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Wahlen 2021 – Was die deutschen Parteien vor der Bundestagswahl versprechen

Summary:
Die Sozialdemokraten mit ihrem Kandidaten Olaf Scholz legten zuletzt ein unerwartetes Comeback hin und werden in Umfragen vor oder Kopf an Kopf mit der bürgerlichen Schwesterparteien CDU/CSU, kurz Union, gesehen. Nachdem Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet durch interne Machtkämpfe und Fehltritte in Wahlkampf angeschlagen ist und auch Spitzenkandidatin Annalena Baerbocks Wahlkampfpatzer den Aufstieg der Grünen ausgebremst haben, ist das Rennen nun offen. Wer in Deutschland die Regierung bildet, wird sich erst in Koalitionsverhandlungen zeigen. Die liberale FDP, angeführt von Christian Lindner, könnte zum Königsmacher werden, wenn sie für eine Mehrheit in einer Dreierkoalition gebraucht wird. Die rechtsextreme Alternative für Deutschland wird mit ziemlicher Sicherheit in der Opposition

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Die Sozialdemokraten mit ihrem Kandidaten Olaf Scholz legten zuletzt ein unerwartetes Comeback hin und werden in Umfragen vor oder Kopf an Kopf mit der bürgerlichen Schwesterparteien CDU/CSU, kurz Union, gesehen. Nachdem Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet durch interne Machtkämpfe und Fehltritte in Wahlkampf angeschlagen ist und auch Spitzenkandidatin Annalena Baerbocks Wahlkampfpatzer den Aufstieg der Grünen ausgebremst haben, ist das Rennen nun offen.

Wer in Deutschland die Regierung bildet, wird sich erst in Koalitionsverhandlungen zeigen. Die liberale FDP, angeführt von Christian Lindner, könnte zum Königsmacher werden, wenn sie für eine Mehrheit in einer Dreierkoalition gebraucht wird. Die rechtsextreme Alternative für Deutschland wird mit ziemlicher Sicherheit in der Opposition bleiben, auch eine Beteiligung der Linken in einer Koalition gilt als unwahrscheinlich. Ausgeschlossen hat die SPD dies allerdings nicht.

Es folgt ein Überblick über wichtige Wahlkampfthemen und die Positionen der Parteien.

Steuern

  • CDU und CSU schliessen Steuererhöhungen aus und wollen den Mittelstand entlasten und den Solidaritätszuschlag ("Soli") abschaffen. Die Steuerbelastung für Unternehmensgewinne soll auf 25 Prozent begrenzt werden.
  • Die Grünen wollen hingegen Steuern erhöhen, um die Klimawende zu finanzieren. Pauschale Steuersenkungen lehnen sie ab. Der persönliche Spitzensteuersatzes soll von 42 Prozent auf 48 Prozent angehoben werden, genauso wie Abgaben auf Kapitalerträge und Vermögen. Technologieunternehmen wie Google und Facebook sollen digitale Steuern zahlen und Managervergütung nicht mehr steuerlich absetzbar sein.
  • Auch die SPD hat Steuererhöhungen im Programm, will Abgaben für Reiche erhöhen, unter anderem durch die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer. Bürger mit niedrigem und mittlerem Einkommen sollen entlastet werden; Spielraum für breit angelegte Steuersenkungen sehen die Sozialdemokraten in den kommenden vier Jahren keinen.
  • Die FDP plädiert für eine Senkung der Steuern für Unternehmen und Gutverdiener, die Gesamtbesteuerung von Unternehmen soll nicht über dem OECD-Durchschnitt von rund 25 Prozent liegen. Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent soll nach den Plänen der Liberalen erst ab einem Jahreseinkommen von 90'000 Euro gelten. Auch der Soli soll komplett abgeschafft werden.

Staatsausgaben

  • Die CDU/CSU strebt eine schnelle Rückkehr zu einem ausgeglichenen Haushalt und die Wiedereinführung der sogenannten Schuldenbremse an, einer im Grundgesetz verankerten Begrenzung der Neuverschuldung.
  • Mit einem 10-Jahres-Investitionsprogramm in Höhe von 500 Milliarden Euro wollen die Grünen die Klimawende finanzieren. Um der Industrie Investitionen in klimafreundliche Technologien zu erleichern, will Baerbock in einer Übergangsphase Klimakosten kompensieren. Die Schuldenbremse soll so geändert werden, dass staatliche Investitionen bei der Schuldenberechnung nicht berücksichtigt werden, damit die Niedrigzinsphase für Investitionen genutzt werden kann.
  • Die SPD will weiter stark investieren und dabei weniger streng nach einem ausgeglichenen Haushalt streben. Allerdings fordert sie nicht explizit eine Änderung der Schuldenbremse.
  • Die Haushaltspolitik sollte nach dem Plänen der FDP investitionsorientiert und im Einklang mit der Schuldenbremse sein. Die Schulden sollen dabei so schnell wie möglich auf 60 Prozent der Wirtschaftsleistung zurückgeführt werden. Unnötige staatliche Beteiligungen und Anteile an Unternehmen, die nicht zu öffentlichen Dienstleistungen zählen, müssten verkauft werden – insbesondere die Anteile an der Deutschen Post und der Deutschen Telekom.

Sozialpolitik

  • Die Union schlägt einen Fonds für eine "Generationenrente" vor, in die der Staat pro Kind einen bestimmten Betrag einzahlt. Das Renteneintrittsalter soll nicht gesenkt werden.
  • Die Sozialhilfe soll nach dem Willen der Grünen um mindestens 50 Euro pro Person erhöht werden und das Arbeitslosengeld mittelfristig durch eine garantierte Sicherheitsleistung ohne Bedingungen ersetzt werden. Eine Kernforderung der Grünen ist auch die Anhebung des Mindestlohns von derzeit 9,50 Euro auf 12 Euro.
  • Olaf Scholz zieht mit einem Mindestlohn von 12 Euro in den Wahlkampf. Längerfristig soll die Arbeitslosenhilfe zudem in ein sogenanntes Bürgereinkommen umgewandelt werden, was zur Folge hätte, dass Eigentum und Vermögen in den ersten zwei Jahren nicht angerechnet werden. Die umstrittenen Hartz-IV-Reformen sollen zum Teil rückgängig gemacht werden.
  • Die FDP will die Bildungspolitik stärker zentralisieren, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch steuerliche Anreize für Betriebskindergärten verbessern und einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung nach dem Mutterschaftsurlaub einführen.

Wohnungsmarkt

  • Die CDU/CSU will Vermieter durch verlängerte Abschreibungsmöglichkeiten und Lockerung von Bauvorschriften dazu motivieren, bis 2025 1,5 Millionen neue Wohnungen zu bauen und damit den angespannten Wohnungsmarkt entlasten. Eingriffe in Mietpreise lehnt die Union dagegen ab.
  • Die Grünen wollen dagegen jedem Bürger ein verfassungsmässiges Recht auf Wohnung geben. Um die Mietpreissteigerung zu bremsen soll eine Mietpreisbindung bundesweit eingeführt werden.
  • Die SPD will in Gebieten mit Wohnungsmangel den Mietpreisanstieg auf den Inflationssatz begrenzen. Zudem will die Partei die Mietpreisbremse dauerhaft machen und den Mietenspiegel im Interesse der Mieter verbessern. Mindestens 100.000 staatlich geförderte Sozialwohnungen sollen pro Jahr gebaut werden.
  • Auch die FDP will, dass mehr gebaut wird. Sie fordert einen Freibetrag bei der Grunderwerbssteuer von 500.000 Euro beim Kauf von persönlichem Wohnraum. Eingriffe in die Preisbildung wie den Berliner Mietendeckel lehnt die FDP ab.

Technologie und Start-ups

  • Die Union setzt für mehr Wachstum auf die Privatwirtschaft und schlägt die Einrichtung einer deutschen oder europäischen Börse für heimische Tech-Startups vor. Deutschland müsse Bürokratie abbauen, um mit China und den globalen Technologieunternehmen konkurrieren zu können.
  • Internetgiganten, die Märkte dominieren sollen nach den Plänen der Grünen zerschlagen werden können. Um eine neue Gründerwelle auszulösen, will die Partei ein Programm auflegen, das Zugang zu einem Startkapital von 25.000 Euro ermöglicht; Unternehmerinnen sollen gezielt gefördert werden. 
  • Ausgaben für Forschung und Innovation soll laut SPD-Program auf mindestens 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung erhöht und das Angebot an bezahlbaren Krediten für Existenzgründer ausgeweitet werden.
  • Die FDP will einen Fonds zur Finanzierung von Startups deutlich ausbauen, fordert aber auch Grenzen für staatliche Beteiligung an Unternehmen.

Aussenpolitik/Verteidigung

  • Die Union bekennt sich zum transatlantischen Bündnis sowie zum Nato-Ziel, 2 Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben. Die EU müsse eine gemeinsame Strategie gegen die Ausweitung chinesischer Interessen entwickeln und der russischen Herausforderung für die europäischen Werte die Stirn bieten.
  • Eine Reform der Nato streben dagegen die Grünen an, das 2 Prozent-Ziel für Verteidigungsausgaben lehnt die Partei ab. Die Partei spricht Menschenrechtsverletzungen in China offen an und will den Dialog mit Peking nur dann suchen, wenn China zur Kooperation bereit ist. Mit Blick auf Russland fordern die Grünen fordern einen Stopp der Nord Stream 2-Gaspipeline.
  • Die SPD strebt eine von den USA unabhängigere EU an, das Nato-Ziel von 2 Prozent für Verteidigungsausgaben wird abgelehnt. Auch die Sozialdemokraten wollen einen kritischen Dialog mit Peking, suchen allerdings einen konstruktiven Dialog mit Moskau, um Sanktionen abbauen zu können, wenn der Kreml sich an das Minsker Abkommen hält.
  • Die FDP will 3 Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung, Entwicklung und Diplomatie ausgeben. Die Partei strebt eine klarere Positionierung gegenüber Russland an und fordert ein Moratorium für Nord Stream 2, bis Moskau eine unabhängige Untersuchung der Vergiftung des inhaftierten Oppositionsführers Alexey Nawalny und Verbesserungen seiner Menschenrechtsbilanz zusagt. 

Europäische Union

  • Die CDU/CSU will die europäische Integration fortführen. Die im Vertrag von Maastricht verankerten Schuldenregeln sollen wieder eingehalten werden. Die Partei lehnt eine Schuldenunion und eine "Transferunion" ab.
  • Nach dem Willen der Grünen soll die EU eine gemeinsame Fiskalpolitik verfolgen, um die Europäische Zentralbank zu entlasten. Die EZB wiederum müsse neben Preisstabilität auch Wachstum und Beschäftigung fördern. Der Rettungsfonds der EU soll zu einem Europäischen Währungsfonds ausgebaut werden, der Kredite ohne Auflagen zur Verfügung stellt. Die EU-Bankenunion inklusive einer europaweiten Einlagengarantie soll vollendet werden. 
  • Die SPD will den Stabilitäts- und Wachstumspakt der Eurozone zu einem "Nachhaltigkeitspakt" weiterentwickeln. Die Sparpolitik der Vergangenheit soll ad acta gelegt und statt dessen in der EU eine gemeinsame Investitionspolitik vorangetrieben werden. Der Covid-Wiederaufbaufonds soll hierfür die Grundlage sein. Die EU soll finanzpolitisch handlungsfähig werden und sich zu einer echten Fiskal-, Wirtschafts- und Sozialunion entwickeln.
  • Die EU-Regeln zu Schulden und Defiziten sollen nach dem Ende der Pandemie wieder voll angewandt werden, fordert die FDP. Ein Europäischer Währungsfonds soll als Hüter der öffentlichen Finanzen fungieren. Ein Verfassungskonvent soll auch auf eine föderal konstituierte EU hinarbeiten.

Klimapolitik

  • Im Mittelpunkt der Klimapolitik der Union steht ein marktorientiertes Emissionshandelssystems, um bis 2045 die Wirtschaft klimaneutral zu gestalten. 
  • Die Grünen drücken aufs Tempo. Ab 2030 sollen nur noch emissionsfreie Autos zugelassen werden, Kohlekraftwerke abgeschaltet sein und Kurzstreckenflüge überflüssig werden. Der Preis pro Tonne CO2 soll in zwei Jahren auf 60 Euro angehoben werden, wobei die Bürger durch die Senkung der Erneuerbare-Energien-Umlage und einen Energiebonus entlastet werden müssten. 
  • Die SPD strebt CO2-neutrale Stromerzeugung bis 2040 an, umfassendere Neutralität bis 2045. Bestehende Massnahmen zur Reduzierung der Emissionen sollten Hand in Hand gehen mit der Schaffung von Arbeitsplätzen und der Unterstützung von Gemeinden, die aufgrund der Energiewende Arbeitsplätze verlieren.
  • In der Klimapolitik setzt die FDP vor allem auf den Einsatz neuer Technologien. Der Emissionshandel soll schnellstmöglich ausgebaut und ein CO2-Grenzwert festgelegt werden, damit sich Investitionen in sauberere Technologien lohnen. Die Zertifizierung klimafreundlicher synthetischer Kraftstoffe sollte erleichtert und eine Klimadividende als Anreiz eingeführt werden. 

(Bloomberg/cash)

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