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Politik – Deutschland: Einflussreich, aber nicht geliebt – Lindner und FDP verlieren Zuspruch

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Christian Lindner ist schnell in seine neue Rolle geschlüpft. Das räumen selbst politische Rivalen ein. Seit Dezember ist der FDP-Vorsitzende zusätzlich Bundesfinanzminister - sein erstes Regierungsamt und sein Lieblingsressort, wie er im Wahlkampf 2021 immer wieder betont hatte. Vier Monate im Amt hat der 43-Jährige kaum Fehler gemacht und nach FDP-Lesart schon 30 Milliarden Euro an Steuerentlastungen eingefädelt. «Einiges davon bleibt dauerhaft», sagt ein Lindner-Vertrauter der Nachrichtenagentur Reuters. Der Krieg in der Ukraine bringt aber auch finanzpolitisch vieles durcheinander, jetzt wollen nicht mehr nur Corona-Folgen und ein stärkerer Klimaschutz finanziert werden, sondern auch die massiven Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine. Fragt man Unterstützer und Kritiker in

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Christian Lindner ist schnell in seine neue Rolle geschlüpft. Das räumen selbst politische Rivalen ein. Seit Dezember ist der FDP-Vorsitzende zusätzlich Bundesfinanzminister - sein erstes Regierungsamt und sein Lieblingsressort, wie er im Wahlkampf 2021 immer wieder betont hatte. Vier Monate im Amt hat der 43-Jährige kaum Fehler gemacht und nach FDP-Lesart schon 30 Milliarden Euro an Steuerentlastungen eingefädelt. «Einiges davon bleibt dauerhaft», sagt ein Lindner-Vertrauter der Nachrichtenagentur Reuters. Der Krieg in der Ukraine bringt aber auch finanzpolitisch vieles durcheinander, jetzt wollen nicht mehr nur Corona-Folgen und ein stärkerer Klimaschutz finanziert werden, sondern auch die massiven Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine.

Fragt man Unterstützer und Kritiker in diesen Tagen, heißt es unisono: Lindner ist sehr pragmatisch und staatsmännisch. Und er blüht im neuen Job auf, fordert auf dem Flug nach Washington zur Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds von den mitreisenden Journalisten noch mehr Fragen, die er dann genüsslich beantwortet. Seine erste Pressekonferenz in der US-Hauptstadt - sehr gut besucht in einem Hotel-Ballsaal - nutzt er zum Appell, gespickt mit viel Selbstbewusstsein und einem Hauch von Überlegenheit: «Sie haben von Ihrer Seite noch nicht danach gefragt, aber ich will es noch einmal unterstreichen, damit Sie es bitte nicht unterschätzen: Es besteht das Risiko einer globalen Schuldenkrise bei Schwellen- und Entwicklungsländern. Und darauf muss jetzt gehandelt werden und nicht wenn sie da ist.»

Lindner zeigt dann auch - wesentlich deutlicher als sein Vorgänger, der jetzige Kanzler Olaf Scholz (SPD) - mit dem Finger auf China. Das Land als einer der wichtigsten Gläubiger armer Staaten etwa in Afrika müsse Taten sprechen lassen statt nur Worte. Beim G20-Rahmenwerk für Umschuldungen müsse es endlich vorangehen, was nur mit China gehe.

Insgesamt hat Lindners FDP in der Ampel bislang viel durchgesetzt - nicht nur in der Corona-Politik. Doch das sorgt für Frust bei den Regierungspartnern. «Die FDP hat beim Koalitionsvertrag gut verhandelt», sagt ein Grüner. Bei der FDP heißt es, die interne Unruhe in der Ampel sei beim Thema Corona am stärksten. Hier zeigten sich klare Differenzen, weil es dazu im Koalitionsvertrag kaum Vereinbarungen gebe. In Umfragen kostet das die FDP Zuspruch, während die Grünen deutlich über ihren Werten von der Bundestagswahl im Spätsommer 2021 liegen.

Klientelpolitik der FDP?

Infratest-Wahlforscher Stefan Merz sagt Reuters, insbesondere der schlingernde Regierungskurs in der Corona-Politik trage zu einem negativen Erscheinungsbild der neuen Regierung bei. Dafür sei die FDP maßgeblich verantwortlich. «Selbst unter FDP-Anhängern hätte sich die Mehrheit beispielsweise eine Impfpflicht gewünscht.» Diese kommt nun nicht, dafür aber starke Lockerungen, die viele Bürger kritisch sehen. Im Infratest-Deutschlandtrend für die ARD lag die FDP zuletzt bei neun Prozent. Beim ZDF-Politbarometer und bei Forsa waren es sogar nur jeweils acht Prozent. Zum Vergleich: Bei der Bundestagswahl hatten die Liberalen 11,5 Prozent. Die Grünen liegen dagegen mit 19 Prozent über ihrem Wahlergebnis von knapp 15 Prozent.

Nur noch 39 Prozent zeigen sich bei Infratest zufrieden mit Lindner, zehn Prozentpunkte weniger als in der vorherigen Umfrage. Die wichtigsten Grünen-Politiker - Wirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock kommen dagegen auf 54 und 53 Prozent. Auch im ZDF-Politbarometer ist Habeck, der wegen des Ukraine-Kriegs Deutschland schnell unabhängig von russischen Energielieferungen machen muss, der beliebteste Politiker, knapp vor Scholz. Lindner liegt nur noch im unteren Teil der Top 10.

Als ein Fehler werten viele Ampel-Politiker Lindners unabgestimmten und über die «Bild»-Zeitung gespielten Vorstoß für einen Tankrabatt an der Zapfsäule, von dem Reiche und Arme sowie alle Unternehmen profitieren würden - statt gezielt zu helfen. «Die Diskussionen rund um Lindners Benzinrabatt haben ihm offensichtlich geschadet», sagt Wahlforscher Merz. «Die Zufriedenheit mit seiner politischen Arbeit ist im März in allen Bevölkerungsgruppen zurückgegangen, besonders stark aber bei den Menschen mit geringerem Haushaltseinkommen. Der Vorwurf, seine Entlastungsideen seien nicht sozial ausgewogen, scheint von vielen Bürgerinnen und Bürgern geteilt zu werden.» Die Grünen punkteten dagegen mit einer glaubwürdigen Präsenz Habecks und Baerbocks, die sich auch in der Vergangenheit schon kritisch gegenüber Russland positioniert hätten.

Manfred Güllner, der Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa, schließt weitere Verluste für die FDP nicht aus, die zuletzt auch den Einzug in den saarländischen Landtag verpasst hat. «Die FDP ist bei der Bundestagswahl von vielen CDU-Anhängern wegen des Frusts über den Kanzlerkandidaten der Union gewählt worden, ohne dass die damit zu Stammwählern der FDP geworden wären. Jetzt ist ein Teil wiederum von der FDP enttäuscht.» Somit könne es noch weiter runtergehen. «Denn die Stammwähler machen allenfalls fünf bis sechs Prozent aus.» Der Mittelstand spüre trotz FDP-Regierungsbeteiligung keine Entlastung. «Die Bürokratie ist immer noch zu stark und die Kosten steigen weiter, unter anderem auch durch die staatlich verordnete Mindestlohnerhöhung.» Diese hatte Lindner früher kategorisch abgelehnt, trägt sie nun aber mit, um den Frieden in der Ampel zu wahren.

Knackpunkt in schwierigen Zeiten - der Haushalt

Einer der Knackpunkte in den nächsten Monaten wird der Haushalt - genau genommen die Klage gegen den Nachtragshausalt für 2021, mit dem eine 60 Milliarden Euro schwere Klimarücklage geschaffen wurde. Kritiker sprechen von einem Schattenhaushalt. Entscheidend für Lindner wird auch der Haushalt für 2023, der trotz der Verwerfungen im Zuge des Angriffs auf die Ukraine die Schuldenbremse wieder einhalten soll. Das kommt einer Vollbremsung gleich. Sollte die Klage der Union gegen den Nachtragshaushalt Erfolg haben, wäre dies ein massiver Prestigeverlust für Lindner, wird in seinem Umfeld eingeräumt. Die Klimarücklage sei wichtig für den Zusammenhalt der Ampel.

Die Grünen stören sich daran, dass der neue 100 Milliarden Euro schwere Sonderfonds für die Bundeswehr, bei dem Lindner ebenfalls seinen Pragmatismus unter Beweis gestellt hat, mit einer Zweckbindung im Grundgesetz abgesichert werden soll - anders als die Klima-Milliarden. Sollte die Union beim Bundesverfassungsgericht gewinnen, wäre die Ampel nicht mehr richtig handlungsfähig, sagt ein Grünen-Politiker in führender Funktion. Habeck, der für den massiven Ausbau der erneuerbaren Energien verantwortlich ist, würde dann enormen Druck auf Lindner ausüben müssen, um an das nötige Geld zu kommen. «Bisher ist der Umgang der beiden sehr professionell, da gibt es nur kleine Spitzen, keine Risse.» Das könnte sich dann ändern.

Für Reiner Holznagel, den Präsidenten des Bundes der Steuerzahler, ist die Haushaltslage weiter angespannt. Das Budget sei überhaupt nicht krisenfest. «Hier fehlen die Prioritäten, hier fehlen ernsthafte Sparmaßnahmen. Es wird nicht beantwortet, was jetzt auf Eis gelegt werden muss. Da erwarten wir von Christian Lindner schon einen Gegenentwurf.» Im Lindner-Lager wird darauf verwiesen, dass die Schuldenbremse gehalten werden könne und dies weiter hohe Priorität habe. Es werde aber stark von der Einnahmeseite abhängen, die wiederum daran hänge, wie stark sich die Konjunktur abkühle. Sollte es eine schwere Rezession geben, weil russische Gaslieferungen doch noch boykottiert werden oder Moskau selbst den Gashahn zudreht, werde die Schuldenbremse auch 2023 ausgesetzt.

Holznagel kontert, es sei eine Illusion zu glauben, dass man auf der Ausgabenseite nichts machen müsse. «Was fehlt, ist ein ambitionierterer Tilgungsplan – das alles ist nur halbherzig. Beim Sondervermögen für die Bundeswehr sieht die Ampel gar keinen Tilgungsplan vor – diese Schulden in Höhe von 100 Milliarden Euro werden bleiben. Hier gibt es keinen politischen Willen, das Geld überhaupt zurückzuzahlen.» Und die Corona-Tilgungen kämen später und würden länger gestreckt. Es gehe dabei um satte 343 Milliarden Euro aus den Jahren 2020 bis 2022. Sie sollten nun von 2028 bis 2058 statt 2023 bis 2042 getilgt werden.

Der haushalts- und finanzpolitische Sprecher der CSU im Bundestag, Sebastian Brehm, ist fest davon überzeugt, gute Chancen in Karlsruhe zu haben. Unklar ist aber noch, wann überhaupt über den Nachtragshaushalt verhandelt wird. Sollte die Klage Erfolg haben, fehlten der Ampel-Koalition für die nächsten vier Jahre 67 Milliarden Euro, die sie entweder einsparen oder über Kredite finanzieren müsste. «Im Fall einer Kreditfinanzierung ist Lindners Plan einer Rückkehr zur Einhaltung der Schuldenbremse in 2023 Makulatur.» Er könne nicht mehr alle Wünsche der Ampel-Parteien finanzieren.

Ausweg Steuererhöhungen?

In Teilen der SPD und vor allem bei den Grünen wird als möglicher Ausweg auf Steuererhöhungen verwiesen, vor allem für Reiche. Das will die FDP aber unbedingt verhindern. «Die Festlegung der Ampel, in dieser Legislatur gar keine Steuer zu erhöhen, ist kaum zu halten», twitterte der grüne Finanzminister aus Baden-Württemberg, Danyal Bayaz. Künftige Generationen zahlten sonst die Zeche für die Bundeswehr und Corona.

In der Wirtschaft, die Lindner nahesteht, wird versucht, die Diskussion im Keim zu ersticken, etwa den Solidaritätszuschlag für alle wieder einzuführen. «Vielmehr gehört eine breite Entlastungsoffensive für Haushalte und Unternehmen auf der Tagesordnung der Bundesregierung ganz nach oben», sagt BVMW-Chefvolkswirt Hans-Jürgen Völz.

(Reuters)

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