Photo: TCIJ from Flickr (CC BY 2.0) Im Blick auf den Systemwettbewerb zwischen China und dem Westen wird gelegentlich angeführt, die Größe Chinas ließe keine Demokratie im klassischen Sinne zu. Menschenrechtsverletzungen in Tibet, Hongkong oder in der Uiguren-Region Xingjang werden zwar im Westen kritisiert, ob der ökonomischen Stärke Chinas aber letztlich doch in der Abwägung hintenangestellt. Diese Position des Westens ist gefährlich. Denn sie unterstellt, dass Marktwirtschaft ohne Demokratie und Rechtsstaat dauerhaft möglich wären. Wenn sich dies als richtig herausstellen sollte, dann hätten die Demokratien des Westens allesamt ein Problem. Autoritäre und undemokratische Systeme wären dann wieder salonfähig und möglicherweise leistungsfähiger als Demokratien. Deshalb lohnt ein Blick
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Im Blick auf den Systemwettbewerb zwischen China und dem Westen wird gelegentlich angeführt, die Größe Chinas ließe keine Demokratie im klassischen Sinne zu. Menschenrechtsverletzungen in Tibet, Hongkong oder in der Uiguren-Region Xingjang werden zwar im Westen kritisiert, ob der ökonomischen Stärke Chinas aber letztlich doch in der Abwägung hintenangestellt. Diese Position des Westens ist gefährlich. Denn sie unterstellt, dass Marktwirtschaft ohne Demokratie und Rechtsstaat dauerhaft möglich wären. Wenn sich dies als richtig herausstellen sollte, dann hätten die Demokratien des Westens allesamt ein Problem. Autoritäre und undemokratische Systeme wären dann wieder salonfähig und möglicherweise leistungsfähiger als Demokratien.
Deshalb lohnt ein Blick nach Taiwan. Denn Taiwan ist das Gegenmodell zum kommunistischen Festland-China. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Taiwan liegt mehr als eineinhalb Mal höher als in China. Der kleine Inselstaat, der so groß ist wie Baden-Württemberg und 23,5 Millionen Einwohner hat, ist das Ergebnis des chinesischen Bürgerkrieges, der die unterlegenen Nationalisten um Chiang Kai-shek, mit 2 Millionen Anhängern auf die dem chinesischen Festland vorgelagerte Insel vertrieb. Bis 1987 galt dort das Kriegsrecht. Erst seit 1996 wird das Staatsoberhaupt frei gewählt. Gerade wurde die Liberale Tsai Ing-wen als Präsidentin mit 57 Prozent wiedergewählt. Sie gehört der Demokratischen Fortschrittspartei an, die die dominierende Rolle der bis 1992 alleine regierenden Kuomintang ablöste.
Ihr Wahlgewinn war im Wesentlichen der Tatsache geschuldet, das sie vom Dogma der „Ein-China-Politik“ abwich. Denn die jüngste Entwicklung in Hongkong hat vielen jungen Taiwanesen die Augen geöffnet. Sie wollen Demokratie und Rechtsstaat nicht für eine Wiedervereinigung opfern. Diese Position sollte eigentlich international mehr Anerkennung finden. Denn der imperialistische Nationalismus eines Xi Jinping ist für die gesamte Region gefährlich. Immerhin führen 25 Prozent des weltweiten Warenverkehrs durch die 180 Kilometer breite Taiwanstraße zwischen Festlandchina und der Insel. Verleibt sich Festlandchina den Inselstaat ein, dann hat dies nicht nur Auswirkungen auf die Region, sondern auf die Weltwirtschaft insgesamt.
Die Ein-China-Politik, die Xi Jinping zum Staatsziel erklärt hat, ist besonders perfide. Ohne die USA als Schutzmacht könnte Taiwan seine Unabhängigkeit nicht verteidigen. Denn China sanktioniert alle Staaten, die Taiwan anerkennen. Sie führt auch dazu, dass China die Aufnahme Taiwans in internationale Organisationen verhindert. Das hat weltweite Auswirkungen. So unterbindet China aktuell Kontakte der Weltgesundheitsorganisation WHO zu Taiwan, mit dem Argument, Taiwan sei eine abtrünnige Provinz. Doch die Bekämpfung des Coronavirus macht nicht an Landesgrenzen halt. Über das Drehkreuz Taiwan werden jedes Jahr 45 Millionen Passagiere abgefertigt, die von dort nach Japan, Australien oder Europa weiterfliegen. Derzeit hat Taiwan den Flugverkehr nach China eingestellt. Ein kommunistisches System wie China kann zwar Millionenstädte unter Quarantäne stellen, doch in einer offenen Gesellschaft wäre das Problem viel eher thematisiert worden. Bereits Anfang Dezember 2019 gab es erste Fälle des Virus, die aber vertuscht und unterdrückt wurden.
Anders als das kommunistische China von Mao Zedong hat sich Taiwan längst vom einstigen Diktator Chiang Kai-shek und seinen Gräueltaten distanziert. In Souvenirläden sind Karikaturen Chiang Kai-sheks besonders beliebt. In der Volksrepublik China wäre das für Mao unmöglich, obwohl der in seiner Zeit den Tod von rund 45 Millionen Menschen zu verantworten hatte. Deutschland sollte an der Seite Taiwans stehen, wenn es um die wachsende internationale Anerkennung geht. Denn Taiwan ist ein Leuchtturm der Freiheit und ein ermutigendes Beispiel dafür, dass Nationalismus und Kollektivismus nicht die Antworten auf die globalen Fragen sind, sondern Selbstbestimmung, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit. Der Vertreter Taiwans in Deutschland Prof. Dr. Jhy Wey Shieh sagte zu den friedlichen Absichten Taiwans, man könne das Verhältnis von China zu Taiwan in einem Wort beschreiben: „großartig“. China sei „groß“ und Taiwan sei „artig“.