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Das CSPP der EZB

Summary:
Seit Anfang Juni kauft die EZB im Rahmen ihres Corporate Sector Purchase Programmes (CSPP) auch Investment-Grade Wertpapiere des Unternehmenssektors. Dieser Beitrag zeigt, dass dadurch die freie Preisbildung auf den Rentenmärkten und somit auch Rückschlüsse auf die Qualität von Wertpapieren verhindert werden. Seit dem 8. Juni 2016 kauft die Europäische Zentralbank (EZB) im Rahmen ihrer Geldpolitik nun also auch Investment-Grade Wertpapiere des Unternehmenssektors. Auf den ersten Blick mag dieses sog. Corporate Sector Purchase Programme (kurz: CSPP) nur eine weitere Facette einer unverändert außergewöhnlichen Geldpolitik sein. Immerhin beläuft sich das Volumen monatlicher Anleihekäufe bereits seit April 2016 auf €80Mrd. Doch bei genauerer Betrachtung wird schnell deutlich, dass durch diese weitere Intervention Verwerfungen auf den Fixed Income Märkten zementiert und Fehlanreize gesetzt werden. So stimmt es überaus bedenklich, dass Nicht-MFIs der Eurozone, also gerade jene Unternehmen, die von dem CSPP doch eigentlich profitieren sollten, sich skeptisch äußern. Eine spürbare Reduzierung der Refinanzierungskosten der Unternehmen an den Kapitalmärkten gipfelt leicht in Fehlanreizen wie z.B. Überinvestitionen. Weit gravierender jedoch ist, dass die neuerliche Intervention der EZB darüber hinaus die freie Preisbildung auf den Rentenmärkten verhindert.

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Seit Anfang Juni kauft die EZB im Rahmen ihres Corporate Sector Purchase Programmes (CSPP) auch Investment-Grade Wertpapiere des Unternehmenssektors. Dieser Beitrag zeigt, dass dadurch die freie Preisbildung auf den Rentenmärkten und somit auch Rückschlüsse auf die Qualität von Wertpapieren verhindert werden.

Seit dem 8. Juni 2016 kauft die Europäische Zentralbank (EZB) im Rahmen ihrer Geldpolitik nun also auch Investment-Grade Wertpapiere des Unternehmenssektors.

Auf den ersten Blick mag dieses sog. Corporate Sector Purchase Programme (kurz: CSPP) nur eine weitere Facette einer unverändert außergewöhnlichen Geldpolitik sein. Immerhin beläuft sich das Volumen monatlicher Anleihekäufe bereits seit April 2016 auf €80Mrd. Doch bei genauerer Betrachtung wird schnell deutlich, dass durch diese weitere Intervention Verwerfungen auf den Fixed Income Märkten zementiert und Fehlanreize gesetzt werden.

So stimmt es überaus bedenklich, dass Nicht-MFIs der Eurozone, also gerade jene Unternehmen, die von dem CSPP doch eigentlich profitieren sollten, sich skeptisch äußern. Eine spürbare Reduzierung der Refinanzierungskosten der Unternehmen an den Kapitalmärkten gipfelt leicht in Fehlanreizen wie z.B. Überinvestitionen.

Weit gravierender jedoch ist, dass die neuerliche Intervention der EZB darüber hinaus die freie Preisbildung auf den Rentenmärkten verhindert. Damit wird den Marktteilnehmern eine der elementaren Funktionen des Marktes genommen. Ist die Preisbildung aufgrund einer anhaltenden Überschussnachfrage verzerrt, so ist ein Rückschluss auf die Qualität der Wertpapiere bestenfalls noch Makulatur. Die Preise in Frage kommender Anleihen werden auf breiter Front steigen, d.h. nach Staatsanleihen, Covered Bonds und ABS werden nun die Renditen einer weiteren Assetklasse insgesamt sinken. Dies ist bereits zu beobachten: Seit Ankündigung des CSPP am 10. März 2016 halbierten (!) sich die Renditen in Frage kommender Unternehmensanleihen bereits. Investoren werden sich zunehmend genötigt sehen, ihre Anlagestrategien anzupassen und – geradezu zwangsläufig – risikofreudiger zu agieren.

Doch höhere Renditen finden sich nur in riskanteren Investments. Wohin eine solche Entwicklung führen kann, ist hinlänglich bekannt: Schon heute warnt der Internationale Währungsfonds (IMF) davor, dass das (erzwungene) Herdenverhalten der Investoren eine der Ursachen der nächsten Finanzkrise sein dürfte.

Ist ein Preis kein verlässlicher Indikator mehr für die Qualität eines Wertpapiers, wird das mit diesen Papieren einhergehende Ausfallrisiko im jetzigen Marktumfeld systematisch unterschätzt. Anders ausgedrückt: Fundamentaldaten vermögen den Renditeunterschied von knapp 130 Basispunkten zwischen zehnjährigen Bundesanleihen und spanischen Staatsanleihen kaum zu rechtfertigen.

Zudem hinterlassen buy-to-hold Käufe der EZB in derartigem Umfang tiefe Spuren in der Liquidität des Marktes. Diese Konsequenz des Markteingriffs ist z.B. auf dem Markt für Covered Bonds zu beobachten. Nachdem die EZB im September 2014 ihr mittlerweile drittes (!) Covered Bond Purchase Programme (CBPP3) ankündigte und per Ende Mai 2016 Papiere im Umfang von €178Mrd. hielt, ist die Liquidität auf dem Markt geradezu eingebrochen.

Die Lehren aus den bisherigen Ankaufprogrammen verheißen also nichts Gutes. Wirklich überraschend kommt das nicht: Die Bank of Japan (BoJ) versucht sich seit geraumer Zeit an ähnlichen geldpolitischen Maßnahmen. Bisher mit sehr verhaltendem Erfolg: die die Volkswirtschaft überschattenden deflationären Tendenzen erweisen sich auch nach Jahrzehnten des Laborierens als hartnäckig.

Nach dem jetzigen Stand der Dinge ist nicht davon auszugehen, dass dieser neue Pfeil im Köcher der geldpolitischen Instrumente der EZB den sich Kreislauf aus historisch niedrigen Zinsen, deflationären Tendenzen und verhaltenem Wirtschaftswachstum zu durchbrechen vermag.

Vielmehr scheint es so, als würde der Elefant im Porzellanladen von Woche zu Woche größer.

©KOF ETH Zürich, 14. Jun. 2016

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