Die europäische Wirtschaft leidet im Grunde genommen heute noch an den Folgen der GFC (Global Financial Crisis) von 2008-2009. Denn das wirtschaftliche Umfeld der Eurozone wird weiterhin durch das träge Wachstum, die unerträgliche Unterbeschäftigung und hohe Einkommensverluste gekennzeichnet. Die europäische Krise, die durch eine übermässige Verschuldung und wilde Spekulationen im privaten Sektor ausgelöst wurde, wurde von den ...
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Die europäische Wirtschaft leidet im Grunde genommen heute noch an den Folgen der GFC (Global Financial Crisis) von 2008-2009.
Denn das wirtschaftliche Umfeld der Eurozone wird weiterhin durch das träge Wachstum, die unerträgliche Unterbeschäftigung und hohe Einkommensverluste gekennzeichnet.
Die europäische Krise, die durch eine übermässige Verschuldung und wilde Spekulationen im privaten Sektor ausgelöst wurde, wurde von den EU-Behörden als Staatsschuldenkrise umgedeutet und von den Mainstream-Medien sorglos begleitet.
Die Tatsache ist, dass die Staaten die privaten Schuldner gerettet (bail-out) haben. Auch heute sind die Staaten auf den Plan gerufen.
Doch das Narrative, das die Staatsausgaben mit „Sozialismus“ gleichsetzt, ist so überwältigend, dass die Regierungen es vorziehen, die Wirtschaft in Form von Zuschüssen (cash grants) an Privatpersonen anzukurbeln, anstatt durch direkte Staatsausgaben.
Wenn Menschen zögern, das Geld auszugeben, helfen Steuersenkungen kaum, die Beschäftigung zu stützen. Selbst negative Zinsen können Unternehmen nicht animieren, Kredit aufzunehmen, wenn die Absatzaussichten schwach sind.
Der US-Notenbank gelingt es seit 2008 nicht, das eigene Inflationsziel zu erfüllen, Graph: Bloomberg, Sept 13, 2020
Nur direkte staatliche Ausgaben werden die Aufgabe erfüllen.
Die wirtschaftlichen Folgen von Covid-19 können nur mit den Mitteln der öffentlichen Investitionen und der Schaffung von Arbeitsplätzen geführt werden, schreibt Robert Skidelsky in einem jüngst veröffentlichten, lesenswerten Beitrag bei NewStatesman.
Der emeritierte Professor für politische Ökonomie an der University of Warwick erinnert uns, dass Keynes überzeugt war, dass sich die Menschen in Diktaturen verwandeln würden, wenn es den Demokratien nicht gelänge, die Massenarbeitslosigkeit zu bekämpfen.
Wir müssen uns dringend an seine Warnung erinnern.
US-Arbeitslosigkeit, Graph: Bloomberg, Sept 13, 2020
Ohne weitere Massnahmen zur Einkommensstützung wird die gesamtwirtschaftliche Nachfrage bald auf das Niveau des reduzierten Angebots sinken, und zwar mit gravierenden Folgen für die Beschäftigung.
US-Staatsverschuldung im Verhältnis zum BIP, Graph: JPMorgan AM, Sept 2020
Das grundlegende Merkmal der heute vorherrschenden neoklassischen Orthodoxie ist der Unglaube an die Fähigkeit der Staaten, das Niveau und die Richtung der wirtschaftlichen Aktivität dauerhaft zu verbessern oder die Verteilung von Reichtum und Einkommen zu verändern.
Ohne eine Erholung der Staatseinnahmen kann der Haushalt nicht ausgeglichen werden; der Weg zur Erhöhung der Staatseinnahmen ist die Erhöhung der Staatsausgaben.
Skidelsky beschreibt den Staat als einen Super-Haushalt: bei einem wirtschaftlichen Einbruch schafft der Staat sein Einkommen durch Ausgaben, welche die Steuereinnahmen erhöhen.
US-Arbeitslosigkeit: Die Anzahl der Personen, die weiterhin auf Arbeitslosenhilfe angewiesen sind, bleibt historisch erhöht, Graph: BofAML, Sept 09, 2020
Deshalb ist die Angst vor einer ausufernden Explosion der Staatsverschuldung weitgehend illusorisch.
Die Schulden werden nur dann zu einer untragbaren Belastung, wenn sie schneller wachsen als die Wirtschaft. Ausgehend von einer Position, in der die Wirtschaft schrumpft, wird eine Erhöhung der Staatsausgaben dazu führen, dass die Wirtschaft schneller wächst als die Schulden, wie Prof. Skidelsky als Fazit festhält.