Mit der digitalen Transformation sind viele Hoffnungen verbunden. In den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) findet die sie jedoch nur zögerlich Anwendung. Der folgende Beitrag zeigt sowohl Gründe hierfür als auch konkrete Einsatzmöglichkeiten und Risiken der digitalen Transformation auf. Die digitale Transformation stellt nicht nur ein weites Feld dar, sondern sie ist auch durch eine hohe Dynamik geprägt. Vor allem aufgrund ihrer geringeren zeitlichen, finanziellen und personellen Ressourcen befassen sich die KMU seltener (strategisch) mit dem Thema (Leyh et al. 2018; Icks et al. 2017). Zugleich macht aber auch ein sowohl inhaltlich als auch semantisch unpräzises Begriffsverständnis das Thema schwer greifbar: Einige Unternehmerinnen und Unternehmer verbinden damit mobiles
Topics:
Annette Icks, Susanne Schlepphorst considers the following as important:
This could be interesting, too:
Cash - "Aktuell" | News writes Börsen-Ticker: SMI leicht vorne – Dollar gibt vor US-Wahlen nach – Ölpreise legen zu
finews.ch writes Christopher Hodge: «Trump bellt mehr, als er wirklich beisst»
finews.ch writes Langjährige Safra-Sarasin-Top-Bankerin wird CEO in Asien
finews.ch writes ZHAW-Studie: Wer sind die besten Privatbanken in der Schweiz?
Mit der digitalen Transformation sind viele Hoffnungen verbunden. In den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) findet die sie jedoch nur zögerlich Anwendung. Der folgende Beitrag zeigt sowohl Gründe hierfür als auch konkrete Einsatzmöglichkeiten und Risiken der digitalen Transformation auf.
Die digitale Transformation stellt nicht nur ein weites Feld dar, sondern sie ist auch durch eine hohe Dynamik geprägt. Vor allem aufgrund ihrer geringeren zeitlichen, finanziellen und personellen Ressourcen befassen sich die KMU seltener (strategisch) mit dem Thema (Leyh et al. 2018; Icks et al. 2017). Zugleich macht aber auch ein sowohl inhaltlich als auch semantisch unpräzises Begriffsverständnis das Thema schwer greifbar: Einige Unternehmerinnen und Unternehmer verbinden damit mobiles Arbeiten. Andere denken dabei an vollständig automatisierte Produktionsumgebungen. Erschwerend kommt hinzu, dass die zumeist der englischen Sprache entlehnten Begrifflichkeiten nicht unmittelbar erkennen lassen, was sich dahinter verbirgt.
Grundlegend: Datenerfassung, -analyse und -nutzung
Digitale Transformation bedeutet vereinfacht dargestellt, dass physische Dinge, wie Maschinen, Gebäude, Fahrzeuge, Prozesse oder auch der Mensch, mit Sensoren oder Aktoren ausgestattet werden, die physikalische, chemische, klimatische, biologische und/oder medizinische Daten erfassen. Anschließend verbindet eine intelligente Software mit Hilfe der Daten ("smarte") Dinge. Das Besondere an der intelligenten Software ist dabei, dass sie auch eigenständig Entscheidungen treffen und sich selbstständig weiterentwickeln kann. Für die Beschäftigten in den Unternehmen bedeutet dies, dass sie mit Hilfe der autonom handelnden Software beispielsweise von physisch anstrengenden und kognitiv komplexen Tätigkeiten entlastet werden können.
Mögliche 4.0-Technologien in den KMU
Im vergangenen Jahr werteten 14 % der KMU in Deutschland systematisch Big Data aus. Das waren bereits dreimal so viele Unternehmen wie noch 2016. Mit diesem Ergebnis lagen die KMU hierzulande leicht über dem EU-Durchschnitt. Gleichwohl sind die Großunternehmen in Deutschland mit einem durchschnittlichen Anteil von 34 % bei der Datensammlung, -analyse und -verwertung deutlich aktiver als die KMU (IfM Bonn, Statistiken).
Doch welche konkreten Möglichkeiten bietet die digitale Transformation überhaupt für die KMU? Ist jede aktuell verfügbare 4.0-Technologie tatsächlich auch für jedes Unternehmen sinnvoll? Wo liegen die Grenzen der digitalen Transformation? Auf all diese Fragen möchten wir im Folgenden einen kurzen Überblick geben.
Werden Produktionsdaten (z. B. aus smarten Werkzeugen, Räumen oder aus Fahrzeugen bzw. der digitalen Prozesssteuerung) mit Beschäftigtendaten (z. B. jeweilige zeitliche Verfügbarkeit, Qualifikation oder ergonomischer Bedarfe) verknüpft, kann hierdurch beispielsweise die Personaleinsatzplanung optimiert werden. Wertschöpfungsprozesse können flexibler und wirtschaftlicher gestaltet werden. Zugleich können aber auch die individuellen Bedarfe der Beschäftigten gezielter berücksichtigt werden.
Um Beschäftigte für neue Arbeitsprozesse zu qualifizieren oder im Umgang mit Arbeitsmitteln zu unterweisen, können Gamification-Elemente eingesetzt werden. Auf diese Weise können Beschäftigte beispielsweise komplizierte Schraubtätigkeiten so lange im Training üben, bis der Arbeitsablauf präzise abläuft. Optische Sensoren überprüfen dabei die erzielte Genauigkeit der zusammengefügten Werkstücke und geben entsprechende Rückmeldung: Ist das Werkstück korrekt zusammengebaut, erhalten sie ein positives Feedback. Bei Fehlern zeigt das Display der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter Verbesserungshinweise.
Mit Hilfe von "Smartglasses" (Datenbrillen) haben die Beschäftigten wichtige Informationen, wie Handlungs- oder Montageanweisungen, unmittelbar vor Augen. Ihre Hände bleiben somit frei, um beispielsweise mit Gefahrstoffen kontrolliert umgehen zu können.
Die körperliche Gesundheit im Fokus
Wird die persönliche Schutzausrüstung von Beschäftigten mit Sensoren oder Aktoren (z. B. in Schutzbrillen oder Schutzbekleidung) ausgestattet, kann hierdurch die Sicherheit der Trägerinnen und Träger erhöht werden: So können die Beschäftigten bei stark belastenden Arbeitssituationen rechtzeitig erkennen, wenn eine physische Überbeanspruchung bzw. eine Überschreitung von Grenzwerten in der Umgebung droht.
Vor körperlicher Be- und Überlastung schützen auch Exoskelette, die als "Roboter-Anzug" oder zur Unterstützung einzelner Gliedmaßen getragen werden: Individuell angepasst entlasten sie ihre Träger und Trägerinnen bei Tätigkeiten, die ohne physische Unterstützung auf Dauer gesundheitsschädigend oder überhaupt nicht möglich wären. Die Exoskelette können dabei über Sensoren auf der Haut, die die Muskelbewegung erfassen, über elektrische Ströme des Gehirns oder mittels Sprache gesteuert werden.
Der Mensch geht vor
Trotz der vielen Vorteile dürfen aber auch die Gefahren der 4.0-Technologien nicht außer Acht gelassen werden: So werden beispielsweise die Trägerinnen und Träger von Smartglasses unter Umständen bei der Ausführung einer Tätigkeit (kurz) abgelenkt, wenn sie neue Informationen aufnehmen wollen. Läuft in dieser kurzen Phase eine Maschine weiter, kann dies zu einer Gesundheitsgefährdung führen. Ebenso können Exoskelette zu einer psychischen Belastung für die Beschäftigten werden, wenn sich die Mitarbeiter hierdurch eingeengt oder fremdgesteuert fühlen. Unvollständige und falsche Daten können zudem dazu führen, dass die intelligente Software im schlechtesten Fall folgenschwere falsche Schlussfolgerungen daraus zieht.
Der Einsatz von 4.0-Technologien sollte daher nicht vorrangig unter betriebswirtschaftlichen Aspekten überlegt werden. Stattdessen empfiehlt es sich, von Anfang an auch die Beschäftigten einzubeziehen. Da für viele 4.0-Technologien personenbezogene Mitarbeiterdaten benötigt werden, muss prinzipiell im Vorfeld der Umgang mit diesen geregelt und das Einverständnis der Beschäftigten eingeholt werden.
Die digitale Transformation – ein fortschreitender Prozess
Die digitale Transformation ist kein Prozess, dessen Ende man absehen kann. Vielmehr sind schon heute die nächsten Stufen erkennbar. Manche muten an, einem Science Fiction entsprungen zu sein. Teilweise empfiehlt es sich, die technologischen Anwendungsmöglichkeiten unter ethischen Aspekten zu betrachten, wie beispielsweise Biohacking: Hierbei wird die 4.0-Technologie am oder im menschlichen Körper fest verankert, um die direkte Kommunikation zwischen Mensch und Technik über eine Gehirn-Computer-Schnittstelle zu gewährleisten. Zum Einsatz kann Biohacking beispielsweise kommen, wenn in bestimmten Situationen Eingabegeräte nicht bedient oder sprachliche Anweisungen nicht gegeben werden können.
Die dargestellten Beispiele zeigen, dass die 4.0 Technologien Veränderungen in der Organisation, in den Arbeitsprozessen und auch bei den Beschäftigten hervorrufen. Es bedarf aber Zeit, die grundlegenden Veränderungen zu analysieren. Insofern ist es ökonomisch rational, wenn KMU ein eher zurückhaltendes Investitionsverhalten zeigen: Angesichts der hohen technologischen Dynamik ist es für sie schließlich im Vorfeld schwierig einzuschätzen, ob bzw. in welche smarten Technologien sie investieren sollten.
Icks, A.; Schröder, C.; Brink, S.; Dienes, C.; Schneck, S. (2017): Digitalisierungsprozesse von KMU im Verarbeitenden Gewerbe, IfM Bonn: IfM-Materialien Nr. 255, Bonn.
Offensive Mittelstand – Gut für Deutschland (Hrsg., 2019): Umsetzungshilfen Arbeit 4.0. Künstliche Intelligenz für die produktive und präventive Arbeitsgestaltung nutzen: Hintergrundwissen und Gestaltungsempfehlungen zur Einführung der 4.0-Technologien, Heidelberg.
Leyh C.; Bley K.; Ott M. (2018): Chancen und Risiken der Digitalisierung – Befragungen ausgewählter KMU. In: Hofmann J. (Hrsg.): Arbeit 4.0 – Digitalisierung, IT und Arbeit. Edition HMD. Springer Vieweg, Wiesbaden.
©KOF ETH Zürich, 6. Nov. 2019