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Unumgänglichkeit einer befreiten Altersvorsorge

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Sowohl AHV als auch berufliche Vorsorge stehen unter grossem Druck. Die an und für sich erfreuliche Entwicklung der steigenden Lebenserwartung bereitet dem zunehmend kollektivierten Altersvorsorgesystem grosse Sorgen. Als Schneeballsystem aufgegleist, zieht die AHV eine ständige finanzielle Schieflage nach sich, schwächt die persönliche Verantwortung und ist demokratisch kaum fähig zur Anpassung an demografische Herausforderungen. Auch die zweite Säule der Altersvorsorge läuft zunehmend Gefahr, politisch an die Wand gefahren zu werden. Im Rahmen des LI-Gesprächs vom 24. Februar wurden die Gründe für den Reformstau und die ständige Finanzierungs-Schieflage eruiert sowie die Notwendigkeit einer privaten Vorsorge vertieft diskutiert. Einführend ging LI-Vizedirektor Olivier Kessler auf die

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Sowohl AHV als auch berufliche Vorsorge stehen unter grossem Druck. Die an und für sich erfreuliche Entwicklung der steigenden Lebenserwartung bereitet dem zunehmend kollektivierten Altersvorsorgesystem grosse Sorgen. Als Schneeballsystem aufgegleist, zieht die AHV eine ständige finanzielle Schieflage nach sich, schwächt die persönliche Verantwortung und ist demokratisch kaum fähig zur Anpassung an demografische Herausforderungen. Auch die zweite Säule der Altersvorsorge läuft zunehmend Gefahr, politisch an die Wand gefahren zu werden. Im Rahmen des LI-Gesprächs vom 24. Februar wurden die Gründe für den Reformstau und die ständige Finanzierungs-Schieflage eruiert sowie die Notwendigkeit einer privaten Vorsorge vertieft diskutiert.

Einführend ging LI-Vizedirektor Olivier Kessler auf die Situation in der ersten Säule ein. Die AHV, die heute nicht nur von den Sozialdemokraten als «wichtigste soziale Errungenschaft der Schweiz» gefeiert wird, sei nicht immer so unumstritten gewesen wie heute. Noch im Jahre 1931 hätten über 60 Prozent der Stimmbevölkerung die Einführung des auf dem Umlageverfahren basierenden Sozialwerks abgelehnt, weil sie befürchteten, es würde Freiheit und Eigenverantwortung aushöhlen, womit sie leider recht behielten. Wie in einem Schneeballsystem profitierten die Rentenbezüger auf Kosten künftiger Einzahler. Die Lebenserwartung sei seit Einführung der AHV erfreulicherweise von 68 auf 83 Jahre gestiegen, während das gesetzliche Referenzalter für den Rentenbezug bei 64 bzw. 65 Jahren steckengeblieben sei, was zunehmend Steuererhöhungen zur Folge habe: Von den 45 Milliarden Franken an jährlichen Kosten kämen nur rund drei Viertel aus den offiziellen Lohnabzügen, die aufgrund der fehlenden Obergrenze de facto einer zusätzlichen proportionalen Einkommenssteuer gleichkämen. Dieser ständig wachsende Finanzierungsbedarf schmälere zusehends den gesellschaftlichen Wohlstand.

In ihrem Co-Referat zeigten Michael Ferber, Wirtschaftsredaktor bei der NZZ, sowie Damian Gliott, Gründer der Vermögenspartner AG, auf, dass die Altersvorsorge aktuell durch drei Entwicklungen unter Druck sei. Erstens sei die internationale Schuldenkrise nach wie vor ungelöst und verschärfe sich zunehmend: Im dritten Quartal 2019 lag sie auf einer neuen Rekordhöhe von 322 Prozent des weltweiten Bruttoinlandprodukts. Es sei in Anbetracht dieser horrenden Schulden zweifelhaft, ob die Staaten ihre Renten-Versprechen künftig einlösen könnten. Eine Studie der Citigroup sei denn auch zum Schluss gekommen, dass insgesamt 78 Billionen Dollar in den staatlichen Rentensystemen der 20 OECD-Länder fehlten. Zweitens führten demografische Entwicklungen wie die längere Lebenserwartung, die rückgängige Geburtenrate und der Anstieg des Bevölkerungsanteils der über 65-Jährigen dazu, dass dem als Umlageverfahren konzipierten System langsam aber sicher die Beitragszahler ausgingen, während immer mehr Leute ihre Rentenansprüche gelten machen. Diese Rechnung könne nicht aufgehen. Eine Studie des Credit Suisse Research Institute sei zum Schluss gekommen, dass ein 65-Jähriger heute hinsichtlich des Gesundheitszustands mit einem 51-jährigen im Jahre 1950 vergleichbar sei. Auf das politisch verordnete Rentenbezugsalter habe dies seltsamerweise keinen Einfluss gehabt. Drittens bestünde aufgrund divergierender Vorstellungen verschiedener Interessengruppen die zerfahrene Situation eines politischen Reformstaus. So sei aktuell beispielsweise der Umwandlungssatz in der zweiten Säule wesentlich zu hoch.

In Anbetracht dieser ungewissen Zukunft der Altersvorsorge warnen Michael Ferber und Damian Gliott davor, sich auf die verpolitisierte Altersvorsorge und ihre Versprechen zu verlassen. Vielmehr gelte es, mit privater Initiative rechtzeitig gegenzusteuern. Beispielsweise könne man den Kapitalbezug aus der zweiten und der dritten Säule so planen, dass die einzelnen Bezüge über die Jahre hinweg gestaffelt werden, um die Progression der Einkommenssteuer zu brechen. Auch mit regelmässigen Säule 3a-Einzahlungen über die Jahre hinweg könne man der Steuerprogression entgegenwirken, zumal bei der Auszahlung weniger Steuern anfallen würden, als man ohne eine solche Lösung hätte zahlen müssen. Zu einer verantwortungsvollen Altersvorsorge gehöre auch das sorgfältige Erstellen und das regelmässige Überprüfen einer guten Anlagestrategie. Auf politischer Ebene müsse man sich unbedingt für eine Entpolitisierung von technischen Parametern wie etwa dem Umwandlungssatz und dem Mindestzinssatz bei der zweiten Säule stark machen. Letztere stellten insbesondere im aktuellen Negativzinsumfeld eine wachsende Herausforderung dar.

Präsentation von Michael Ferber und Damian Gliott:
«Altersvorsorge in Gefahr»

Die darauffolgende Diskussion widmete sich unter anderem der Frage, welche Möglichkeiten es gäbe, das zunehmend durch Staatsinterventionen geprägte Altersvorsorgesystem zu liberalisieren. Intensiv debattiert wurde beispielsweise die Rückkehr zu einer freien Pensionskassen-Wahl, welche dem elementaren liberalen Prinzip der Vertragsfreiheit zum Durchbruch verhelfen würde. Wären tatsächlich viele Leute mit einer solchen Wahl überfordert und bestünde wirklich die Gefahr, dass Pensionskassen-Anbieter das Unwissen der «einfachen Leute» zur persönlichen Bereicherung ausnutzen könnten? Auf diese Ängste hin wurde entgegnet, dass es nicht zielführend sei, sämtliche gesellschaftliche Systeme und Funktionen zu verstaatlichen, nur weil es einzelne Bürger geben mag, die mit Freiheit nicht umgehen könnten. Vielmehr sorge die Wahlfreiheit der Kunden und der Wettbewerb zwischen den Anbietern wie in anderen Sektoren dazu, dass Betrüger und Halsabschneider schnell wieder vom Markt verschwinden, während sich ehrliche und seriöse Pensionskassen durchzusetzen vermögen.

Auf der politischen Ebene wäre ein Stopp des BVG-Zwangs erforderlich, der 1985 eingeführt worden ist. Die Schweiz sei vor 1985 ja kein Entwicklungsland gewesen und die Bürger hätten schon damals bewiesen, dass sie durchaus in ihrer Mehrheit eigenverantwortlich für ihr Alter vorsorgen könnten. Die direkte Demokratie sei allerdings ein grosses Hindernis für entsprechende Reformen: Angesichts der früheren politischen Kompromisse, die zum aktuellen technisch unsauberen System geführt haben, würden sämtliche Sonderinteressen auf den Plan gerufen — ganz zu schweigen von der ideologischen Debatte um eine «Volkspension». Insbesondere die Hauptbegünstigten der zunehmenden Umverteilung — ältere Arbeitnehmer — seien die fleissigsten Wähler. Daher täte mehr Aufklärung, auch in ethischer Hinsicht, not.

Mehr zum Thema:

Das neue Buch von Michael Ferber, Damian Gliott und Florian Schubiger:
«Was Sie über Altersvorsorge wissen sollten: Intelligent planen, Steuern sparen, Fehler vermeiden»

Der aktuelle Sammelband der Edition Liberales Institut:
«Sackgasse Sozialstaat: Alternativen zu einem Irrweg»

24. Februar 2020

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