Kurz vor der NoBillag-Abstimmung vom 04.03.2018 werden seitens der Gegnerschaft nochmals sämtliche Register gezogen. Dadurch leidet nicht nur ganz offensichtlich die Sachlichkeit, sondern teils auch die Faktentreue. Obschon es in einer direkten Demokratie nicht nur an Juristen liegen sollte, bei Abstimmungen den Initiativtext im Wortlaut zu betrachten und damit die Kernforderungen zu kennen, beschleicht einen bei der NoBillag-Initiative teils das Gefühl, dass ohne besondere Dossierkenntnis diskutiert wird. Dabei geht es in casu um folgendes: Zunächst wird a) ein Verbot der Erhebung von Empfangs- bzw. Billaggebühren statuiert. Sodann wird b) dem Bund untersagt, in Friedenszeiten Radio- oder Fernsehstationen zu betreiben oder solche staatlich zu subventionieren (Ausnahme: Zahlungen für die
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Kurz vor der NoBillag-Abstimmung vom 04.03.2018 werden seitens der Gegnerschaft nochmals sämtliche Register gezogen. Dadurch leidet nicht nur ganz offensichtlich die Sachlichkeit, sondern teils auch die Faktentreue.
Obschon es in einer direkten Demokratie nicht nur an Juristen liegen sollte, bei Abstimmungen den Initiativtext im Wortlaut zu betrachten und damit die Kernforderungen zu kennen, beschleicht einen bei der NoBillag-Initiative teils das Gefühl, dass ohne besondere Dossierkenntnis diskutiert wird. Dabei geht es in casu um folgendes: Zunächst wird a) ein Verbot der Erhebung von Empfangs- bzw. Billaggebühren statuiert. Sodann wird b) dem Bund untersagt, in Friedenszeiten Radio- oder Fernsehstationen zu betreiben oder solche staatlich zu subventionieren (Ausnahme: Zahlungen für die Ausstrahlung dringlicher amtlicher Mitteilungen wie z.B. Nachrichten bzgl. Polizeimeldungen). Dafür soll neu c) der Bund Konzessionen für Radio und Fernsehen versteigern – anstatt mittels Billag-Gebühren einseitig die SRG zu bevorzugen.
An Silvester 2017 erschien im „Blick“ ein langer Beitrag von Schriftsteller Lukas Bärfuss mit dem Titel „NoBillag bedeutet Anarchie“. Darin wird in genereller Manier über die libertäre, minimalstaatliche Haltung der Initianten hergezogen. Offen befürwortet er, dass die SRG Propaganda betreibe, nämlich für die „unverhandelbaren“ Werte der Aufklärung, gegen welche die NoBillag-Initianten aufgrund ihrer Demokratiefeindlichkeit seien. Gut nur, spürt man das Staatsverständnis von Bärfuss aus fast jeder Textzeile: Mit der Forderung „mehr Freiheit, weniger Staat“ würde sich jeder bürgerliche Politiker in einen Widerspruch setzen, da er ja als Staatsdiener nicht zu seiner eigenen Abschaffung beitragen solle. Die Erklärung, warum jeder Politiker ein Staatsangestellter sei, nur weil er im Milizsystem staatliche Sitzungsgelder erhalte, bleibt Bärfuss indessen vollständig schuldig. Er hätte auch sagen können: „Jeder Politiker, der für weniger Staatsregulierung kämpft, ist nicht gerade intelligent, da er sich selber bezahlte Arbeit wegnimmt.“ Dies jedoch sagt eine ganze Menge über die dahinterstehende „Ethik“: Was einem schadet, soll man nicht unterstützen. So erstaunt nicht, dass jüngst unter der Website www.noculture.ch über 5000 Kulturschaffende aus der ganzen Schweiz die NoBillag-Initiative namentlich bekämpfen, da „die SRG eine existenziell wichtige Partnerin“ sei. Ein Schelm, wer denkt, dass hier nicht eine ganze Berufsgattung um ihre eigene Futterkrippe bangt. Und solch ein Pharisäertum, während man mit dem Finger auf die Urheber der NoBillag-Initiative zeigt – ihnen zugleich aber Dummheit vorwirft, da sie durch Rückbindung staatlichen Einflusses an ihrer politischen Existenz sägen. Schon einmal darüber nachgedacht, dass es trotz allem Lobbyismus auch prinzipientreue PolitikerInnen gibt, die das Beste für sich und ihren Nächsten (und nicht nur für sich allein) suchen?
Ähnlich polemisch erscheint die Medienmitteilung der JGLP vom 05.12.2017, wonach man keine Berlusconisierung der Medien, sondern eine Weiterentwicklung der gebührenfinanzierten SRG hin zu mehr digitalen Angeboten wolle. Logisch, denn die Junggeneration informiert sich bereits jetzt über weite Strecken online. Festzuhalten ist aber, dass auch bislang nur Radio und Fernsehen gebührenfinanziert sind, nicht aber Blogs, Social Media oder die Online-Ausgaben von Zeitungen und Zeitschriften. Im Übrigen vermögen sich sogar im heutigen digitalen Zeitalter Printmedien ohne Staatsgebühren zu finanzieren oder den Printbereich betriebsintern querzusubventionieren. Warum dies der SRG bei einer Annahme der NoBillag-Initiative nicht möglich sein sollte, ist unerfindlich und eine wohl nicht nur uneigennützige Behauptung vieler InitiativgegnerInnen. Womit klar sein sollte, dass die Medienlandschaft ohne Gebührenfinanzierung kaum eintöniger würde. Vermutlich wäre sie gar breiter gefächert: Denn während im Print- und Onlinemediensektor bereits heute eine grosse Bandbreite an Informationskanälen existiert, lässt sich neben dem SRF kaum ein nennenswerter, schweizweit tätiger TV-Sender nennen. Aus freiheitlich-eigenverantwortlicher Optik im medialen Wettbewerb eine Gefahr zu sehen, wäre letztlich ein innerer Widerspruch. Und zwar nicht bloss ein ideologisch-abstrakter, wenn man so in die Geschichte schaut und sich den Einfluss totalitärer Regimes (z.B. UDSSR) auf Medien ansieht. Unabhängig jeder Gebührendebatte ist es damit nicht nur optional, sondern um der Medienfreiheit willen absolute Pflicht, dass der Staat in Friedenszeiten keine eigenen Radio- und TV-Stationen betreibt sowie sich jeder Subventionierung enthält. Die Versteigerung von Konzessionen (als dritte zentrale Initiativforderung) vermag die Medienfreiheit klar stärker zu gewährleisten als das heutige Gebührensystem, führt sie doch erstmals zu einem vollständigen Medienwettbewerb. Und nota bene einem noch immer eingeschränkten, da Konzessionen verwaltungsrechtlich gesprochen das Entgelt für das Recht zur Ausübung einer monopolisierten wirtschaftlichen Tätigkeit und damit eine Abweichung vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit darstellen, was nur bei verfassungsmässiger Grundlage zulässig ist (Art. 94 Abs. 4 BV); hieran ändert die NoBillag-Initiative rein gar nichts. Sofern Angebot und Nachfrage bestehen, ist ergo davon auszugehen, dass auch rätoromanische Kreise eine Konzession ersteigern. Dies erst recht, da der Initiativtext die regionale Aufteilung der Schweiz in Konzessionsgebiete keineswegs ausschliesst.
Egal wie die Abstimmung ausgeht: Einen Erfolg hat das NoBillag-Komitee bereits erreicht: Die Jahresgebühr wird künftig statt deren ca. 450 CHF „nur“ noch 365 CHF betragen. Was Bundesrätin Leuthard am gleichen Tag wie das NoBillag-Abstimmungsdatum verkündete und einen Zusammenhang bestritt. Mögen wir hoffen, dass das Volk sich auch künftig nicht leichtfertig belügen lässt und ein Zeugnis für weniger Abgaben sowie mehr Medienfreiheit ablegt.
Autorangaben
Artur Terekhov ist Student der Rechtswissenschaften, selbstständiger Rechts- und Steuerdienstleister ausserhalb des anwaltlichen Monopolbereichs sowie parteiloses Mitglied des NoBillag-Initiativkomitees. Er wohnt in Oberengstringen. (Der vorliegende Artikel erschien erstmals in der Limmattaler Gewerbezeitung vom 01.02.2018 (Nr. 1/2018), welche auch online verfügbar ist.)