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Die Schweiz sollte sich elektronischem Zentralbankgeld nicht verschliessen

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Reto Föllmi und Fabian Schnell haben sich in einem vor Kurzem veröffentlichten Beitrag auf der Ökonomenstimme gegen die Einführung eines "Krypto-Frankens" ausgesprochen. Hier folgt eine Replik von Dirk Niepelt, der darauf hinweist, dass es durchaus Vorteile eines Krypto-Frankens gebe. Unter dem Titel "Die Schweiz braucht keinen Krypto-Franken" haben sich Reto Föllmi und Fabian Schnell in der NZZ und auch auf der Ökonomenstimme gegen einen durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) emittierten digitalen Franken ausgesprochen.[ 1 ] Föllmi und Schnell thematisieren primär privat emittierte Kryptowährungen wie Bitcoin, und sie suggerieren, dass zwischen diesen und digitalem Zentralbankgeld enge Parallelen bestünden. Doch dem ist nicht so. Kryptowährungen sind für die Diskussion um

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Reto Föllmi und Fabian Schnell haben sich in einem vor Kurzem veröffentlichten Beitrag auf der Ökonomenstimme gegen die Einführung eines "Krypto-Frankens" ausgesprochen. Hier folgt eine Replik von Dirk Niepelt, der darauf hinweist, dass es durchaus Vorteile eines Krypto-Frankens gebe.

Unter dem Titel "Die Schweiz braucht keinen Krypto-Franken" haben sich Reto Föllmi und Fabian Schnell in der NZZ und auch auf der Ökonomenstimme gegen einen durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) emittierten digitalen Franken ausgesprochen.[ 1 ] Föllmi und Schnell thematisieren primär privat emittierte Kryptowährungen wie Bitcoin, und sie suggerieren, dass zwischen diesen und digitalem Zentralbankgeld enge Parallelen bestünden. Doch dem ist nicht so. Kryptowährungen sind für die Diskussion um digitales Zentralbankgeld nur am Rande relevant. Die Argumente, die sich spezifisch gegen digitales Zentralbankgeld richten, sind nicht überzeugend.

Föllmi und Schnell bezweifeln angesichts der grossen Preisschwankungen von Kryptowährungen deren Tauglichkeit als Zahlungsmittel. Einer Verdrängung staatlichen Geldes durch Kryptowährungen stünden zudem starke Netzwerkeffekte entgegen, von denen die etablierten Währungen profitierten. Diese Einschätzung überzeugt und deckt sich mit der Meinung anderer NZZ-Kolumnisten, die sich zum Thema Kryptowährung geäussert haben.

In die Irre führen Föllmi und Schnell jedoch, wenn sie die Kritik am Kryptogeld mit der Diskussion um digitales Zentralbankgeld verknüpfen. Ihre Aussage "Bei näherer Betrachtung ist der Nutzen eines digitalen SNB-Frankens allerdings fraglich. So verkennen dessen Anhänger das Wesen von Bitcoin und Co." suggeriert Parallelen, die nicht bestehen. Digitale SNB-Franken stellen Zentralbankgeld dar; sie werden von der SNB und nicht wie eine Kryptowährung von Privaten herausgegeben. Ihr Wechselkurs zu Noten und Münzen ist im Gegensatz zu dem einer Kryptowährung fixiert. Und anders als Kryptowährungen stehen digitale SNB-Franken nicht in Konkurrenz zu existierendem Zentralbankgeld. Das eine hat mit dem anderen nicht viel zu tun.

Aus demselben Grund ist der Hinweis auf Architekturunterschiede zwischen Geldordnungen mit dezentral konzipierten Kryptowährungen und durch Notenbanken zentral gesteuertem Geldumlauf zwar korrekt aber irrelevant.

Digitales Zentralbankgeld ist nicht an die Blockchain-Technologie gebunden, die Kryptowährungen nutzen. Und auch bei der Systemarchitektur sind die Voraussetzungen und Möglichkeiten völlig verschieden. Das derzeit in Schweden diskutierte Modell digitalen Zentralbankgeldes sieht zum Beispiel eine Art Prepaid-Karte vor; die Blockchain-Technologie käme dabei nicht zum Einsatz und allein die Riksbank würde über die Emission des digitalen Zentralbankgeldes entscheiden.

Argumente ohne Bezug zu Kryptowährungen

In ihrem Beitrag stellen Föllmi und Schnell den Bedarf an digitalem Zentralbankgeld auch mit zwei Argumenten infrage, die keinen Bezug zu Kryptowährungen haben. Sie schreiben erstens, die Nachfrage nach digitalem Geld werde "genügend" durch den Privatsektor gedeckt. Warum dies der Fall sei, bleibt jedoch offen. Zweifellos stellen Banken und Fintechs ihren Kunden viele digitale Zahlungsmittel zur Verfügung. Ob dieser Umfang "genügend" oder vielmehr zu gross oder zu klein ist, lässt sich aber nicht an der Menge ablesen — zumindest wenn man ökonomische Effizienzkriterien als Massstab anlegt.

Ausschlaggebend ist vielmehr, ob bei der Schöpfung und beim Einsatz digitalen Geldes dem Verursacherprinzip Geltung verschafft wird. Wenn private Emittenten digitalen Geldes Kosten auf die Allgemeinheit überwälzen, indem sie zum Beispiel die Finanzstabilität gefährden oder die Nationalbank in Krisenzeiten unter Zugzwang setzen, dann ist das Verursacherprinzip verletzt. Unabhängig davon, ob der Privatsektor viel oder wenig Geld zur Verfügung stellt, wird in diesem Fall zu viel privates und tendenziell zu wenig digitales SNB-Geld geschaffen.

Föllmi und Schnell argumentieren zweitens, dass Geschäftsbanken schon heute Produkte anbieten könnten, die dem Publikum indirekt Zugang zu digitalem Zentralbankgeld gewähren. Dieses Argument ist korrekt, zumindest wenn man von bestehenden juristischen Hürden absieht. Doch selbst wenn Banken derartige Produkte anbieten könnten: Lässt die Tatsache, dass sie dies (in der Schweiz) bislang nicht tun, den Schluss zu, dass alles beim Besten ist?

Dagegen spricht zum einen, dass Kosten des Marktzutritts den Wettbewerb unter Zahlungsverkehrsdienstleistern mit Zugang zur SNB-Bilanz einschränken dürften. Etablierte Banken könnten sich daher Innovationen verschliessen, um ihr traditionelles Einlagengeschäft nicht zu gefährden. Zum anderen dürfte das Verursacherprinzip verletzt und das Marktergebnis daher ineffizient sein. Denn das Einlagengeschäft wird von Aufsichtsbehörden nicht nur überwacht und mit regulatorischen Kosten belastet, sondern gleichzeitig durch die Einlagensicherung und Staatsgarantien subventioniert.

Digitales Zentralbankgeld gibt es schon längst

Digitales Zentralbankgeld existiert seit Jahrzehnten. Fast alle Zentralbanken stellen es bislang nur ausgewählten Finanzdienstleistern zur Verfügung. Ob eine graduelle Veränderung dieses Arrangements hin zu digitalem Zentralbankgeld für alle Unternehmen und Bürger — "Reserves for All" — Verbesserungen mit sich brächte, ist offen. Die stichhaltigsten Argumente gegen "Reserves for All" dürften die Auswirkungen auf die Zentralbankbilanz und die veränderte Elastizität der Nachfrage nach privat emittiertem Geld betreffen, die stärksten Argumente dafür die Kostenwahrheit und die verminderte Erpressbarkeit der Zentralbank. Einer ökonomisch fundierten Abwägung dieser Argumente sollte sich die Schweiz nicht verschliessen.


©KOF ETH Zürich, 19. Mär. 2018

Dirk Niepelt
Dirk Niepelt is Director of the Study Center Gerzensee and Professor at the University of Bern. A research fellow at the Centre for Economic Policy Research (CEPR, London), CESifo (Munich) research network member and member of the macroeconomic committee of the Verein für Socialpolitik, he served on the board of the Swiss Society of Economics and Statistics and was an invited professor at the University of Lausanne as well as a visiting professor at the Institute for International Economic Studies (IIES) at Stockholm University.

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