Der Wert der Aktien löste sich quasi über Nacht in Luft auf, Hunderte Mitarbeiter des Zahlungsabwicklers verloren ihre Jobs, Gläubiger mussten ihre Kredite abschreiben. In Berlin befasst sich nun ein Untersuchungsausschuss mit der Frage, wer wann was wusste. Im Folgenden ein Überblick: Was ist eigentlich bei Wirecard passiert? Ehemalige Vorstände und Manager sollen bei Wirecard mindestens seit Ende 2015 Bilanzen gefälscht und Umsätze aufgebläht haben, um die Firma wertvoller darzustellen und Verluste im Kerngeschäft zu kaschieren, wie bisherige Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München ergeben haben. Auf dieser Basis hätten Banken und andere Investoren insgesamt 3,2 Milliarden Euro bereitgestellt. Die "Financial Times" berichtete seit Jahren immer wieder über Unregelmässigkeiten bei dem
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Der Wert der Aktien löste sich quasi über Nacht in Luft auf, Hunderte Mitarbeiter des Zahlungsabwicklers verloren ihre Jobs, Gläubiger mussten ihre Kredite abschreiben. In Berlin befasst sich nun ein Untersuchungsausschuss mit der Frage, wer wann was wusste. Im Folgenden ein Überblick:
Was ist eigentlich bei Wirecard passiert?
Ehemalige Vorstände und Manager sollen bei Wirecard mindestens seit Ende 2015 Bilanzen gefälscht und Umsätze aufgebläht haben, um die Firma wertvoller darzustellen und Verluste im Kerngeschäft zu kaschieren, wie bisherige Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München ergeben haben. Auf dieser Basis hätten Banken und andere Investoren insgesamt 3,2 Milliarden Euro bereitgestellt.
Die "Financial Times" berichtete seit Jahren immer wieder über Unregelmässigkeiten bei dem Unternehmen. Doch erst in diesem Jahr kollabierte das Kartenhaus. Auslöser war eine Sonderprüfung durch KPMG im Frühjahr, die massive Zweifel an den Zahlen weckte: Für angebliche Einzahlungen auf Treuhandkonten über rund eine Milliarde Euro gab es keinen ausreichenden Nachweis. Der langjährige Bilanzprüfer EY stellte Mitte Juni fest, dass rund 1,9 Milliarden Euro nicht existierten - ebenso wie grosse Teile des Asien-Geschäfts.
Wie konnte Wirecard in den Dax aufsteigen?
Wirecard gaukelte den Anlegern vor, dass der Zahlungsabwickler dank des Booms von Online-Shopping und bargeldlosen Bezahlen rasant wachse. Bis 2025 werde sich der Umsatz gegenüber 2018 auf mehr als zwölf Milliarden Euro und der Betriebsgewinn auf mehr als 3,8 Milliarden versechsfachen. Bei Investoren konnte der Zahlungsabwickler mit seinen vollmundigen Versprechungen punkten. Die Aktie stieg immer weiter und erreicht zum Aufstieg in den Dax im September 2018 ein Rekordhoch von 199 Euro. Inzwischen ist sie zum Penny-Stock verkommen. Aktionäre stehen im Insolvenzverfahren am Ende der Schlange und dürften dort leer ausgehen.
Wer sind die Schlüsselfiguren?
Markus Braun ist 2002 zum Vorstands- und Technologiechef ernannt worden. Der Österreicher war mit einem Anteil von rund acht Prozent der grösste Wirecard-Aktionär. Gegen den 50-Jährigen und andere Manager des Konzerns wird unter anderem wegen des Verdachts auf bandenmässigen Betrug ermittelt. Braun sitzt seit Ende Juli in Untersuchungshaft. Er hat nach Angaben aus Kreisen von Verfahrensbeteiligten Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen.
Jan Marsalek war für das Geschäft in Asien verantwortlich und gilt deshalb als Schlüsselfigur in dem Fall. Der 40-Jährige ist auf der Flucht und wird per internationalem Haftbefehl gesucht. Verschiedenen Medienberichten zufolge hält sich der Österreicher in Russland auf.
Burkhard Ley war von 2006 bis 2017 für die Finanzen bei Wirecard verantwortlich und soll den Ermittlungen zufolge 2015 mitentschieden haben, Geschäfte in Asien mit Drittpartnern zu erfinden. Er sitzt seit Juli in Untersuchungshaft.
Der ehemalige Chef der Wirecard-Tochter CardSystems Middle East, Oliver B., gilt als Kronzeuge. Er war aus Dubai nach München geflogen und hatte sich den Ermittlern gestellt.
Was bleibt von Wirecard übrig?
Insolvenzverwalter Michael Jaffe versucht, die Reste von Wirecard zu verwerten. Mehr als die Hälfte der rund 1300 Beschäftigten in Deutschland verliert ihren Job. In den Verkaufsprozessen gibt es laut Jaffe Gespräche mit "mehreren namhaften Interessenten". Verhandlungen über die US-Tochter seien weit fortgeschritten. Die Tochter in Brasilien wurde an den Zahlungsdienstleister PagSeguro Digital veräussert. Das Münchener Startup ID Now übernimmt die Wirecard Communication Services GmbH in Leipzig. Der Standort und der Grossteil der 150 Arbeitsplätze sollen erhalten bleiben. Insidern zufolge hat auch die Deutsche Bank Interesse an Teilen der Wirecard Bank, die nicht zur Insolvenzmasse gehört.
Sehen Gläubiger je etwas wieder von ihrem Geld?
Gläubiger können ihre Forderungen bis zum 20. Oktober beim Insolvenzverwalter anmelden. Es ist unklar, wie viel sie davon je wiedersehen. Der Verkauf der einzelnen Firmenteile könnte nach Schätzungen von Insidern etwa ein Zehntel der ausstehenden Forderungen einbringen. Anlegeranwälte streben zudem Schadensersatzklagen gegen Wirecard, den Wirtschaftsprüfer EY und die Aufsichtsbehörden an. Auch Jaffe prüft Klagen.
Um was geht es im Untersuchungsausschuss?
Die Kernfrage ist nach Ansicht von FDP-Finanzpolitiker Florian Toncar, warum bei Wirecard so lange nichts entdeckt wurde. In der Kritik stehen vor allem die Finanzaufsicht BaFin und das ihr überstellte Bundesfinanzministerium unter Leitung von Olaf Scholz (SPD). Dessen Partei sieht die Verantwortung auch bei den Wirtschaftsprüfern, die die Wirecard-Bilanzen über Jahre testiert haben. In der Kritik steht auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sich im vergangenen September für Wirecard bei einer China-Reise eingesetzt hat.
(Reuters)