Bereits zum zehnten Mal führte das Liberale Institut die Freiheitsfeier in diesem Format durch. Die diesjährige Veranstaltung befasste sich mit Wegen zu freiheitlichen Reformen, unter anderem dank einem erhöhten interstaatlichen Wettbewerb in Europa, der mit dem umstrittenen EWR-Nein vor 25 Jahren belebt wurde. Das Verhältnis mit der EU bleibt dennoch auch für die Schweiz eine Grundsatzfrage. Diese gilt es vor dem Hintergrund der Notwendigkeit innenpolitischer Reformen sowie des Entscheids Grossbritanniens, in Zukunft anders mit der EU umzugehen, zu analysieren: Ist politische Zentralisierung auf europäischer Ebene wirklich erfolgsversprechend? In seiner Einführung erinnerte LI-Direktor Pierre Bessard daran, dass die Ablehnung des von Röpke kritisierten Kults des Kolossalen zwar nicht
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Bereits zum zehnten Mal führte das Liberale Institut die Freiheitsfeier in diesem Format durch. Die diesjährige Veranstaltung befasste sich mit Wegen zu freiheitlichen Reformen, unter anderem dank einem erhöhten interstaatlichen Wettbewerb in Europa, der mit dem umstrittenen EWR-Nein vor 25 Jahren belebt wurde. Das Verhältnis mit der EU bleibt dennoch auch für die Schweiz eine Grundsatzfrage. Diese gilt es vor dem Hintergrund der Notwendigkeit innenpolitischer Reformen sowie des Entscheids Grossbritanniens, in Zukunft anders mit der EU umzugehen, zu analysieren: Ist politische Zentralisierung auf europäischer Ebene wirklich erfolgsversprechend?
In seiner Einführung erinnerte LI-Direktor Pierre Bessard daran, dass die Ablehnung des von Röpke kritisierten Kults des Kolossalen zwar nicht ausreiche, weil Kleinheit an sich noch kein Kriterium für Innovation, Freiheit und die Schaffung von Wohlstand darstelle. Nordkorea und Haiti seien ebenfalls Kleinstaaten — allerdings nicht besonders erfolgreiche. Vielmehr sei eine auf Freiheit und Verantwortung basierende Kultur entscheidend. Ein Blick auf die vor 500 Jahren initiierte Reformation verdeutliche, dass bereits damals der Grundstein für die Vielfalt und den Wettbewerb der Ideen sowie die individuelle Gewissens- und Handlungsfreiheit gelegt wurde. Die Prinzipien der jüdisch-christlichen Moral hätten zudem eine wesentliche Rolle für die Freiheit gespielt, etwa die goldene Regel der Reziprozität, welche die win-win Beziehungen der freien Marktwirtschaft widerspiegelt, und natürlich die Achtung vor fremdem Eigentum.
In seinem Referat ging Prof. Michael Wohlgemuth, Direktor von Open Europe Berlin und Professor für politische Ökonomie an der Universität Witten/Herdecke auf die vorausschauende Weisheit von Wilhelm Röpke über die Entwicklung Europas ein. Charakteristisch für Röpke sei seine doppelte Relativierung des Nationalstaates: Einerseits sei dieser für Röpke zu gross für eine echte und dauerhafte gemeinschaftliche Integration ohne potenzielle Entartung in den Nationalismus, andererseits sei der Nationalstaat zu klein, um eine sinnvolle Arbeitsteilung zu bewerkstelligen. Die wirtschaftliche Integration durch die EU hätte Röpke wohl gemocht, jedoch habe er bereits zu Lebzeiten vor einer politischen Integration auf supranationaler Ebene gewarnt, denn diese «One-size-fits-all»-Politik führe zu Spannungen zwischen den einzelnen Regionen, die mit einer dezentralen Ordnung auf Basis von offenen Volkswirtschaften hätten vermieden werden können. Für Röpke sei die Schweiz auch deshalb eine Art Vorbild gewesen, weil das Land durch eine langandauernde Integration von unten entstanden sei, und nicht — wie die EU das überhastet forciert — durch eine dirigistische Integration von oben. Den Bau eines Hauses solle man beim Fundament beginnen, nicht beim Dach, war Röpke überzeugt. Das Fundament beinhalte etwa geteilte Normen, Werte und Prinzipien. Es brauche ein Minimum an gegenseitigem Vertrauen, damit eine Integration gelingen kann, wobei es bei dieser Integration vor allem um die Gewährleistung von Freihandel gehen soll, nicht um regulatorische Zentralisierung und Gleichmacherei. Dies sei heute die grosse Herausforderung der EU.
Präsentation von Prof. Dr. Michael Wohlgemuth:
«Die Zukunft Europas: Was würde Wilhelm Röpke sagen?»
Anschliessend wurde der diesjährige Röpke-Preis für Zivilgesellschaft des Liberalen Instituts an Franz Jaeger, emeritierter Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität St. Gallen, verliehen. Ausgezeichnet wurde er für seine wissenschaftlichen Ansätze zugunsten einer dezentralen Ordnung und wirtschaftspolitischer Vernunft. Franz Jaeger lehrte während 35 Jahren Volkswirtschaftslehre an der Universität St. Gallen, wo er promovierte und sich habilitierte. Er war bis 2007 geschäftsführender Direktor des von ihm gegründeten Forschungsinstituts für Empirische Ökonomie und Wirtschaftspolitik. Bis Ende letzten Jahres war er ausserdem Leitungsmitglied und als Hauptdozent an der Executive School der HSG tätig.
In seiner Dankesrede ging Prof. Franz Jaeger auf die Erfolgsfaktoren von Kleinstaaten ein, die er mit weiteren Autoren jüngst im Buch Kleinstaat Schweiz — Auslauf- oder Erfolgsmodell? (2017) eingehend analysierte. Gerade im Hinblick auf die Inflation, die Arbeitslosigkeit, das reale BIP-Wachstum und die Defizitquote schnitten Kleinstaaten wie etwa Singapur, Irland oder die Schweiz tendenziell besser ab als die erfolgreichsten Grossstaaten. Kleinstaaten verfügten über viele strukturelle Vorteile, auf die man aber sehr gut Acht geben müsse, damit diese nicht schrittweise abgebaut würden, beispielsweise durch Überregulierung, Sozialdemokratisierung und Fiskalbelastung. Kritiker wenden dagegen unter anderem ein, dass Kleinstaaten ihren Erfolg nur dem Rosinenpicken zu verdanken hätten. Jaeger findet daran aber nichts Verkehrtes: «Aussenpolitik ist in jedem Land Interessenspolitik, nicht erst seit Machiavelli.» Folglich habe jedes Land das Recht, Rosinen zu picken, wobei er darauf hinwies, dass die Schweiz nicht gerade dafür bekannt sei, in diplomatischen Verhandlungen hart für eigene Interessen einzustehen. Weiter wenden Kritiker ein, dass ein Plädoyer für den Kleinstaat ein Plädoyer für ökonomische und demografische Abschottung sei. Diesem Vorwurf entgegnet Jaeger, dass jeder Kleinstaat, der erfolgreich sein wolle, gesellschaftlich und wirtschaftlich offen sein müsse und dieser Einwand folglich ins Leere ziele. Auch kritisiert wird das geringfügige gestaltungspolitische Souveränitätspotenzial von Kleinstaaten. In der Tat: Je kleiner ein Staat ist, desto abhängiger vom Ausland ist er. Es sei aber umso wichtiger, dass sich auch ein Kleinstaat gewisse Souveränitätsbereiche aufrechterhalte, damit er im Ernstfall den Spielraum habe, um einen eigenen Weg einzuschlagen, der dem Wohl seiner Bevölkerung besser dient. Dies gelte nicht zuletzt im geldpolitischen Bereich.
Präsentation von Prof. em. Dr. Franz Jaeger:
«Kleinstaat-Konzept im Kritikmonitor: Eine Widerrede»
5. Dezember 2017