Das latente Aufwertungsrisiko des Frankens beschränkt ihren Handlungsspielraum: SNB in Bern. (Foto: Keystone/Gaetan Bally) - Click to enlarge EZB-Präsident Mario Draghi konstatierte letzte Woche zufrieden, dass die aktuellen Turbulenzen in einzelnen Staaten auch dort bleiben und nicht andere Länder anstecken. Seine Kollegen in der Nationalbank, die diese Woche ihren geldpolitischen Entscheid fällen, dürften das etwas anders sehen. Der Franken bekommt jedes noch so kleine Beben in Euroland oder dessen Nachbarländern zu spüren. Auch zehn Jahre nach Ausbruch der weltweiten Finanzkrise respektive acht Jahre nachdem in Griechenland die Euro-Staatsschuldenkrise begann, hat sich daran nichts geändert. Der Franken-Euro-Kurs
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EZB-Präsident Mario Draghi konstatierte letzte Woche zufrieden, dass die aktuellen Turbulenzen in einzelnen Staaten auch dort bleiben und nicht andere Länder anstecken. Seine Kollegen in der Nationalbank, die diese Woche ihren geldpolitischen Entscheid fällen, dürften das etwas anders sehen. Der Franken bekommt jedes noch so kleine Beben in Euroland oder dessen Nachbarländern zu spüren. Auch zehn Jahre nach Ausbruch der weltweiten Finanzkrise respektive acht Jahre nachdem in Griechenland die Euro-Staatsschuldenkrise begann, hat sich daran nichts geändert. Der Franken-Euro-Kurs schlägt so sensibel aus wie die Nadel eines Seismografen.
So genügten die Währungsturbulenzen in der Türkei und der Regierungsantritt der Populisten in Italien, um den Traum von einer Franken-Normalisierung zu zerstören. Der Wechselkurs hatte sich im April endlich wieder auf 1.20 Franken pro 1 Euro eingependelt; jener Untergrenze, die die SNB von September 2011 bis Januar 2015 verteidigt hatte. Inzwischen kostet 1 Euro nur 1.12 Franken. Im Falle der Türkei wird befürchtet, dass europäische Grossbanken im Kreditgeschäft herbe Verluste einfahren könnten. In Italien droht ein Streit mit der EU über die Höhe der Staatsdefizite von Eurolands grösstem Schuldnerstaat.
Aufwertungen sind die Regel
Dabei ist der Franken keine Fluchtwährung im klassischen Sinne mehr, bei der Ausländer bündelweise Bargeld auf Schweizer Bankdepots verfrachten, um es am heimischen Fiskus vorbeizuschleusen. Seit dem AIA ist es damit weitgehend vorbei. Viel wichtiger ist seine Funktion als Euro-Alternative für Anleger weltweit. Der Franken ist die liquideste und sicherste Variante für all jene, die in Kontinentaleuropa investiert sind, aber eine Alternative zum Euro suchen. Kein strategisches Verstecken, sondern ein taktisches Ausweichen – um die Asset Allocation zu optimieren.
Situationen, in denen sich ein solcher Switch in die Schweiz lohnt, gibt es genug. 2016 war es das Brexit-Referendum, 2017 die französische Präsidentschaftswahl, dieses Jahr Italien. 2019 drohen neue Aufwertungsschübe für den Franken, wenn Ende März der Brexit besiegelt und Ende Mai ein neues EU-Parlament gewählt werden.
Das latente Aufwertungsrisiko des Frankens wird nicht dauerhaft abnehmen. Es sei denn, sämtliche Bonitätsrisiken in der Eurozone verschwinden und die politische Integration der Eurozone und der EU (ohne Grossbritannien) geht plötzlich einmütig voran. Aufwertungsschübe sind eher die Regel als die Ausnahme. Die wenigen Male, als sich in den vergangenen Jahren der Franken zum Euro abschwächte, war in der Öffentlichkeit sofort von einer Normalisierung die Rede. Doch es verhält sich umgekehrt: Solche Frankenabschwächungen sind vorübergehende Korrekturen. Phasen, in denen der Franken zum Euro an Wert gewinnt und der Euro-Wechselkurs deutlich unter 1.20 Fr. notiert, entsprechen hingegen dem Normalzustand.
Kein Spielraum für die Nationalbank
Für die Nationalbank hat das Konsequenzen. Sie kommt nicht umhin, ihre gesamte Politik von der Frankenstärke abzuleiten. Das wird sich in den kommenden sechs bis zwölf Monaten besonders deutlich zeigen. Die Schweiz befindet sich in einem Boom. Die Wirtschaft wächst rund 3%, der Arbeitsmarkt trocknet aus und die Kapazitäten sind überdurchschnittlich ausgelastet. Über kurz oder lang sollten die Preise und Löhne anziehen. Die Nationalbank müsste die Zinsen erhöhen, um ihr Mandat zu erfüllen und die Inflation mittelfristig unter 2% zu halten.
Aber kann sie das, ohne dass der bereits feste Franken noch viel fester wird? Sie müsste die Zinsen dramatisch erhöhen, um die Konjunktur tatsächlich abzubremsen. Gegenwärtig hält sie den Libor auf –0,8%! Die US-Notenbank hält in einer vergleichbaren konjunkturellen Situation den Leitzins auf +2% und wird ihn weiter heraufsetzen.
Diese Option hat die Nationalbank nicht. Die Märkte erwarten, dass sie überhaupt nicht an der Zinsschraube dreht, bevor auch die EZB beginnt, den Leitzins für den Euroraum leicht anzuheben. Das wird kaum vor Herbst 2019 geschehen.
Und allfällige Inflationsgefahren? Auch hier dreht sich alles um die Landeswährung. Wobei eine starke Währung der Nationalbank für einmal sogar entgegenkommt. Denn solange der Franken sich nicht abschwächt, bleibt die Teuerung unter Kontrolle.
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