Die Vermögensverwalter an Wall Street stehen vor einer existenziellen Herausforderung: Sollen sie dem Trend zu ETFs, den börsengehandelten Fonds nachgeben und sich von ihren gewohnten Gebühreneinnahmen verabschieden - oder sich verweigern und dem verwalteten Vermögen beim Abfliessen zuschauen? Nun glauben einige, einen Ausweg aus dem Dilemma gefunden zu haben. Fondsmanager investieren Milliarden von Dollar in den Versuch, in eine von Massen-Indexfonds beherrschte Anlagewelt die persönliche Note zurückzubringen. Mit von der Partie ist Morgan Stanley ebenso wie die ETF- und Indexriesen BlackRock und Vanguard Group. Sie versuchen, eine Software anzubieten, die für jeden Anleger einen eigenen Index erstellt und ihn dann die Werte dieses Indexes direkt kaufen lässt. Das Ergebnis? Eine Mischung
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Die Vermögensverwalter an Wall Street stehen vor einer existenziellen Herausforderung: Sollen sie dem Trend zu ETFs, den börsengehandelten Fonds nachgeben und sich von ihren gewohnten Gebühreneinnahmen verabschieden - oder sich verweigern und dem verwalteten Vermögen beim Abfliessen zuschauen?
Nun glauben einige, einen Ausweg aus dem Dilemma gefunden zu haben. Fondsmanager investieren Milliarden von Dollar in den Versuch, in eine von Massen-Indexfonds beherrschte Anlagewelt die persönliche Note zurückzubringen. Mit von der Partie ist Morgan Stanley ebenso wie die ETF- und Indexriesen BlackRock und Vanguard Group. Sie versuchen, eine Software anzubieten, die für jeden Anleger einen eigenen Index erstellt und ihn dann die Werte dieses Indexes direkt kaufen lässt.
Das Ergebnis? Eine Mischung aus aktivem und passivem Investieren, die die besten Eigenschaften beider Ansätze bieten soll.
Technisch klingende Produktnamen wie "Custom Indexing" oder "Direct Indexing" täuschen über das das radikale Potenzial des Ansatzes hinweg - eine Art Spotify für Kleinanleger, wo jeder seinen eigenen Fonds abmischt. "Custom Indexing wird die Zukunft der Vermögensverwaltung bestimmen", sagt Patrick O'Shaughnessy, dessen 6,4 Milliarden Dollar schweres Finanzunternehmen im September von der Franklin-Templeton-Mutter Franklin Resources Inc. aufgekauft wurde. "Es liegt in unserer Verantwortung, die Menschen ihre eigenen Entscheidungen treffen zu lassen."
Kritiker: Es geht um höhere Gebühren
Für Kritiker ist das nur alter Wein in neuen Schläuchen: der nächste Versuch, aktives Fondsmanagement neu zu verpacken, um höhere Gebühren verlangen zu können als die der meisten ETFs. Leute wie O'Shaughnessy hingegen sehen die Chance für Anleger, sich wieder mehr Kontrolle anzueignen und nicht alles den Robotern zu überlassen.
Was O'Shaughnessy Asset Management (OSAM) für Franklin Templeton attraktiv gemacht haben, ist eine massgeschneiderte Indexierungsplattform namens Canvas. Sie wurde Ende 2019 eingeführt und hatte zum Zeitpunkt der Übernahme bereits ein verwaltetes Vermögen von 1,8 Milliarden Dollar erreicht.
Canvas richtet sich an Finanzberater, die damit individualisierte Anlageportfolios für ihre Kunden erstellen können. Das hat die Vermögensverwaltungsbranche natürlich schon immer angeboten - doch normalerweise nur für die Reichen. Eine ähnliche Diversifizierung wie die eines Index durch den Kauf von Hunderten Einzelwerten zu erreichen, war praktisch unmöglich und unökonomisch.
Der eigene Lieblingsindex
Doch dank inzwischen spottbilligem Handel, leistungsfähiger Software und der Möglichkeit, Bruchteile von Aktien zu kaufen, ist die Strategie inzwischen für viel mehr Anleger zugänglich. Damit werden Dinge möglich, die bei ETFs nicht gehen - etwa basierend auf persönlichen Präferenzen Einzelwerte hinzuzufügen oder abzuwählen.
Beim Direct Indexing gehen die Anleger häufig von einer etablierten Benchmark wie dem S&P 500 aus. Statt jedoch Anteile eines Fonds zu kaufen, der alle Indexwerte enthält, kaufen sie die einzelnen Indexmitglieder direkt. Dann können sie den Index nach eigenem Gusto verändern. Im letzten Jahr wurden bereits 350 Milliarden Dollar auf diese Weise veranlagt - Oliver Wyman und Morgan Stanley erwarten bis 2025 1,5 Billionen Dollar in diesem Bereich.
Canvas geht mit dem Custom Indexing noch einen Schritt weiter - wie bei einer weissen Leinwand (englisch: canvas) kann hier der Anleger seinen eigenen Lieblingsindex erschaffen. Mit der heutigen Technologie ist es für Investoren so billig geworden, dass sie ihre Portfolios verwalten können wie ihren Kleiderschrank, nach Geschmack und Laune, sagt O'Shaughnessy. "Dank der heutigen Technologie kann man den Kuchen nicht nur essen, sondern auch behalten."
Für Fondsmanager ist die Attraktion klar - Custom oder Direct Indexing bietet die Chance, wieder mehr Gebühren zu verlangen. Damit kann man vielleicht im Schnitt 0,3 Prozent des Vermögens verlangen - nicht mehr die 1 Prozent von früher, aber eben doch mehr als die 0,1 Prozent, die ETFs hergeben.
Skeptiker warnen Kleinanleger hingegen vor der Rückkehr zum Stockpicking. "Jedes Paper, jede Studie der Welt zeigt, dass normale Leute nicht anfangen sollten, selbst ihr Geld anzulegen", meint Wes Gray von Alpha Architect, einem Anbieter von ETFs und Direct Indexing, das er für einen Nischenprodukt für ganz spezielle Investoren hält. "All diese Tools werden nur die schlimmsten Verhaltensweisen fördern."
(Bloomberg/cash)