufpreisanstiege nach sich zogen, welche zusätzlich durch außergewöhnlich niedrige Zinsen befeuert wurden.
Es gibt trotz alledem Gründe, vergleichsweise zuversichtlich auf die zukünftige Entwicklung von Mieten und damit auch Preisen zu blicken: Zum einen wirkt die dezentrale Struktur Deutschlands entlastend. Zum anderen kann der Wohnungsbau voraussichtlich seine mietendämpfende Wirkung entfalten, denn dem Wohnungsbau stehen kaum geografische Barrieren im Weg und die häufig beklagte niedrige Wohneingentumsquote lässt relativ wenige von Bürgern errichtete Barrieren erwarten.