Italiens Rechtsbündnis mit der Postfaschistin Giorgia Meloni, die Mitte-Links-Partei (PD) und die 5-Sterne-Bewegung liegen politisch weit auseinander, doch haben sie auch eines gemeinsam: Vor der Parlamentswahl am Sonntag haben alle drei Lager den Wählerinnen und Wählern kostspielige Geschenke versprochen. Sie reichen von Steuersenkungen über höhere Gehälter für Staatsbedienstete, einen früherer Rentenbeginn bis hin zu einer "Mitgift" von bis zu 10'000 Euro für Teenager, sobald sie 18 werden. Die Parteien würden "allen alles versprechen", kritisiert Roberto Perotti, Wirtschaftsprofessor an der Mailänder Bocconi-Universität. An den Finanzmärkten schrillen deshalb die Alarmglocken. Schliesslich ist Italien nach Griechenland das Euro-Mitglied mit der höchsten Staatsverschuldung. Sie macht
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Italiens Rechtsbündnis mit der Postfaschistin Giorgia Meloni, die Mitte-Links-Partei (PD) und die 5-Sterne-Bewegung liegen politisch weit auseinander, doch haben sie auch eines gemeinsam: Vor der Parlamentswahl am Sonntag haben alle drei Lager den Wählerinnen und Wählern kostspielige Geschenke versprochen. Sie reichen von Steuersenkungen über höhere Gehälter für Staatsbedienstete, einen früherer Rentenbeginn bis hin zu einer "Mitgift" von bis zu 10'000 Euro für Teenager, sobald sie 18 werden. Die Parteien würden "allen alles versprechen", kritisiert Roberto Perotti, Wirtschaftsprofessor an der Mailänder Bocconi-Universität.
An den Finanzmärkten schrillen deshalb die Alarmglocken. Schliesslich ist Italien nach Griechenland das Euro-Mitglied mit der höchsten Staatsverschuldung. Sie macht bereits rund das Anderthalbfache der Wirtschaftsleistung aus. Schon bei der Wahl 2018 machten die Politiker grosszügige Versprechungen - verpflichteten sich aber auch, die schon damals die mit 132 Prozent des Bruttoinlandsproduktes hohe Staatsverschuldung zu senken.
"In der gesamten politischen Klasse Italiens werden Schulden einfach nicht mehr diskutiert", warnt Tim Gwynn Jones, Analyst beim Beratungsunternehmen Medley Advisors. Diese dürften nach der Wahl am 25. September "ein böses Erwachen" erleben, sollten die Wahlgewinner versuchen, ihre Pläne durchzusetzen.
Italiens Kreditkosten steigen bereits steil an - angetrieben durch die rasant steigende Inflation, die Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB) und politische Unsicherheit. Daten von S&P Global Market Intelligence zeigen, dass die Wetten der Investoren gegen den italienischen Staatsanleihenmarkt den höchsten Stand seit 2008 erreicht haben. Das gilt als Zeichen für wachsende Unruhe bei Investoren.
Tiefere Steuern als Versprechen
Niedrigere Steuern "für Familien, Unternehmen und Selbstständige" ist das übergreifende Versprechen des Programms des rechtskonservativen Blocks, der sich aus den postfaschistischen Brüdern Italiens von Giorgia Meloni, der Lega von Matteo Salvini und der Forza Italia von Silvio Berlusconi zusammensetzt. Geplant ist etwa ein einheitlicher Steuersatz auf Jahreseinkommen bis zu 100'000 Euro für Selbstständige und eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Energie und andere wichtige Güter.
Zugleich verspricht das Bündnis, mehr Mitarbeiter im Gesundheitswesen einzustellen, den Vorruhestand zu erleichtern und die Mindestrenten zu erhöhen. Keines der Versprechen ist gegenfinanziert. Auch enthält das Wahlprogramm keinen Hinweis auf die Folgen für Steuereinnahmen, Schulden oder Haushaltsdefizit.
Die Parteien hätten während der 18-monatigen Einheitsregierung des scheidenden Ministerpräsidenten Mario Draghi einen "Urlaub von der Realität" genossen, beklagt Analyst Jones. Sie hätten gewusst, dass ihr Land teilweise durch die Glaubwürdigkeit des ehemaligen EZB-Chefs und durch die EZB-Anleihekaufprogramme geschützt war. "Italienische Politiker gehen davon aus, dass die EZB immer da sein wird", sagt Jones und meint damit, dass sie im Ernstfall die Staatsanleihen kaufen und so die Zinsen drücken würde.
Eine Schuldenkrise ist nicht wahrscheinlich
Ökonom Perotti hat sich die Versprechen des rechten Wahlbündnisses - das Wahlforscher in Umfragen vorn sehen - genauer angeschaut. Sein Fazit: Mehr als 70 würden die Einnahmen verringern, gut 50 die Ausgaben erhöhen. Insgesamt würde das den Staat weit mehr als 100 Milliarden Euro kosten. "Selbst wenn sie nur diejenigen durchsetzen, die Steuern und Renten betreffen, wird es eine Schuldenkrise geben", warnt der Experte.
Das 37-seitige Wahlmanifest der Demokratischen Partei sieht nicht weniger kostspielig aus. Es enthält die "Mitgift" für Jugendliche und eine Erhöhung der Nettolöhne um den Gegenwert eines Monatslohns pro Jahr, da der Staat die Sozialabgaben übernehmen soll, die derzeit von den Arbeitnehmern getragen werden. Außerdem verspricht das linke Lager höhere Gehälter für Lehrer und Beschäftigte im Gesundheitswesen, Steuersenkungen für mittlere und niedrige Einkommen sowie die Abschaffung der regionalen Gewerbesteuer - Versprechen, die von der 5-Sterne-Partei aufgegriffen werden.
Francesco Saraceno, Wirtschaftsprofessor an der Luiss-Universität in Rom und an der Sciences Po in Paris, bezeichnete die Programme der Parteien als "Märchen". Diese müssten schon bald nach der Wahl weitgehend ad acta gelegt werden. Daher sieht er wenig Gefahr für einen Zusammenbruch der Finanzmärkte, sollte der rechte Block wie erwartet an die Macht kommen. "Ich denke, es wird eine kurze negative Reaktion geben", sagt Saraceno. "Aber dann wird klar werden, dass die neue Regierung sehr wenig an den öffentlichen Finanzen ändern wird - und die Märkte werden sich beruhigen."
Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer denkt ähnlich. "So werden die Zinskosten des italienischen Staates auch bei weiter anziehenden Renditen nur langsam zulegen", sagt der Ökonom. Der Grund: Es dauert einige Zeit, bis das vergleichsweise geringe Volumen an neuen Anleihen mit höheren Renditen die durchschnittliche Verzinsung der italienischen Schulden steigen lässt.
"Noch wichtiger als diese fundamentalen Gründe dürfte allerdings sein, dass die EZB in den vergangenen Jahren keinen Zweifel daran gelassen hat, dass sie einen zu starken Anstieg der italienischen Renditen und eine dadurch ausgelöste Krise nicht zulassen wird", sagt Krämer. So haben die Währungshüter im Rahmen ihres Pandemic Emergency Purchase Programmes (PEPP) die Erträge aus fällig werdenden Anleihen in erster Linie in italienische (und spanische) Anleihen investiert. Zudem hat sie mit dem Transmission Protection Instrument (TPI) ein neues Instrument geschaffen, um gegen steigende Renditen einzelner Länder vorzugehen. "Eine Schuldenkrise ist – auch wegen der Eingriffe der EZB – nicht wahrscheinlich", lautet Krämers Fazit.
(Reuters)